ARGENTINIEN: IMPORTBESCHRÄNKUNGEN SIND GEFÄHRLICH: Mit Zöllen gegen die Konkurrenz
Das neoliberale Entwicklungsmodell nimmt in Argentinien ein klägliches Ende. Und doch ist Präsident Duhaldes angekündigte Rückkehr in eine prä-neoliberale Zeit falsch. Wenn Duhalde die Importe stark beschränken will, greift er damit auf ein Entwicklungsmodell aus den 70er-Jahren zurück: die importsubstituierende Industrialisierung (ISI).
Dieses Modell hat aber schon damals in eher kleinen Volkswirtschaften nicht funktioniert, weil ihnen der Wettbewerb im Innern fehlt. Und ohne ausländische Konkurrenz spürten inländische Firmen ebenfalls keinen Druck, modernere Technik anzuschaffen und billiger zu produzieren – wer ihre Waren kaufen musste, hatte auch zu zahlen, was der Hersteller verlangte. Billige Alternativen aus dem Ausland gab es nicht. Zudem versäumten es die lateinamerikanischen Regierungen schon damals, in Bildung zu investieren, um im Technologiewettlauf mit den Industrieländern und den asiatischen Tigern mitzuhalten. Und heute fehlt in Argentinien noch viel mehr als früher das Geld für Stipendien, Universitäten, Fortbildungen.
Schließlich war das in Argentinien gescheiterte neoliberale Sparmodell bereits die Antwort auf die ebenfalls gescheiterte ISI. Denn das hatte erheblich zu Inflation und Verschuldung beigetragen: Investitionsgüter, die zum Aufbau der heimischen Industrie nötig waren, wurden teuer importiert. Die Hoffnung, im Gegenzug die hochwertigen Industriegüter zu exportieren und dadurch genügend Devisen einzunehmen, verpuffte, weil die Produkte nicht modern genug waren. Die wachsenden Schulden stattdessen mit der Notenpresse zu tilgen, führte zur Hyperinflation.
Selbst wenn Duhalde Importbeschränkungen nur kurzfristig einführen und Argentinien mittelfristig wieder in den Weltmarkt einklinken würde: Wann wäre der richtige Zeitpunkt, die Zölle wieder zu senken?
Schon einmal hat Argentinien versäumt, aus einer kurzfristig sinnvollen Maßnahme rechtzeitig wieder auszusteigen: der Dollarbindung. Die Rechnung für diese Versäumnis zahlt das Land jetzt mit seiner Krise. KATHARINA KOUFEN
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