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AKW-Laufzeiten und StrompreisGeheime Energieszenarien

Gutachter kommen zu dem Schluss, dass längere AKW-Laufzeiten den Strompreis nur geringfügig beeinflussen. Die Regierung will Anfang kommender Woche Stellung nehmen.

Ob Atomkraftwerke länger laufen oder nicht ist laut einem Gutachten für den Strompreis unbedeutend. Bild: dpa

Mitarbeiter im Ressort von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) mussten eine Art Geheimhaltungsverpflichtung unterzeichnen, bevor sie einen Blick hineinwerfen durften. Felix Matthes, Energieexperte vom Öko-Institut, und Uwe Leprich, Professor an der Hochschule des Saarlandes, durften zwar schon mal durchblättern, aber nur unter Beobachtung in einem Büro im Bundesumweltministerium: Selten hat eine Regierung aus der Erarbeitung eines Gutachtens ein solches Staatsgeheimnis gemacht wie aus den Energieszenarien. Diese sollen zeigen, wie es sich auswirkt, wenn Atomkraftwerke 4, 12, 20 oder 28 Jahre länger am Netz bleiben als geplant.

Am Freitag wurden aber doch erste Ergebnisse bekannt. Und die sind für die schwarz-gelbe Koalition, die versprochen hat, die Laufzeiten zu verlängern, brisant. Nach Informationen der taz kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass sich längere Laufzeiten kaum auf den Strompreis auswirken. Der Kostendämpfungseffekt, den Atombefürworter gern betonen, liegt demnach im ungünstigsten Fall bei weniger als 1 Prozent, im großzügigsten Szenario bei 7 Prozent. Das Handelsblatt hatte zuvor bereits berichtet, dass die Laufzeitverlängerung nach der Studie auch auf die Versorgungssicherheit keinen Einfluss hätte und verzichtbar sei.

Erarbeitet hat den dreiteiligen ca. 300-seitigen Band das Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln (EWI) gemeinsam mit dem Schweizer Prognos-Institut und dem Wirtschaftsforschungsunternehmen GWS. Er soll die Grundlage für das nationale Energiekonzept sein, das die schwarz-gelbe Koalition Ende September verabschieden will. Regierungssprecher Christoph Steegmans wollte am Freitag zu den Resultaten nichts sagen, er beschränkte sich auf Terminbestätigungen: Am Nachmittag hatten die Gutachter dem Auftraggeber - dem Wirtschaftsministerium - und dem Umweltressort die Endfassung vorgelegt. Samstag und Sonntag prüfen Beamte und Berater der sogenannten Begleitgruppe die Studie. Zu Wochenbeginn äußert sich die Regierung. Streit ist gewiss.

Nach dem bisherigen Atomausstiegsgesetz ginge 2022 der letzte Meiler vom Netz. Die Unions-Ministerpräsidenten in Süddeutschland kämpfen seit Wochen für eine Laufzeitverlängerung von 10 bis 15 Jahren. Dagegen ist Bundesumweltminister Norbert Röttgen, er will nur eine "moderate" Laufzeitverlängerung. Zumal sich nur dann aus Sicht der Verwaltungsjuristen in Justiz- und Innenministerium der Bundesrat umgehen lässt. Der würde den Ausstieg aus dem Atomausstieg blockieren. Neun Länder stellten sich am Freitag gegen Laufzeitverlängerungen, auch CDU-geführte wie Thüringen, das Saarland und Hamburg. Sie drohten mit Klage. Einfach wird es für die Regierung nicht. Selbst die sorgsam gehüteten Energieszenarien machen Probleme, da sie schon vor ihrer Veröffentlichung ins Gerede gekommen sind. Das Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln wird von Eon und RWE finanziert. Zudem hat EWI-Chef Marc Oliver Bettzüge eine Stiftungsprofessur inne, die von der deutschen Energiewirtschaft bezahlt wird, von Eon, RWE, Vattenfall und der RAG. Als "Lieblingsinstitut der großen Energiekonzerne" bezeichnete Michel Müller, früherer Umweltstaatssekretär und im Präsidium des Deutschen Naturschutzrings, das EWI. Bärbel Höhn, Fraktionsvize der Grünen, sagte, es sehe "nach einem getarnten Subunternehmen von Eon und RWE aus."

