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5G und CybersicherheitZum Überwachen zu sicher

Daniél Kretschmar
Kommentar von Daniél Kretschmar

Deutschen Behörden fällt auf, dass ihre Abhörtechnologie dem neuen Mobilfunkstandard 5G eventuell nicht gewachsen ist.

„5G“, kurz für „Fünfte Generation Mobilfunk“, ist den Behörden zu sicher Foto: Rodion Kutsaev/Unsplash

E s ist seit Jahrzehnten eine schöne Tradition: Auf jede technologische Entwicklung in der Sicherheit elektronischer Kommunikation folgt der Ruf der Polizeibehörden nach neuen Befugnissen zur Überwachung. Das war schon bei den sogenannten Cryptowars in den 1990ern so, als es um die Verschlüsselungstechnologien, zum Beispiel für E-Mails, ging.

Neuester Wiedergänger des ewig gleichen Wunsches nach Zugriff auf Kommunikations­daten und -inhalte ist die Diskussion der Justizminister der Länder um den Mobilfunkstandard 5G. Das neue große Ding, extra schnelles mobiles Netz mit hoher Sicherheit, ist den Minister*innen nämlich: zu sicher.

Also werden Maßnahmen beraten, um ein technisches Unterlaufen der bisherigen Abhörbefugnisse zu verhindern. Besorgt nimmt man laut Spiegel Online Verschlüsselungen ins Visier. Auch 5G-typische Kommunikationsmodi zwischen verschiedenen Geräten, die wesentlich zur Beschleunigung des Netzes beitragen sollen, verringern die Angriffsfläche für Horch und Guck. Mit demselben Problem werden dann aber auch Kriminelle und „feindliche“ Geheimdienste zu kämpfen haben.

Genau da liegt auch das Problem jeder staatlich verordneten Schwächung digitaler Sicherheit. Gibt es einen polizeilichen Generalschlüssel für alle Türen, wer kann dauerhaft garantieren, dass nur Befugte ihn nutzen können? Und wer hat so viel Vertrauen in deutsche Sicherheitsbehörden, dass ihre Befugnis nur im Sinne demokratischer Gesetze genutzt wird (Stichwort: Hannibal)?

Hauptsache, streamen in der Pampa

Da amüsiert es fast, dass also offenbar robuste Schutzmechanismen ausgehebelt werden sollen, während man gleichzeitig in der geradezu panischen Kampagne gegen den chinesischen 5G-Weltmarktführer Huawei mit Sicherheitsbedenken argumentiert; obwohl es vor allem den USA natürlich um Marktanteile der dort heimischen Telekommunikationsunternehmen geht.

Wie realistisch die Sicherheitsversprechen des neuen Mobilfunkstandards letztlich sind, wird sich womöglich erst nach dessen Einführung zeigen. Dabei ist es ein bisschen egal, ob am Ende nun Geheimdienste in China, Deutschland, den USA oder gleich alle mitschauen – Hauptsache, die Streams funktionieren auch in der brandenburgischen Pampa. Ich jedenfalls freu mich drauf.

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Daniél Kretschmar
Autor
Jahrgang 1976, Redakteur für die tageszeitung 2006-2020, unter anderem im Berlinteil, dem Onlineressort und bei taz zwei. Newsletter unter: https://buttondown.email/abgelegt
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9 Kommentare

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  • Deutschland soll einfach so weiter machen wie bisher. Immer weiter fordern, dass die Geheimdienste so wenig Befugnisse erhalten wie möglich, damit man auf der moralisch guten Seite ist. Und gleichzeitig weiter die Erkenntnisse der bösen Amerikaner, Franzosen, Briten, Israelis usw nutzen, um wie in den letzten paar Jahren Dutzende Anschläge zu verhindern.

    Beste Kombination. Typisch Deutsch.

    • @gyakusou:

      Ja, in den letzten Jahren wurden Anschläge verhindert. Aber nicht



      "dutzende". Kein Grund die Bürgerrechte einzuschränken und einen Überwachungsstaat einzufordern. Hatten wir schon. War scheiße.

