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ARD-Doku „Let’s talk about porn“Tabuloses Treiben

Die Doku zeigt das Pornogeschäft in digitalen Zeiten. Damit bricht Regisseurin Julia Krampe das Schweigen und gibt Einblick in ganz normale Jobs.

Ein Einblick in den Arbeitsalltag von Pornostars Foto: rbb

Porno ist so allgegenwärtig wie tabu. Im Jahr 2024 hatte die Website Pornhub mehr als fünf Milliarden Aufrufe und belegt damit Platz 7 der meistgeklickten Adressen weltweit, nach Google, Youtube und Wikipedia. Doch trotz seiner gesamtgesellschaftlichen Relevanz fristet das Geschäft mit der Lust bis heute ein Dasein im Verborgenen, geprägt von Vorurteilen und fehlender Aufklärung.

Dem leistet nun eine neue Produktion des rbb Abhilfe. Mit „Let’s talk about porn“ bricht Regisseurin Julia Krampe dezidiert das Schweigen rund um das Erotikbusiness und stellt es als das vor, was es für die Menschen vor der Kamera ist: ein ganz normaler Job.

Das fühlt sich beim Zuschauen zwar teilweise so trocken an, wie es sich anhört. Cam-Girl und Pornstar Jolee Love sitzt am Computer, schneidet Videos und schreibt Usern. Wir sind im Zimmer, wenn sie ihre Webcam anmacht und einen User begrüßt, wir warten mit ihr am Set eines Hardcore-Pornos auf ausstehende Ergebnisse für einen Test von sexuell übertragbaren Krankheiten.

Wir erleben sie mit ihrer Mutter, ihrem Partner, ihrem Hund. Angereichert ist das Ganze durch Interviews mit Szenegrößen wie der feministischen Produzentin Paulita Pappel oder der Porno-Forscherin Madita Oeming.

Die Doku

„Let’s talk about porn“, drei Folgen, in der ARD-Mediathek

Spannend ist aber, dass wir mitverfolgen können, was mit der Digitalisierung der Branche zunehmend von den Content-Creatorinnen verlangt wird: der nahtlose Wechsel von der Rolle als Sexarbeiterin zur Managerin und Vermarkterin ihrer eigenen Inhalte. „Es gibt die Leute, die Fiktion und Realität nicht voneinander trennen können“, bemerkt Jolee Love. Gemeint sind damit User, die den Content und das Privatleben des Stars durcheinanderbringen, sie persönlich treffen wollen.

Durch den Einblick in den Arbeitsalltag des Pornstars hilft die Doku dabei, solche Missverständnisse abzubauen. Die drei Episoden machen die Arbeit sichtbar, die rund um die Filmchen anfällt, und die gerne zugunsten der vorgeblichen Authentizität des Materials ausgeblendet wird. „Let’s talk about porn“ leistet deshalb wertvolle Aufklärung über das – Verzeihung – geschäftige Treiben in der Branche.

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3 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Was wir schon immer nicht wissen wollten.



    Gruß



    Edgar Schmauch

  • Sind eigentlich Pornodarsteller immer auch ein Pornostars?

  • Pornografie hat aber nicht nur „positive“ Seiten. Das ist bei weitem kein Geheimnis, daher ist es also doch etwas befremdlich und journalistisch einfach schlechte Arbeit, nicht einmal etwas tiefer zu graben. Lohnt sich vermutlich also nicht, das überhaupt anzuschauen.

    Keine Ahnung, wie man das als Mensch überhaupt verteidigen kann. Statistisch gesehen ist es gar nicht mal so unwahrscheinlich, bei einem Besuch einer Pornoseite unwissentlich „Inhalte“ konsumieren, die nicht einvernehmlich gedreht und hochgeladen wurden. Die meisten sind beim ersten Mal (welche Ironie) gerade mal 10 oder 12. Wer weiß schon, was das mit einer jungen Person macht. Und dann ist da noch, dass die Pornoindustrie nachweislich mit Menschenhandel an ihr Material kommt. Ganz normale „Arbeit“ eben – wenn man die Praktiken auf deutschen Erdbeerplantagen als Maßstab nimmt.