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ARD und ZDF vor BundesverfassungsgerichtDie Maus, die Katze und die Machtfrage

ARD und ZDF ziehen für einen höheren Rundfunkbeitrag vors Bundesverfassungsgericht. Aber wer hat gerade wirklich die Macht?

Wer ist stärker, Tom oder Jerry? Foto: imago

D as Verhältnis der Öffentlich-Rechtlichen und der Medienpolitik gleicht dem schönen alten Spiel von Katz und Maus. Wobei ziemlich egal ist, wer hier wen spielt. Nur dass hier noch die berühmte Staatsferne dazukommt. Wenn die Medienpolitik also anregt, dass ARD und ZDF mal über ihre Strukturen nachdenken und sich vielleicht ein bisschen flexibler aufstellen, sagen die: Nee, wenn wir was weglassen oder anders machen sollen, müsst ihr uns das schon klar vorgeben. Und wenn die Politik das dann macht, heißt es, „Ey Alter, Staatsferne!“ Und der RBB zieht vors Bundesverfassungsgericht, weil er sich in seiner Rundfunkfreiheit eingeschränkt sieht, weil er im Programm mehr Brandenburg machen soll.

Dort bekommt er jetzt Gesellschaft, weil ARD und ZDF ja auch in Karlsruhe klagen. Wegen des Rundfunkbeitrags, der nicht zum 1. Januar 2025 um lumpige 58 Cent steigen wird. Einmal weil dafür die Zeit nicht mehr reicht, da so was einen Staatsvertrag aller 16 Länder braucht. Und dann natürlich, weil sich diese 16 Länder gar nicht einig sind, ob es die Erhöhung überhaupt geben soll.Der Zeitpunkt der Klage hat die Politik wohl kalt erwischt. Jedenfalls hat es irre lange gedauert, bis die Pressemitteilung der beiden für die Koordination des medienpolitischen Hühnerhaufens zuständigen Ministerpräsidenten Schweitzer (Rheinland-Pfalz, SPD) und Kretschmer (Sachsen, CDU) rauskam.

Es ist ja auch ein bisschen fies, wenn die eigenen Pläne über den Haufen geworfen werden. Die Länder wollen am 12. Dezember über den Beitrag und seine zukünftige Festsetzung entscheiden. Und nächste Woche ist in Mainz ARD-Hauptversammlung, wo alle ARD-Intendant*innen und ihre Gremienmenschen aufeinanderhocken. Bei solchen Anlässen kommt es vor, dass zu später Stunde und natürlich außerhalb der Tagesordnung deutsches Liedgut wie „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ intoniert wird. Alle also krass flexibel drauf sind, wie es sich die Politik nicht schöner wünschen kann.

Den Druck erhöhen

In Mainz sitzt auch die Rundfunkkommission der Länder, die die Medienpolitik macht. Und bei solchen Anlässen trifft man sich und macht halt Politik. Nur dass die jetzt von ARD und ZDF schon gemacht wird. Aber wer hat gerade wirklich die Macht? ARD und ZDF pochen aufs verfassungsmäßige Verfahren, dass ihnen die „bedarfsgerechte Finanzierung“ garantiert.

Doch für manche Länder wie Sachsen ist die Kiste verfassungsmäßig verfahren, weil es da nur noch eine geschäftsführende Regierung gibt und vielleicht bald Neuwahlen. Was bei noch mehr AfD und BSW dann mit dem ÖRR passiert, lässt auch ARD und ZDF schlecht schlafen. Weshalb der Gang nach Karlsruhe in erster Linie dazu da ist, den Druck auf die Länder zu erhöhen. Damit die in Sachen Beitrag auch wirklich etwas hinkriegen. Bevor jene noch mehr Macht bekommen, die den ÖRR gar nicht mehr haben wollen.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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1 Kommentar

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  • Alles, was es über das „linke Tageszeitungsprojekt“ zu wissen gilt, steckt in so gelungenen Formulierungen, wie 'lumpige 58 Cent'.

    Ob das, was bei noch mehr AfD und BSW dann mit dem ÖRR passiert, auch ARD und ZDF schlecht schlafen lässt, ist vielleicht, dass Politik und Gesellschaft nicht mehr umhinkommen, eine ernsthafte Debatte über eine Reform des ÖRR und seines Programmauftrags zu führen. Weiter so, wie bisher, also ständige Ausweitung des Programmangebots von zweifelhaftem Unterhaltungs- und geringem Informationswert, der Werbezeiten und in alle neuen Medien, sollte es keinesfalls gehen. Der ÖRR darf auch in der sogenannten repräsentativen Demokratie nicht abgehoben über einem neuem Konsens stehen.