      • @Andreas J:

        Deutlich zweistellig bei den verhinderten (islamistischen) Terroranschlägen laut BKA sind wir schon. Mir geht's bei dem Kommentar auch eher darum, dass wir Deutschen am liebsten gar keine geheimdienstliche Überwachung hätten, die Erkenntnisse daraus von ausländischer Seite aber gerne nutzen. Bloß nicht selbst die Hände schmutzig machen....

        Du kannst ja gerne googlen, wie oft in den letzten Jahre Terrorverdächtige/Kriegsverbrecher "nach Hinweisen eines ausländischen Geheimdienstes" in Deutschland festgenommen wurden. So gut wie jeden Monat.

        • @gyakusou:

          Oh , ein Troll aus dem US-Paralelluniversum fern jeglicher Realität !..

          Fakt 1 : Im Jahr 2019 gab es laut Ofiziellen Quellen EINEN Anschlagsversuch in der BRD ( de.wikipedia.org/w...nd_Oberhausen_2019 ), welcher von einem Rechtsexremisten verübt wurde !

          Fakt 2 : Begonnen hat die ganze Problematik weltweit übrigens faktisch erst nach Völkerrechtswidrigem Einmarsch von US-Truppen im Irak 2003 ( de.wikipedia.org/wiki/Irakkrieg ) .Die Zahlenangaben der Opfer des Irakkrieges und der anschließenden Zeit der Besetzung schwanken je nach Quelle zwischen weniger als 100.000 und mehr als 1.000.000 Menschen .

          Fazit : 'Thx USA' for the worldwide Terror & Disinformation !..

  • Hier muss man differenzieren was mit Abhören genau gemeint ist, denn Abhören ist nicht gleich Abhören. Was mit 5G wohl nicht so ohne weiteres gehen wird ist das passive Abhören, bei dem man nur den Funkverkehr einfach nur aufzeichnet und die Verschlüsselung dann quasi in Echtzeit bricht. Das ging aber auch bei 4G schon nicht mehr.

    Wenn man dann doch zuhören will muss man dafür sorgen das 4G/5G einfach nicht genutzt werden können, so das auf ältere Versionen des GSM Protokolls (dafür steht das G bei 5G) zurückgegriffen wird. Das ist mit einem entsprechenden Störsender ohne weiteres möglich und wird auch praktiziert. Aber das ist eine Methode für Bastler, die Equipment für 75€ (rtl-sdr + gsm jammer) nutzen. Ist natürlich verboten, demonstriert aber ganz gut den Sicherheitsstandard.^^

    Professionelles Abhör-Equipment verfolgt in der Regel den Ansatz einfach einen eigenen Funkturm zu simulieren, dessen Signal in der unmittelbaren Umgebung so stark ist, dass Mobiltelefone in dieser Umgebung aufgrund der Signalqualität freiwillig eine Verbindung aufbauen. Dagegen wird auch 5G nicht helfen. Auch sowas kann sich ein Bastler selber bauen, die Hardware kostet dann aber schon mal schnell 2000€, die benötigte Software ist kostenlos und quelloffen verfügbar. Vom CCC gab es dazu vor einigen Jahren mal einen sehr interessanten Vortrag.

    Recht gruselig ist auch was der Betreiber eines Funkturms mit den verbundenen Handy anstellen kann. Das GSM Protokoll ist nämlich nicht nur zum telefonieren da, sondern auch zur Administration/Wartung der verbundenen Geräte. Malware installieren ist für den Netzbetreiber überhaupt kein Problem.

  • Digital first, Bedenken second... LOL



    Für die "rin /raus in de Kartoffel"- politik war ja schon Kaiser Wilhelm bekannt....



    Scheint was epigenetisches zu sein.

    • @ophorus:

      Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie beim Thema.

      Die Moderation

  • gerhardseyfried.de...ma-yes-we-scan.jpg

    Genau - & Wer ein Handy will dass die Privatsphäre des Eigentümers noch respektiert wie es sich gehört und diesen nicht noch frech beäugt und belauscht , oder auf dessen Kosten für andere Personen i-Porn Streams runterläd , soll sich ein Krypto-Handy kaufen ... Ätsch !..

    de.wikipedia.org/wiki/Krypto-Handy

    • @BadClown:

      Netter Name..aber mit der neuen Seehoferdoktrin wird das eher ein frommer Schein bleiben... Will sagen: Vermeintlich sicher, sagt man Sachen die einem hinterher leid tun...