Abkommen der USA mit den Taliban: Propaganda für die Heimatfront
US-Präsident Donald Trump braucht das Abkommen mit den Taliban, damit er einen eigenen außenpolitischen Erfolg vorzeigen kann.

Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit“, lautet ein Taliban-Sprichwort. Zwar sollen auch viele ihrer Kämpfer kriegsmüde sein. Doch trifft das Sprichwort auch jetzt die Situation. Denn US-Präsident Donald Trump läuft die Zeit davon. Er braucht vor der Wahl im November dringend ein Abkommen, mit dem er wie versprochen die Zahl der US-Truppen am Hindukusch reduzieren und ein Ende des längsten US-Kriegseinsatzes einleiten kann.
Der Präsident, der bisher vor allem dafür stand, Deals seines Vorgängers vereitelt zu haben, braucht dringend etwas, was er als eigenen außenpolitischen Erfolg vorzeigen kann. Nordkoreas Kim Jong Un hat ihn ausmanövriert, nun sollen die Taliban Trump einen gesichtswahrenden Ausweg aus dem Dilemma am Hindukusch ermöglichen. Er drängt jetzt sogar auf ein baldiges Treffen mit ihnen, natürlich noch vor der Wahl.
Das am Samstag in Doha unterzeichnete Abkommen enthält so viele Ungewissheiten, dass die Chancen seines Scheiterns größer sind als die Aussichten auf Erfolg. Trotzdem ist es ein kleiner Hoffnungsschimmer und vor allem eine Anerkennung der Realitäten: Die USA und ihre Verbündeten können den Krieg gegen die Taliban nicht gewinnen. Sie ziehen jetzt daraus die Konsequenzen und überlassen die zerstrittenen Afghanen wieder ihrem Schicksal.
Die größte Schwäche des Abkommens ist, dass es über die Köpfe der afghanischen Regierung hinweg beschlossen wurde. Präsident Aschraf Ghani hat bereits erklärt, dass über die Freilassung von 5.000 gefangenen Taliban seine Regierung entscheide und nicht Washington. Es ist sein wichtigstes Pfund in den angestrebten Verhandlungen mit den Taliban, das er sich nicht von Trump nehmen lassen will. Momentan hat Afghanistan nicht einmal eine funktionierende Regierung. Ghani wurde erst fünf Monate nach der Wahl zum Sieger erklärt, aber sein Rivale erkennt das nicht an.
Die USA haben eine Vereidigung verhindert, um erst mal den Deal mit den Taliban abzuschließen. Die USA und ihre Verbündeten sind in Afghanistan nicht nur militärisch gescheitert, sondern auch politisch. Es lässt sich zu Recht vieles an dem jetzt geschlossenen Abkommen bemängeln. Allein, es fehlte der Wille und trotz Billionen an Dollar vor allem die Fähigkeit zu einer besseren Politik.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?