Abschied von Almut Klotz: Ein letztes Konzert
Mit einer Abschiedsrevue gedenken Freunde der verstorbenen Musikerin Almut Klotz. „Farewell-Almut“ versammelte das Berliner Kulturprekariat.
BERLIN taz | In diesen Tagen hätte Almut Klotz eigentlich selbst auf der Bühne stehen sollen. Die Tour zu ihrem Album „Lass die Lady rein“, das sie zusammen mit ihrem Lebensgefährten, dem Hamburger Musiker Christian Dabeler unter dem Namen Klotz + Dabeler aufgenommen hat, war bereits geplant.
Almut Klotz litt schon seit Längerem an einer Krebserkrankung, und es war klar, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb. Doch sie wollte noch diese eine Tour, eine endgültige Abschiedstournee. Es sollte nicht sein. Vor gut einem Monat ist Almut Klotz, noch bevor ihr letztes Album überhaupt erschienen ist, im Alter von 50 Jahren gestorben.
Und nun blieb es alten Freunden und Weggefährten überlassen, Almut Klotz mit einem letzten Konzert im Club „Monarch“ im Westberliner Stadtteil Kreuzberg zu verabschieden. Klotz hatte in den letzten Jahren ihren Lebensmittelpunkt nach Hamburg verlegt, wo sie gemeinsam mit Dabeler, den sie erst vor ein paar Monaten geheiratet hatte, lebte.
In Hamburg ist sie auch gestorben, doch ihr Grab liegt in Berlin, der Stadt, deren bohemistische Subkultur sie über zwei Jahrzehnte lang mitprägte, ohne dass ihr das Starruhm oder Reichtum eingebracht hätte.
Es war dann auch diese Kreuzberger Boheme, die sich vor und auf der Bühne einfand. Leute, die wie Klotz noch das Mauerstadt-Berlin mitbekommen haben und bis heute – mal mehr, mal weniger – dem Kulturprekariat angehören, dem auch Klotz nie entkommen konnte und dies wohl auch gar nicht wollte. Es war keine Feier nach dem Motto „Das Leben geht weiter“.
Glamouröse Songs, wie Almut Klotz sie liebte
Es war eine leise Veranstaltung, bei der nicht viel geredet wurde. Sowieso war längst alles gesagt, in den Nachrufen und in den Gesprächen an Kreuzberger Tresen: Der Tod von Almut Klotz kam viel zu früh und ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.
Die Farewell-Revue zeigte dann auf eindrucksvolle Weise, wie vielseitig die Talente von Almut Klotz waren. Begonnen hatte sie als Sängerin und Songschreiberin Ende der Achtziger zusammen mit Christiane Rösinger bei den Lassie Singers. Deckungsgleich traten Maximilian Hecker und Jens Friebe auf, spielten ein paar Songs und verschwanden wieder. Beide begleiteten einst auch Almut Klotz.
Zwischendurch wurde aus dem Buch „Aus dem Leben des Manuel Zorn“ gelesen, einer Art Poproman, auch als Autorin hatte sich Klotz einen Namen gemacht. Sogar der halbe Popchor Berlin, den Klotz einst anleitete – ein weiteres ihrer vielen Projekte –, drängte sich am Ende des Abends auf die kleine Bühne des Clubs. 16 Leute, darunter der Berliner Schriftststeller David Wagner, sangen „How soon is now“ von den Smiths und „The Man who sold the world“ von David Bowie, melancholische, aber glamouröse Songs, genau wie Almut Klotz sie liebte.
So richtig anrührend aber war der Auftritt von Christiane Rösinger, gemeinsam mit ihrer Tochter, die den Gesangspart von Klotz übernahm, und dem ehemaligen Gitarristen der Lassie Singers, Hermann Halb. Das Trio trug die alten Lassie-Singers-Hits „Mein zukünftiger Exfreund“ und „Hamburg“ vor, zwei Songs voller Witz, Lebensfreude und einer doch gehörigen Portion Melancholie.
In „Hamburg“ geht es um das Leben von Musikern auf Tour. Dieses ist oft beschwerlich und nervtötend, aber am Ende freut man sich, endlich in Hamburg anzukommen. Genau dieses Leben hätte sich Almut Klotz, über 20 Jahre nach Entstehen dieses Songs, noch einmal zurückgewünscht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Energiewende in Deutschland
Erneuerbare erreichen Rekord-Anteil
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge