piwik no script img

ARD-„Tatort“ aus HamburgNeue Patrioten, alte Idioten

Soll man mit Rechten reden? Der „Tatort“ beantwortet die Frage so, dass alle ihnen dauernd zuhören. Ein eher durchschnittlicher TV-Krimi.

Die Linken im „Tatort“ schreien „Nazis raus“ und „BRD, Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt“ Foto: NDR/Christine Schroeder

Dieser „Tatort“ ist ein durchschnittlicher „Tatort“. Er spielt in einer durchschnittlichen Stadt (Hamburg) mit durchschnittlichen Menschen (alle weiß bis auf einen), die mittels durchschnittlicher (bis auf Patrick von Blume) Schauspielleistungen abgebildet werden und die eine durchschnittliche Regie mit einem durchschnittlichen Drehbuch (beides Niki Stein) durchschnittliche Dialoge sprechen lässt, in einer durchschnittlichen Handlung.

Dieser Tatort überfordert niemanden, er tobt sich nicht in abgestandenen Avantgardismen aus, er kreist nicht um einen vermeintlichen Charakterdarsteller – nein, er ist genau richtig, um sich am Sonntagabend ein wenig mit diesem Land zu beschäftigen, in dem wir leben.

Was ist das für ein Land, das dieser „Tatort“ uns zeigt? Es ist eines, in dem verunsicherte Menschen der Mitte ständig wütenden Menschen von den Rändern der Gesellschaft ausgesetzt sind. Die am linken Rand sind jung, schreien „Nazis raus“ und „BRD, Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt“ – da geht man schnell weiter; die am rechten Rand sind erwachsen und kühl im Ton, oft auch mephistophelisch verführend. Das sind die Leute von der Partei „Die Neuen Patrioten“. Tauchte in letzter Zeit öfter die Frage auf, ob man mit Rechten reden solle, so beantwortet dieser „Tatort“ diese Frage in dem Sinne, dass alle den Rechten dauernd zuhören.

Dieses „Tatort“-Land hat Angst, hat keine Argumente gegen rechts – und man darf froh sein, dass die „Neuen Patrioten“ immer noch die alten Idioten sind und sich im Wesentlichen selbst zerlegen: Die Bundespolizisten Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) schauen jedenfalls meist nur angespannt in Bildschirme oder Gesichter, bevor dann doch noch auf sie geschossen wird, damit sie etwas zu tun bekommen.

Der TV-Krimi

Hamburg-„Tatort“: „Dunkles Land“, So., 20.15 Uhr, ARD.

Einen Mord gibt es auch, klar, und er wird auch aufgeklärt. Am Schluss bleibt bei den Ermittlern trotzdem ein bitterer Nachgeschmack – ja, auch das hat man schon mal gesehen –, und das liegt nicht nur am Verfassungsschutz, der hier, Variante!, eher trottelig als zynisch agiert.

Zum Glück ist unser Land aber nicht so durchschnittlich wie dieser „Tatort“ es darstellt – sondern vielfältiger, kämpferischer, klüger. Es ist ein Land, in dem die AfD bei jungen Menschen, die im Film verächtlich von „Ziggos“ sprechen, weniger Zuspruch findet als bei älteren Wählern. Eher Letztere werden sich denn auch in diesem „Tatort“ zu Hause fühlen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Die Drohung des letzten NDR-Tatortes mit Wotan hat sich bestätigt. Platt, einfach nur Platt. Wenn der pubertierende Autonomen-Bubi dafür steht, was man sich beim NDR darunter vorstellt, dann gute Nacht. Glücklicherweise gibt es noch dass Rostocker Polizeiruf 110-Team.