Abschaltung in den USA: TikTok zieht sich selbst den Stecker
Nutzer*innen in den USA haben keinen Zugang mehr zu TikTok. Doch jüngst zeigte sich der künftige Präsident Trump dem Konzern gegenüber milde.
Das Gesetz gab dem chinesischen Mutterkonzern ByteDance 270 Tage Zeit, um das US-Geschäft von TikTok zu verkaufen. Anderenfalls würde TikTok aus den US-amerikanischen App-Stores gelöscht, was langfristig dazu führen würde, dass die App für die User*innen in den USA nicht mehr nutzbar wäre. US-Dienstleister, die TikTok danach noch mit technischer Infrastruktur versorgen würden, könnten mit Strafen von mehreren Tausend Dollar pro User*in bedacht werden. Die Verkaufsfrist lief am Sonntag, 19. Januar, ab. Mit dem eigenständigen Abschalten kam TikTok einer möglichen Abschaltung durch Behörden oder App-Stores demonstrativ zuvor.
Gegen diese Zwangsabschaltung versuchte TikTok noch vor dem Obersten Gericht zu klagen. Dort argumentierte die Plattform, dass das Gesetz gegen das von der Verfassung garantierte Recht auf Redefreiheit verstoße. Das Gericht urteilte jedoch am Freitag und stimmte TikTok nicht zu. Trotzdem war eine Abschaltung am Sonntag mehr als zweifelhaft. Zum einen zeigte sich Joe Biden am Freitag schon bereit, die App an seinem letzten Tag als Präsident nicht sperren zu lassen. Zum anderen gibt es ja noch Trump.
Der designierte Präsident Donald Trump, der am Montag, also nur einen Tag nach Ablauf der Verkaufsfrist, seine Amtseinführung feiern soll, zeigte in den letzten Tagen eine wenig überraschende Milde gegenüber dem Unternehmen. Er hatte zwar in seiner ersten Amtszeit selbst ein Verbot TikToks angestrebt und war damit gescheitert. Dabei argumentierte er ebenso wie die spätere Regierung unter Joe Biden, unter der der Kongress dann das Gesetz erließ, der Konzern könnte Daten von US-User*innen an die chinesische Regierung weitergeben. TikTok wies diese Vorwürfe immer wieder zurück. Dennoch liegt die Zentrale in Peking und unterliegt somit den Vorgaben der dortigen Behörden.
Inzwischen hat sich Trumps Haltung gegenüber TikTok allerdings geändert. Nach vielen Gerüchten bestätigte er selbst in einem Fernsehinterview mit dem Sender NBC am Samstag, dass er die Verkaufsfrist um 90 Tage verlängern möchte. Sobald er Präsident ist, wäre das rechtlich möglich. Dafür müsste sich TikTok allerdings in aussichtsreichen Verkaufsverhandlungen befinden. Bisher war das nicht der Fall. Die Fristverlängerung könnte für Trump aber ein Mittel darstellen, um zum Verkauf an einen Menschen zu drängen, der Trump wohlgesonnen ist, wie etwa an den rechten Milliardär Elon Musk, der bereits X, ehemals Twitter, gekauft hat. In den letzten Wochen wurde viel darüber spekuliert, dass er ein möglicher Käufer vom US-Geschäft TikToks sein könnte. Beweise gab es allerdings keine.
In einer Mitteilung an die User*innen erklärte TikTok, dass man glücklich sei über Trumps Andeutung, eine Lösung gegen die Sperre zu finden.
Trumps Milde liegt aber auch darin begründet, dass er in den letzten Jahren auf TikTok viele junge Menschen erreichen. Seine Annäherung an TikTok geht sogar so weit, dass TikTok-Chef Shou Chew am Montag ebenfalls bei der Amtseinführung von Trump anwesend sein soll. Auf der Tribüne. Gemeinsam mit Mark Zuckerberg und Elon Musk. In den letzten Monaten scharten sich immer mehr Tech-Bosse um Trump, den bald mächtigsten Menschen der USA. Er könnte versuchen, ihnen bei einigen Dingen zu helfen, unter anderem etwa gegen den Druck, den die EU momentan aufbaut in Sachen Datenschutz und Moderation von Lügen, Propaganda und Hassrede.
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