ANC-Parteitag in Südafrika: Rechter Terror und Klagen der Basis
4.500 ANC-Delegierte müssen entscheiden, ob Jacob Zuma Parteichef und damit Südafrikas Präsident bleibt. Aber gegen ihre eigene Streitkultur scheinen sie machtlos.
JOHANNESBURG taz | Terrordrohungen und Krisensitzungen haben den Auftakt des ANC-Parteitags überschattet. Schon am Sonntag nahm Südafrikas Geheimdienst sieben weiße Rechtsextremisten fest, die angeblich das Versammlungszelt mit einer Bombe in die Luft jagen wollten.
Es war nicht das einzige turbulente Ereignis für die 4.500 Parteitagsdelegierten, die am Montag zum Auftakt des zweiten Tages zwei Kilometer zu Fuß zum Tagungsort zurücklegen mussten, der Universität des zentralsüdafrikanischen Bundesstaates Free State (ehemals Oranje-Freistaat) in Mangaung (ehemals Bloemfontein).
Gleich am Montagvormittag musste der Parteitag unterbrochen werden, hitzige Beratungen fanden zunächst hinter verschlossenen Türen statt. Verbitterte Delegierte aus den Provinzen Nordwest und Freistaat mussten den Parteitag kurzfristig verlassen. Dann entschied die Konferenz, sie dürften doch teilnehmen.
Hintergrund ist ein Machtkampf. Der Parteitag soll den ANC-Parteichef für die nächsten fünf Jahre und damit auch den ANC-Präsidentschaftskandidaten für die nächsten Wahlen 2014 bestimmen. Vor fünf Jahren hatte sich bei der letzten solchen Wahl Jacob Zuma in einer Kampfabstimmung gegen den damaligen Präsidenten Thabo Mbeki durchgesetzt.
Diesmal steht Zuma unter Druck: Sein Vizepräsident Kgalema Motlanthe tritt jetzt gegen ihn an. Drei von neun Landesprovinzen haben sich in parteiinternen Vorwahlen für Motlanthe ausgesprochen. In neuen Umfragen erhält Motlanthe in der Öffentlichkeit 70 Prozent Anerkennung, Zuma nur 52 Prozent.
Nominierungsparteitag ungültig
Der Machtkampf wird über Formalien ausgetragen. Südafrikas Verfassungsgericht erklärte Ende letzter Woche ausgerechnet den Nominierungsparteitag des gastgebenden ANC-Landesverbandes Freistaat für ungültig. Sechs ANC-Mitglieder hatten dagegen geklagt, dass die Mitglieder des Provinzvorstands erst den Auswahlprozess der Delegierten bestimmten und dann selbst als Delegierte am Parteitag teilnehmen dürften. In Reaktion darauf erklärte die Parteiführung jetzt, die sechs Kläger hätten sich mit ihrer Aktion selbst aus dem ANC ausgeschlossen.
Weitere ANC-Mitglieder aus der Nordwestprovinz hatten geklagt, sie seien durch nicht legitimierte Delegierte auf dem Parteitag ersetzt worden. Sie waren vor Gericht jedoch gescheitert. Aber die Vorwürfe, es gebe auf dem Parteitag „falsche“ Delegierte, sind noch immer nicht restlos ausgeräumt. Sollte Zuma sich mit lediglich knapper Mehrheit behaupten, wird sein Sieg anfechtbar sein.
In gewohnter Manier reagiert der ANC-Apparat auf die Streitereien mit dem Versuch, die Reihen zu schließen. Disziplinlosigkeit und Gewalt unter Parteimitgliedern sollen nicht mehr geduldet werden, lautete die Warnung von ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe an die Basis zur Eröffnung des Parteitags.
Ehrungen mit Gesang und Tanz
Als am Sonntagnachmittag Jacob Zuma nach dreistündiger Verspätung auf die Bühne trat, schien er die Delegierten für sich zu gewinnen: Mit Gesang und Tanz ehrte er Nelson Mandela und sprach selbstsicher die für ihn selbst heiklen Themen an: Korruption und Unregelmäßigkeiten bei staatlichen Ausschreibungen.
Der Präsident sprach auch die dramatischen Ereignisse bei der Platinmine Marikana an, wo im August bei blutigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und streikenden Bergleuten 44 Menschen getötet worden waren,. Viele davon offenbar gezielt von Polizisten hingerichtet. Damals war Zuma Mangel an Führung vorgeworfen worden. Jetzt versicherte er, die Gespräche mit Bergbauunternehmern über notwendige Verbesserungen gingen weiter.
Einer ist offenbar nicht überzeugt: Trevor Manuel, der prominenteste Nichtschwarze des ANC. Der frühere Finanzminister und jetzige Planminister, der international als Garant einer soliden Wirtschaftspolitik Südafrikas gilt, verzichtet auf eine erneute Kandidatur im ANC-Vorstand. Die Werte des ANC, sagte er zur Begründung, seien zerstört; es sei an der Zeit, dass eine jüngere Generation übernimmt.
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