ARD-Serie über Musikindustrie: Abgezockt im Plattformkapitalismus
Die Dokuserie „Dirty Little Secrets“ zeigt, wie Popmusik im Streaming-Zeitalter funktioniert: Das Geschäft ist wichtiger als die Künstler*innen.
Mehr als zehn Jahre haben sie im „Haifischbecken Musikindustrie“ überlebt. Raffi, der Schlagzeuger der Band Ok Kid muss grinsen, als er das sagt, zu Beginn der ersten Folge von „Dirty Little Secrets“, einer dreiteiligen Doku-Serie über das Musikbusiness. Glücklich wirkt er dabei nicht.
Musiker*innen haben keinen Grund zu lachen. Die Musik wiegt weniger schwer als das Business. So deckt die Dokumentation in den ersten drei Teilen die prekären Bedingungen für Musikschaffende im Plattformkapitalismus auf. Sie zeigt, dass sich große Player wie Spotify und Musiklabels wie Universal dank undurchsichtiger Deals die Taschen vollhauen, während die meisten Künstler*innen nur ein paar Brotkrumen bekommen.
Die Serie ist aufgebaut wie ein erzählendes Sachbuch, viele Hardfacts verpackt als niederschwellige Story. Expert*innen kommen zu Wort, sogar eine hochrangige Spotify-Mitarbeiterin tritt vor die Kamera. Durch die drei Folgen führt eine Erzählerin. Ein organisierter runder Tisch mit Musiker*innen wie Balbina, Peter Maffay und Rocko Schamoni, die den Mut haben, offen über die schlechten Bedingungen als Musiker*innen im Streaming-Zeitalter zu sprechen, bekommt dagegen zu wenig Raum. Doch das ist nur ein kleiner Stilfehler.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Spotify zieht Musiker*innen ab, Eventim hat sich durch eine aggressive Ellbogenmentalität eine Monopolstellung im Ticket-Verkauf erkämpft, wodurch Musiker*innen auch im profitablen Live-Bereich in Abhängigkeitsverhältnisse geraten. Die einzigen Gewinner*innen sind dubiose Geistermusiker*innen, die unter unzähligen Pseudonymen generische Pianomusik produzieren und damit Hunderttausende Euro umsetzen. Fazit: Pop-Musik ist am Arsch. Bleibt nur zu hoffen, dass sich der Ton-Steine-Scherben-Slogan „Macht kaputt, was euch kaputt macht““ doch noch durchsetzt.
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