AK Asyl ausgeschlossen: Nur zahme Flüchtlingshilfe erwünscht
Der Arbeitskreis Asyl engagiert sich in Cuxhaven seit 30 Jahren für Flüchtlinge. In eine Liste des Landkreises für Ehrenamtliche will er sich nun einklagen.
Auf er offiziellen Homepage des Cuxhavener Landkreises listet dieser einige Flüchtlings-Initiativen auf, „um den ehrenamtlich Tätigen Ihre Arbeit zu erleichtern“ und „wichtige Informationen und Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen“, wie es auf der Website heißt. Verlinkt sind beispielsweise ein christlicher Flüchtlingshilfsdienst und der Flyer einer Kleidersammelstelle, außerdem tauchen in der Liste Familienberatungszentren, ein Frauencafé, ein Flyer vom Deutschen Roten Kreuz, diverse Welcome-Cafés und die Ehrenamtlichen-Plattform des Landes Niedersachsen auf. Aber es fehlt der AK Asyl.
Daraufhin beschwerte sich der Arbeitskreis beim Landkreis und beantragte, in die Liste aufgenommen zu werden – das war im Februar. Der Kreisrat Friedhelm Ottens habe darauf entgegnet: Die Veröffentlichung von Informationen über die Homepage gehöre zur Öffentlichkeitsarbeit des Landkreises. „Einen Anspruch darauf gibt es nicht, weshalb es auch keine Rechtsgrundlage für einen Antrag Ihrerseits gibt. Insoweit kann der Landkreis hierüber frei entscheiden.“ So zitiert der Niedersächsische Flüchtlingsrat den Kreisrat Friedhelm Ottens. Gegenüber der taz will sich dieser nicht äußern, stattdessen verweist er auf das Gerichtsverfahren: Die Politik des Hauses sei es, sich während laufender Verfahren nicht zu äußern.
Schon mehrmals ist der Landkreis Cuxhaven in der Vergangenheit durch sein besonders hartes Vorgehen gegen Flüchtlinge aufgefallen – so beispielsweise durch unangekündigte Abschiebungen im Morgengrauen. Deshalb vermutet Kai Weber, der Sprecher des niedersächsischen Flüchtlingsrats, der AK Asyl sei dem Landkreis zu unbequem: „Die Verwaltung ärgert sich über den AK Asyl, weil er den Behörden ab und zu auf die Füße tritt“, so Weber. Mit ihrer kritischen Haltung gegenüber der kommunalen Flüchtlingspolitik sei die Initiative dem Kreisrat ein Dorn im Auge, und so versuche er eben, den Arbeitskreis totzuschweigen. „Kleinkariert“, nennt Weber das Verhalten des Kreisrats.
Als ehrenamtlicher Arbeitskreis unterstützt der AK Asyl Geflüchtete im Landkreis Cuxhaven seit 1985.
Mitbegründet hat er den niedersächsischen Flüchtlingsrat.
Er bietet Geflüchteten Beratung im Umgang mit Behörden oder bei der Durchsetzung ihrer rechtlichen Ansprüche gegenüber dem Staat und begleitet sie zu Ämtern.
Er schreibt Petitionen an den Landtag oder den Bundesrat und hält Mahnwachen.
Er veranstaltet jeden Donnerstag ein offenes Treffen.
Der Flüchtlingsrat gibt außerdem an, Kreisrat Ottens habe in einer Begründung gegenüber dem Gericht geschrieben, anders als etwa die christliche Flüchtlingshilfe betreibe der AK Asyl „politische Arbeit“ und sei damit „nicht neutral“.
Ob das als Argument zählt, darüber wird Anfang Juni das Gericht entscheiden. Gisela Penteker, Mitglied vom AK Asyl und im Vorstand des niedersächsischen Flüchtlingsrats, bezeichnet die Argumentation jedenfalls als „sehr schwierig“. In seiner Art, politisch zu arbeiten, unterscheide sich der Arbeitskreis schließlich nicht wesentlich von anderen Flüchtlingsinitiativen.
Lediglich sein hartnäckiges Vorgehen werde ihm offensichtlich übel genommen. „Wenn die Liste auf der Homepage ein Wegweiser für Flüchtlinge und Ehrenamtliche sein soll, gehört der AK Asyl auf jeden Fall dazu“, sagt sie. Penteker selbst wurde 2015 mit einem Ehrenpreis der Stadt Otterndorf ausgezeichnet, die auch im Landkreis Cuxhaven liegt – für ihr jahrelanges ehrenamtliches Engagement für Flüchtlinge. Kai Weber nennt es „absurd“, dass der Landkreis einzelne Engagierte des Arbeitskreises auszeichne, gleichzeitig aber versuche, die Initiative als solche unter den Teppich zu kehren. „Es gehört zu einer demokratischen Öffentlichkeit, auch kritische Initiativen zu erwähnen“, sagt er.
Das sieht auch der AK Asyl nach Angaben des Flüchtlingsrats so. Der zitiert in einer Pressemitteilung ein Statement des Arbeitskreises zum Verhalten des Landkreises: „Eine Behörde im demokratischen Rechtsstaat und zumal in einer Informationsgesellschaft muss sich auch der öffentlichen Kritik stellen. Klönen und Kaffee trinken sind nach Auffassung des Landkreises (…) erlaubt, das politische Gespräch aber ist von Übel.“ Die Aktivisten werten das Vorgehen als Zensur und als Versuch, unangenehme Wahrheiten zu unterbinden.
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