Finanzierung für Abschiebezentrum steht: Grüne mal wieder mit Bauchschmerzen

Der Brandenburger Landtag hat Millionen für das Abschiebezentrum am Flughafen BER beschlossen. Das Projekt sorgt für Streit in der Kenia-Koalition.

Eine Frau hält ein Plakat vor dem Brandenburger Landtag. Darauf steht: "Abschiebung als Millionengeschäft?! Nein Danke!"

Demo vorm Landtag in Potsdam: Über 60 Organisationen haben gegen das Abschiebezentrum mobilisiert Foto: Martin Müller/imago

BERLIN taz | Der Landtag Brandenburg hat schlussendlich den Weg frei gemacht für den Bau des umstrittenen Abschiebezentrums am Flughafen Berlin-Brandenburg. Ab 2026 sollen 315 Millionen Euro allein in die Finanzierung von Miete und Pacht fließen. Die Rot-Schwarz-Grüne Landesregierung steht dafür stark in der Kritik. Über 60 Organisationen fordern derweil die Bundesregierung auf, den Bau zu verhindern.

Am frühen Donnerstagabend fiel die Entscheidung, nach stundenlangen Verhandlungen im Brandenburger Landtag: das Abschiebezentrum wird kommen, die Weichen für die Finanzierung sind gestellt. Während die Grünen in letzter Minute noch eine Korrektur an den Bauplänen und einen Sperrvermerk für die Finanzierung forderten, gab es von der Linken-Abgeordneten Andrea Johlige scharfe Kritik und die Forderung das Projekt aus dem Haushalt restlos zu streichen.

Neben den immensen Kosten stehen weitere Vorwürfe im Raum: „Das Projekt ist ein großer Finanzskandal mit Ansage“, so Johlige. Dem Investor würden die Grundstücke noch gar nicht alle gehören, weshalb eine europaweite Ausschreibung nötig gewesen wäre. Zudem, so Marie Schäffer von Bündnis 90/die Grünen, würde es seit dieser Woche die Möglichkeit geben, den Terminal 5 zu nutzen, welcher aus Kapazitätsgründen möglicherweise geschlossen werde. Das geplante Mietmodell wäre damit obsolet.

Doch die Änderungsvorschläge wurden vom Innenausschuss des Landtages mehrheitlich abgelehnt. Die Koalitionsfraktionen stimmten für die Verpflichtungsermächtigung für Miete und Pacht in Höhe von 315 Millionen Euro, wodurch der Finanzierung nichts mehr im Weg steht. Ob das Finanzministerium sich mit dem Sperrvermerk der Grünen auseinandersetzen wird und das Mietmodell nochmals überprüft wird, wird sich zeigen.

Bis 2025 soll der Bau fertiggestellt werden, um die Inbetriebnahme im ersten Quartal 2026 sicherzustellen. Der Investor des Abschiebezentrums Jürgen B. Harder, der wegen Korruption vorbestraft ist, dürfte sich unterdessen freuen – mehr als 300 Millionen Euro Gewinn wird ihm das Projekt einbringen. Die Vertragslaufzeit beläuft sich auf 30 Jahre, mit der Option einer Verlängerung von 10 Jahren.

„Das hässliche Gesicht der Rückführungsoffensive“

Die Kritik ist groß: Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von Pro Asyl kommentiert das Bauvorhaben so: „Die Rückführungsoffensive der Bundesregierung zeigt mit dem hunderte Millionen schweren Prestigeprojekt eines Abschiebezentrums am BER ihr hässliches Gesicht. Das gleiche Geld könnte für die Aufnahme und Unterbringung von Schutzsuchenden verwendet werden und geht stattdessen in rechtsstaatlich höchst problematische Schnellverfahren und Inhaftierungen von unschuldigen Menschen.“

Insbesondere die Initiative „Abschiebezentrum BER verhindern“ versuchte in den vergangenen Wochen die Grünen an ihr ehemaliges Versprechen zu erinnern. Die Initiative demonstrierte am Donnerstagmittag vor dem Landtag. Alexis Martel, Pressesprecherin der Initiative, sah die Chance auf eine Streichung für die 315 Millionen Euro als unwahrscheinlich, wie sie der taz sagte: „Die Reaktionen der Grünen lassen uns daran zweifeln, dass sich die Partei klar gegen das Abschiebezentrum positioniert.“ Womit sie recht hatte. Das Abschiebezentrum könnte somit ein weiteres Projekt werden, das von den Grünen „mit Bauschmerzen“ getragen werden muss.

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