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Abschiebungen nach Nordafrika„Unkooperative“ Empfängerländer

Die Bundesregierung würde gerne viel mehr Menschen aus Tunesien, Algerien und Marokko abschieben. Doch die Behörden der Länder machen nicht mit.

Der Regierung reicht es nicht: Abgelehnte Asylsuchende kurz vor der Abschiebung. Foto: dpa

Berlin dpa | Die Innenministerien der Länder werfen nach einem Spiegel-Bericht nordafrikanischen Staaten „unkooperatives Verhalten“ bei Abschiebungen vor. Rund 5.500 Algerier, Marokkaner und Tunesier seien nach einem internen Papier der Innenbehörden Ende Juli vergangenen Jahres ausreisepflichtig gewesen. Lediglich 53 konnten im ersten Halbjahr 2015 in ihre Heimatländer abgeschoben werden.

Die Beamten beklagen dem Nachrichtenmagazin zufolge in dem Papier, dass Abschiebungen nach Nordafrika häufig an der Blockadehaltung der Maghreb-Staaten scheiterten. Rückführungen nach Marokko seien „aufgrund des unkooperativen Verhaltens der Botschaft nur sehr eingeschränkt möglich“. Bei Algerien sehe es nur geringfügig besser aus. Das Verhalten der tunesischen Behörden werde von den Beamten als „völlig unzureichend“ bewertet: „Schon die Kontaktaufnahme mit der Botschaft ist äußerst schwierig. Bis auf wenige Einzelfälle gibt es keine Reaktion und keine Ergebnisse.“

Mehrfach beschwerte sich die Bundesregierung laut Spiegel in den vergangenen Monaten bei den Maghreb-Ländern. Zuletzt hätten Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ein gemeinsames Schreiben an ihre Amtskollegen geschickt und auf eine bessere Kooperation gedrängt. Auf die Drohung, die Entwicklungshilfe zu kürzen, verzichtete Deutschland demnach bisher.

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vor wenigen Tagen beim Besuch des algerischen Premierministers Abdelmalek Sellal in Berlin die Hoffnung geäußert, dass die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber aus Algerien künftig reibungsloser laufe als bisher.

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6 Kommentare

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  • Die Maghreb-Staaten sind nicht das Problem, es geht um die gesellschaftliche Perspektive und die sieht so aus, dass die Diplomaten dieser Länder Teil der herrschenden Elite sind und diese Menschen verachten, die Deutschland wieder los werden will.

     

    Algerien ist ein sehr reiches Land, aber die Menschen leben dort in Armut, junge Menschen erhalten nur über Beziehungen Arbeitsplätze oder arbeiten im informellen Sektor in unproduktiven Jobs gegen Minientgelte.

     

    Die Exklusion ist die Regel in diesen Gesellschaften und die Position der Regierungen dort läuft darauf hinaus, dass sie am liebsten noch mehr Menschen exportieren würden, damit sie die sozialen Probleme aussitzen können.

     

    Anders ist die Stagnation Nordafrikas auch schwerlich zu erklären. Wenn man Bevölkerungswachstum gegen Wirtschaftswachstum rechnet und dann mit Armut und Arbeitslosigkeit verbindet, entsteht ein düsteres Bild. Eine Gesellschaft, die so in alten, unproduktiven Strukturen verharrt, hat tiefliegende Ursachen dafür.

     

    Alleine die ausgesprochen Gerontokratie in Algerien spricht Bände über das Ideal des Landes: Alte, kranke Männer regieren dort, haben praktisch alle wichtigen Positionen monopolisiert und können dem Volk nicht Macht abgeben oder das Volk beteiligen. Jungen Menschen haben gar keinen Wert, außer den der Beziehungen zu alten Männern.

     

    Deutschland hat den negativen, stagnativen, anti-demokratischen Charakter dieser Länder lange ignoriert, weil dieser Menschentransfer früher exklusiv nach Frankreich, Spanien und Italien ging. Jetzt lernt Deutschland auf dem harten Weg, bringen wird es nicht viel, siehe Bürgerkrieg in Algerien.

    • @Andreas_2020:

      Sind nicht die meisten dieser 5.500 über andere EU Länder wie Frankreich nach Deutschland gekommen? Kann man sie nicht einfach in einen Zug nach Paris setzen? Da verstehen sie vermutlich auch eher die Sprache und Frankreich ist an den Zuständen in den Maghreb-Staaten ja auch nicht ganz unschuldig.

      • @JoWall:

        Die Fliegen in die Türkei - sie brauchen dafür kein Visum und von dort reihen sie sich in die Flüchtlingsströme ein und der geht momentan nicht über Italien. Und nach Frankreich und Spanien wollen sie meist nicht.

  • Nichts Neues..... Das Problem, dass diese Staaten nur sehr sparsam ihre Staatsbürger zurücknehmen besteht schon mindestens einem Viertel Jahrhundert. Bereits Mitte der 90er, als im Jahr bis zu 400.000 Flüchtlinge kamen, hat Algerien genauso gehandelt.

  • Diese Länder wollen natürlich auch niemanden haben, der sich hier an einen gewissen Wohlstand, aber nicht an legale Arbeit gewöhnt hat. Man sich nicht die "guten" nehmen und die "schlechten" zurückschicken.

    Wenn diese drei Länder als "sichere Staaten" eingestuft werden, und nur noch wenige politisch motivierte Flüchtlinge hier blieben (diese wollen die Länder wirklich nicht zurück), sonst aber die meisten wieder zurückkommen, sollte deren Wiederaufnahme besser gelingen.

  • Und die Politiker die was von schneller Abschieben etc. rufen, wussten dies natürlich längst. Das ist vorsätzliche Täuschung der Öffentlichkeit.