60. Geburtstag Israels im ZDF: Die Glückssuche
Menschlicher Einblick in ein Land, das ein Wunder ist: Mit "Willkommen in Israel" beginnt die ZDF-Fernsehspielreihe zum 60. Geburtstag Israels.
"Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist" sagte David Ben Gurion über den Traum, im "Gelobten Land" einen jüdischen demokratischen Staat zu gründen. In diesem Jahr feiert dieser Staat nun seinen 60. Geburtstag. Anlass für das ZDF, in der Reihe "Das kleine Fernsehspiel" vier israelische Filme zu zeigen, die einen sehr persönlichen, menschlichen Einblick in den Alltag eines Landes gewähren, das von Einwanderungswellen, Gewalt und der Sehnsucht nach Frieden geprägt ist - ein Land, zu dem fast jeder eine Meinung hat, ohne je dort gewesen zu sein.
Den Auftakt bildet Eyal Halfons "Willkommen in Israel": drei Geschichten, in denen die Schicksale von Arbeitsimmigranten und ihren israelischen Arbeitgebern kunstvoll miteinander verwoben sind. Der Originaltitel "What a wonderful place" drückt den kritischen bis zynischen Unterton aus: Die geschilderten Lebensumstände der Protagonisten - seit dem weitgehenden Arbeitsverbot für Palästinenser leben in Israel auf engstem Raum viele legale und illegale Gastarbeiter - sind alles andere als paradiesisch.
Der Film erzählt die Geschichte eines philippinischen Altenpflegers, eines thailändischen Farmarbeiters und der Ukrainerin Jana, die sich bei Nacht und Nebel über die ägyptische Grenze nach Israel schleusen lässt, um dort Geld für ihre Tochter zu verdienen. Sie glaubt, sie werde als Serviererin arbeiten - und landet im Rotlichtmilieu von Tel Aviv. Nur aufgrund eines Muttermals im Gesicht entkommt sie dem Schicksal ihrer "Mitreisenden"; der "Boss" schickt sie nicht auf den Strich. Doch mit Putzen kann sie nicht genug Geld verdienen und versucht über Umwege, an Freier zu kommen. Gerettet aus dem Teufelskreis von Geld und Gewalt wird sie von Expolizist Franco, der aufgrund seiner Spielsucht in den Diensten des "Bosses" steht. Am Ende werden alle Protagonisten - "Boss", Pfleger, Gepflegte, Farmarbeiter, Farmer - auf wundersame Weise miteinander verbunden sein. Mühselige und Beladene auf der Suche nach dem Glück.
Israel ist klein. Und bietet doch aufgrund der Umstände ein Füllhorn an Geschichten, denen "Das kleine Fernsehspiel" ein Forum bietet: "Makom Avoda - Ein Ort, eine Arbeit" von Nurith Avis zeichnet anhand einer Genossenschaft nach, wie ein Mord an einem Siedler das Verhältnis von Israelis und Palästinensern verändert. In "Ein anderes Land" verknüpft Amit Goren die Geschichte seiner Familie mit jenen politischen Ereignissen, die in der Ermordung Rabins gipfelten. Und "Izkor - Sklaven der Erinnerung" ergründet, warum religiöse und nationale Feiertage für die junge israelische Nation von so großer Bedeutung sind.
"Ja, es ist ein dramatischer Ort. Ein Ort, der jeden, der dort lebt, sehr lebendig macht und sehr nervös. Die Menschen altern hier schnell", sagt Regisseur Eyal Halfon über sein schwieriges Heimatland Israel: "Ich bin davon überzeugt, dass wir, das jüdische Volk, einen höheren moralischen Anspruch haben müssen. Wir können es uns nicht leisten, ein x-beliebiges Land zu sein. Wenn wir damit fortfahren, ein weiteres Land zu sein, werden wir nicht bestehen können." Realistisch betrachtet ist dieses Land ein Wunder - und Halfons Blick auf sein Land ist kritisch, doch keineswegs zynisch. Er zerreißt einem das Herz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei