Abschiebungen ausgesetzt: Freiheit dank Aschewolke
Die Abschiebung von vier Vietnamesen scheitert am Flugverbot. Nun sind sie auf freiem Fuß. Aufgrund des Vulkanausbruchs wird ein Ziel von Flüchtlingsinitiativen erreicht: der Abschiebestopp.
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Die Vulkanasche aus Island hat in Berlin vier Vietnamesen die Freiheit beschert. Das bestätigte der taz eine Sprecherin der Innenverwaltung. Die Männer hatten im Abschiebegewahrsam in Grünau gesessen. Die vier sollten am Montag nach Vietnam abgeschoben werden. Das war wegen des Flugverbots aber nicht möglich.
Nach Angaben des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes saßen die Betroffenen schon sehr lange in Haft. Nach über sechs Monaten Haftdauer ist eine Verlängerung meist nur möglich, wenn ein konkreter und naher Abschiebetermin genannt wird. Über solch prognostische Fähigkeiten verfügt derzeit niemand. Deshalb wurden die vier Männer am Dienstag freigelassen.
Was keine politische Initiative bisher zustande gebracht hat, macht der Vulkan Eyjafjallajökull möglich: Der gesamte Abschiebebetrieb liegt lahm. Bereits am Freitag war nach Angaben von Ludger Hillebrand vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst ein Mann aus dem früheren Jugoslawien vom Flughafen wieder zurück in die Abschiebehaft gebracht worden.
Für Montag war die Sammelabschiebung einer großen Zahl von Vietnamesen aus verschiedenen Bundesländern ab Schönefeld geplant. Die meisten der Betroffenen sitzen laut Jesuiten-Flüchtlingsdienst noch im Abschiebegewahrsam fest. Eine Überfüllung droht nicht, weil die Zahl der Häftlinge in Grünau seit 2009 stark rückläufig ist. Selbst bei anhaltendem Flugchaos fürchtet die Innenverwaltung keine Überbelegung in dem Abschiebeknast.
Dabei ist mit Zwangsreisen vorerst nicht zu rechnen. Denn auch wenn der Flugraum über Berlin wieder geöffnet wird, werden Abschiebungen so bald nicht möglich sein. Touristen und Geschäftsreisende, die auf Wartelisten stehen, können ihren Flug lautstärker einfordern, als dies Flüchtlinge tun werden, die in der Regel gar nicht freiwillig Deutschland verlassen wollen.
"Ob die Haft angenehmer ist als die Abschiebung, das ist von Fall zu Fall verschieden", sagt Seelsorger Hillebrand. Selbstverständlich gibt es Menschen, die nichts mehr fürchten als den Zwang zur Rückreise. "Wer sich mit seiner Abschiebung arrangiert und schon Verwandte zum Flughafen geschickt hat, die ihn abholen, ist auch mal frustriert, wenn er länger in Haft bleibt." Zudem müssen Insassen die Haftkosten selbst tragen, sofern sie Geld haben. MARINA MAI
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