Abschiebung vereitelt: Wenn Fluggäste aufstehen
Passagiere eines Air-France-Flugs erhoben sich, als sie einen gefesselten Afrikaner in den hinteren Reihen entdeckten. So verhinderten sie vorerst seine Abschiebung.
BREMEN taz | 14 deutsche Aktivisten sind am Donnerstag auf dem Pariser Flughafen festgenommen worden. Kurz vor dem Start eines Air-France-Flugs in die malische Hauptstadt Bamako hatten sie festgestellt, dass in der letzten Reihe ein von Polizisten umringter, gefesselter Afrikaner saß, der abgeschoben werden sollte. Darauf erhoben sie sich von ihren Plätzen und zwangen den Piloten so, den Start abzubrechen. Der alarmierte die Polizei. Die Protestierer und sieben Passagiere, die sich der Aktion angeschlossen hatten, wurden in das Flughafengefängnis gebracht.
Die Festgenommenen waren die Vorhut einer Reisegruppe des antirassistischen Netzwerks Afrique-Europe-Interact. In Mali wollten sie sich der "Karawane für Bewegungsfreiheit und gerechte Entwicklung" von Bamako in die senegalesische Hauptstadt Dakar anschließen. Mit der Aktion protestieren europäische und afrikanische Organisationen dagegen, dass die EU zur Abwehr von Flüchtlingen ihre Grenzsicherung immer weiter nach Süden treibt und Fluchtrouten bis tief nach Afrika hinein zu blockieren versucht.
"Wir haben Schreie aus der letzten Reihe gehört und dann gesehen, wie zwei Polizisten das Gesicht des Gefesselten auf seine Knie gedrückt haben", sagt Michel Hackert aus Berlin, einer der Reisenden. "Als immer mehr Leute aufgestanden sind, brach das Flugzeug seinen Weg zur Startbahn ab." Polizisten in Kampfmontur seien dann in die Kabine gekommen und hätten die Protestierenden abgeführt, darunter auch drei Kleinkinder. Ein Vater, der mit seinem Handy die Polizisten filmte, sei von diesen attackiert worden, so Hackert. Der Flug startete verspätet, ohne dass die Polizei die Abschiebung ein zweites Mal versuchte.
Die Festgenommenen wurden bis Mitternacht aus dem Flughafengefängnis entlassen. "Wir rechnen mit Strafverfahren wegen Eingriffs in den Flugverkehr", sagt Hackert. In den letzten Tagen hatten auch bei Flügen nach Douala und Casablanca Passagiere aus Protest gegen die Abschiebung Gefesselter jeweils einen Start verhindert.
Am Freitag wollten die Aktivisten ihren Weg nach Bamako fortsetzen. An der am Dienstag beginnenden Karawane wollen auch hunderte Aktivisten des "Zusammenschlusses der Abgeschobenen Malis" (AME) teilnehmen. Gemeinsam wollen sie zum Weltsozialforum in Dakar ziehen und unterwegs auf die Aktivitäten der europäischen Grenzschutzagentur Frontex in Westafrika aufmerksam machen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen