Streit über Buch „Fotzenfenderschweine“: Genitalien, Gitarren und rosa Tiere
Der Verbrecher Verlag veröffentlicht ein Buch der Autorin Almut Klotz. Die „Welt am Sonntag“ findet dessen Titel „eklig“. Der Verlag wehrt sich.
Solche Ausdrücke will die Welt am Sonntag nicht hören. Bereits zwei Wochen vor Erscheinen warnte sie in ihrem glossigen Kurzformat „Die Warnung“ vor dem Buch. Der Name sei eklig und gehöre sich nicht: „Auch wenn das Buch im Verbrecher Verlag erscheint und die Provokation und der Ekel und so weiter natürlich genau das sind, was mit diesem Titel erreicht werden soll, fühlen wir uns gezwungen, diese abscheuliche Wortkombination hier noch einmal aufzuschreiben, um Sie davor zu warnen“. Dabei sei auch egal, wer die Autorin sei und um was es ginge.
Dem Verbrecher Verlag ist das nicht egal. Besonders deshalb nicht, weil über das Buch einer Verstorbenen geurteilt wird. Nachdem der Verlag in einem Facebook-Post erklärte, dass er als „literaturwissenschaftlich geschulter Verlag nicht an Nachlasstexten herumändert und dass das Ganze mit Provokation und Hihi nichts zu tun hat“, schrieb die Welt am Sonntag eine „Revision“: „Das war natürlich ein Scherz, es ist ein Buch, noch toller als sein Titel, übrigens ein einwandfreier Trochäus. Ein poetisches, sensibles Meisterwerk von herzzerreißender Schönheit. Sein Verleger ist ein schöner Mann. Sein Autor ein Gott“. Der Autor ist, wie unschwer zu googlen, eine Autorin – und wenn schon, dann eine Göttin.
Der Verbrecher Verlag wünschte sich daraufhin „mehr Gelassenheit“. Man sei außerdem „nicht gezwungen, sein Nichtwissen („der Autor“) öffentlich auszustellen“. Der taz sagte Verleger Jörg Sundermeier, der Verbrecher Verlag sei „nicht bereit, Witze auf Kosten einer toten Autorin einfach so hinzunehmen“. Besonders die „Revision“ sei ein „misslungenes Stück Ironie, das an die Grenzen des guten Geschmacks“ ginge.
Ein Mann mit „saftiger Sprache“
In „Fotzenfenderschweine“ geht es um eine Liebesgeschichte, wie bereits der Klappentext und eine Leseprobe – die übrigens online auch für Welt-Redakteure einsehbar sind – zeigen. Almut Klotz war Labelbetreiberin, Feministin, Autorin und Chorleiterin. Mit den Lassie Singers schrieb sie Pop-Geschichte.
In dem Buch beschreibt sie auch die „saftige Sprache“ eines Mannes, der wahrscheinlich später ihrer wurde: „Hinterfotzige Kuh“, „verfluchte Schweinescheiße“ und „die haben mich gefickt“ waren vielleicht nicht ganz elegante Ausdrücke, die er im Alltag verwendete. Goethe nannte er ein intrigantes Schwein. Doch Klotz mochte diese „Hasstiraden“, denn er habe auch noch eine „weiche Seite“ gehabt. Wahrscheinlich deshalb haben es die „ekligen“ Wörter auch in den Titel geschafft.
Ob sich „Genitalien, Gitarren und rosa Tiere“ nun mehr schicken würde als „Fotzenfenderschweine“ oder nicht: Die Welt am Sonntag hat mit dem schlecht recherchierten Witz die Werbetrommel für das Buch gerührt. Die Facebook-Community ist aufmerksam geworden: „Ich werde mir das Buch wohl heute noch besorgen müssen“, schreibt ein Nutzer, „allein schon um die Welt zu ärgern.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Desaströse Lage in der Ukraine
Kyjiws Wunschzettel bleibt im dritten Kriegswinter unerfüllt
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt