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Abbau von Mineralien auf dem MeeresbodenPostfossile Profitgier

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Anstatt den Verbrauch zu drosseln, setzt die Autoindustrie auf andere Rohstoffe als Gas und Öl. Auch wenn die Natur erneut Schaden nimmt.

Unterwasserfahrzeuge für die Tiefsee, noch im Testbecken Foto: K&K Lars Grübner/Alfred Wegener Institut

D as Thema Tiefseebergbau hat ein großes Potenzial. Es kann zu einem Symbol dafür werden, dass die Menschheit auch nach dem Ende des Ölzeitalters weitermacht mit Raubbau und Verschmutzung. Oder es wird zu einem Beispiel dafür, dass sie im postfossilen Zeitalter mit den natürlichen Ressourcen besser und klüger umgeht als bisher. Diese Chance ist ja da.

Wenn wir für über eine Milliarde Autos auf der Welt keine Kraftstoffe aus Erdöl mehr nutzen wollen – dann steigen wir doch um. Wir bauen dort, wo wir in Städten wohnen, einen hervorragenden öffentlichen, elektrischen Nahverkehr auf. Das spart Ressourcen und macht nicht nur Schluss mit CO2, und Feinstaub, sondern auch mit Stau, Enge und Parkplatzsuche.

Wir nutzen Energie nicht nur effizienter, sondern verbrauchen insgesamt weniger, weil wir in kleineren Einheiten wohnen, mehr teilen, mehr reparieren. Wir benötigen zwar mehr Windräder und Photovoltaik-Anlagen als heute, müssen aber die Gesamtmenge an fossiler Energie, die wir derzeit nutzen, nicht ganz durch erneuerbare ersetzen. Jede Tonne Metall, die wir nicht verbauen, müssen wir auch nicht fördern.

Allerdings weisen nicht nur die geplanten Absatzzahlen der Autoindustrie, sondern auch politische Entscheidungen, wie die der Regierung in Oslo, in eine andere Richtung: weiter wie bisher, nur mit anderem Material. Norwegen ist reich geworden durch den Verkauf von Öl und Gas. Und es will reich bleiben durch den Verkauf von Rohstoffen, die für Technologien des Zeitalters der Erneuerbaren benötigt werden.

Dass es dadurch die durch Übersäuerung, Erwärmung, Verschmutzung und Überfischung ohnehin geschwächten Ozeane weiter schädigt, will die Regierung offenbar billigend in Kauf nehmen. Ob im Zuge der Transformation zur Klimaneutralität das Zeitfenster für einen anderen Umgang mit der Natur noch offen ist, wird sich daher in den nächsten Monaten auch in Kingston zeigen. Auf Jamaika will sich die Staatengemeinschaft nach jahrelangem Ringen konkrete Regeln für den Tiefseebergbau geben.

Das ist schwierig, weil wir wenig über den immer nachtschwarzen Lebensraum in Tausenden Metern Tiefe wissen. Was passiert, wenn Bergbauroboter Sedimente aufwirbeln? Wenn Maschinen Lärm verursachen? Weil die Lebensgemeinschaften auf dem Meeresboden bislang nur schlecht erforscht sind, fordern einige Staaten gar, ihn zunächst nicht anzutasten und ein Moratorium für den Tiefseebergbau zu erlassen.

Sich Zeit nehmen, abwägen und künftig klüger handeln – wenn das unten in der Tiefsee künftig möglich wäre, wäre das ein Grund für Zuversicht oben an der frischen Luft.

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Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
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4 Kommentare

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  • Dänemark machte auch schon mit beim "Schachern und Verteilen":



    taz 2014:



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    Dänemark will den Nordpol – und mehr: Am Montag erhob die Regierung beim Wissenschaftskomitee der Seerechtskommission der Vereinten Nationen Anspruch auf ein 895.000 Quadratkilometer großes Gebiet des arktischen Meeresbodens von der Nordküste Grönlands zum Pol und von dort weiter bis zur sibirischen 200-Meilen-Seegrenze Russlands. Zum Vergleich: Das dänische Kernland umfasst nur 43.100 Quadratkilometer.



    Außenminister Martin Lidegaard sprach von einem „historischen Tag“. Und tatsächlich geht nun der Streit um Territorialforderungen der Arktis-Anrainerstaaten in eine entscheidende Runde. Mit der 1982 in Kraft getretenen Seerechts-Konvention war eine „Kontinentalschelfregel“ eingeführt worden: Danach kann ein Meeresanrainerstaat über die allgemein geltende Wirtschaftszone von 200 Seemeilen hinaus weiteres untermeerisches Territorium beanspruchen, wenn er den geologischen Nachweis erbringt, dass sich die „kontinentale Kruste“ des eigenen Territoriums auf dem Meeresboden fortsetzt.



    Dass dies auch einmal für den Arktischen Ozean aktuell werden könnte, war damals kein Thema. Doch das schmelzende Eis und unter dem Meeresboden vermutete Rohstoffe wie Öl und Gas haben das Gebiet nun höchst attraktiv gemacht."



    //



    taz.de/Territorium...aenemark/!5026092/



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    Russland hatte schon 2007 spektakulär mit einer Tauchaktion eine Fahne im Arktischen Ozean gehisst, selbstverständlich als Zeichen territorialer Besitzansprüche auf dem Lomonossow-Rücken, in 4261 Metern Tiefe!

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Wie viele Ressourcen kostet der Umbau?



    Umbau unter der Erfordernis, die davon laufenden Folgen der Umweltzerstörung abzufedern, wenn nicht alles zeitgleich umgebaut werden kann.



    Wer bestimmt, wie der Umbau erfolgt?



    Das Geschäft. Alternativen durchsetzbar?

    Beispiel: Steigerung von Holzbau und Holz(rohstoff)verwendeung etc.



    Es kann nicht ökologisch nachaltig umgesetzt werden, was derzeit fantasiert wird.



    Die gesamtökologiosche Bilanzierung als Grundlage für Nachhaltigkeit steht aus. Trotzdem wird weiter und mehr "geholzt".

    • @31841 (Profil gelöscht):

      Aber weitermachen wie bisher ist eine Lösung?

      Wir haben es verpennt und vor uns hergeschoben. Jetzt können wir uns nicht rausreden mit - aber jetzt geht das nicht mehr.

      Alternativen zum Umbau? Stop von Energienutzung.

      Nicht attraktiv? Na, dann Umbau, würde ich sagen. So schnell es geht. Gesetze zu Reparierbarkeit, Recyclingpflicht ohne billige Strafzahlungsausreden. Fahrradplanung mindestens auf Augenhöhe mit dem PKW/LKW-Verkehr.

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @Jeff:

        An meinem Beispiel möchte ich nur zeigen, dass Umbau unter davon gelaufenen bzw, davon laufenden Bedingungen in eine fragwürdige Richtung gehen kann. Fragwürdig, m.W. weil letztlich bisher eine transparente wissenschaftlich auf Nachhaltigkeit auf seriösem Niveau aussteht. Solange besteht die begründete Annahme für das Risiko, aus richtigen Gründen falsche Konsequenzen zu ziehen. Trotzdem wird das projektiert. Wie ist das gerechtfertigt? Qui bono?