Eine Einflussnahme habe es aber nicht gegeben, hätten die Forscher versichert, so Regierungssprecher Steegmans. - "Wir vertrauen darauf." Die Koalition werde die Ergebnisse ohnehin nicht eins zu eins übernehmen. Die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums erklärte, sie lieferten der Politik "Anhaltspunkte". Kanzlerin Angela Merkel sagte, sie kenne die Resultate noch nicht. Zugleich versprach sie ein "klares Bekenntnis" zu Atom- und Kohleenergie.

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5 Kommentare

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  • K
    klarheinz

    Zum Nachdenken nur das:

    "Mietmnäuler" nennt man diejenigen "Experten/innen", die "Gutachten", "Fach- u. Sachauskünfte", "Zeugnisse" "Qualitätsnachweise" und dergl. exakt nach dem Wunsch des Auftraggebers mit dem Ziel der ( öffentlichen, gerichtlichen, ärztlichen, kunden, politischen etc. ) Beeinflussung fertigen und veröffentlichen.

  • EW
    E W I

    Das EWI wird getragen von der "Gesellschaft zur Förderung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln e. V."

     

    Der Vorstand der Gesellschaft setzt sich derzeit aus folgenden Personen zusammen:

     

    1. Dr. Leonhard Birnbaum (Präsident)

    2. Dr. Guido Knott (Vizepräsident)

    3. Ewald Woste (Vizepräsident)

    4. Prof. Dr. Marc Oliver Bettzüge (Institutsdirektor)

     

    Quelle: http://www.ewi.uni-koeln.de/Foerdergesellschaft.84.0.html

     

     

     

    zu 1: Herr Birnbaum ist Chief Strategy Officer bei RWE (http://www.rwe.com/web/cms/de/37110/rwe/presse-news/pressemitteilung/?pmid=4002012)

     

    zu 2: Herr Knott ist Finanzvorstand bei E.ON Hanse (http://www.eon-hanse.com/pages/eha_de/Presse/Pressemitteilungen/Aktuelle_Presse/Pressemitteilung.htm?id=202372)

     

    zu 3: Herr Woste ist Vorstandsvorsitzender der Thüga und Präsident des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) (http://www.thuega.de/presse/presseinformationen.html)

     

    zu 4: Herr Bettzüge, ehemals Berater der Strom- und Gaskonzerne im Auftrag von Boston Consulting und nun Präsident des EWI http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/130622/

  • TL
    Thomas L.

    ich möchte passend hierzu und zum "energiepolitischen Appell" der Atomkonzerne hier auf einen Aufruf hinweise, der vom Institut Solidarische Moderne (ISM) gestartet wurde und der bisher schon von weit über 3.000 Menschen - aus einem breiten politischem Spektrum - unterzeichnet wurde.

     

    http://www.solidarische-moderne.de/de/topic/50.aufruf.html

  • V
    vic

    "Am Nachmittag hatten die Gutachter dem Auftraggeber - dem Wirtschaftsministerium - und dem Umweltressort die Endfassung vorgelegt."

    Wir dürfen das auf keinen Fall vergessen.

    Das ist ein Gutachten, das von Brüderles Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben wurde.

    Und es ist nicht ausgefallen wie gewünscht.

    Danke taz, und bleiben Sie bitte dran.

  • V
    vic

    Habe ich heute auf D-Radio gehört, und offengestanden bin ich etwas verwirrt.

    Das waren doch deren eigene Gutachter wenn ich das richtig verstanden habe - habe ich?