53.000 Menschen sollen Zuhause bleiben: Nordkorea räumt Industriepark
Pjöngjang will seine Arbeiter aus dem mit Südkorea betriebenen Industriepark Kaesong abziehen. Ein Zeichen außenwirtschaftlicher Umorientierung?
BERLIN taz | Nordkorea hat am Montag den Abzug seiner 53.000 Arbeitskräfte aus dem mit südkoreanischen Firmen betriebenen Industriepark Kaesong angekündigt und damit die innerkoreanischen Spannungen weiter angeheizt. Schon seit letzter Woche wird Managern aus dem Süden die Reise in den grenznahen Industriepark im Norden verweigert.
Auch Material aus dem Süden darf schon nicht mehr die Grenze in den Norden passieren. In dem Park harrten zuletzt noch mehrere hundert südkoreanische Führungskräfte aus. 13 südkoreanische Firmen haben bereits die Produktion eingestellt.
Nordkorea machte jetzt „militärische Kriegstreiber“ im Süden für ihren Schritt verantwortlich. Diese hätten die „Würde“ des Nordens verletzt. „Die Ankündigung heißt noch nicht, dass der Park dauerhaft geschlossen bleibt“, sagt der Nordkorea-Experte Eric Ballbach vom Institut für Koreastudien der FU Berlin der taz.
Als Vorzeigeprojekt der einstigen innerkoreanischen Entspannungspolitik hatte der Industriepark bei Nordkoreas drittgrößter Stadt Kaesong 1994 den Betrieb aufgenommen. Er war seitdem trotz mehrfacher Spannungen auf der koreanischen Halbinsel erst einmal nur für wenige Tage geschlossen gewesen.
In den vergangenen Tagen hatte sich Nordkorea aufgeregt, dass Stimmen aus dem Süden die Bedeutung des Parks für die Wirtschaft und Finanzen des Nordens betont hatten. Die zuletzt 123 südkoreanischen Firmen, vor allem der Textil-, Elektronik- und Chemieindustrie, profitieren ihrerseits von den Niedriglöhnen der überwiegend weiblichen Arbeitskräfte aus Nordkorea. Die verdienen brutto etwa 130 Dollar im Monat.
Südkoreas Wirtschaft verliert für den Norden an Bedeutung
2011 betrug laut Südkoreas Vereinigungsministerium der innerkoreanische Handel über Kaesong 1,683 Milliarden US-Dollar. Das entsprach 98 Prozent des gesamten bilateralen Handels. „Doch spielt Südkoreas Wirtschaft inzwischen eine geringere Rolle für den Norden als früher“, sagt Ballbach. „China ist dagegen wirtschaftlich viel wichtiger geworden, aber politisch ungefährlicher für Pjöngjang.“
Nach südkoreanischen Angaben betrug der legale Handel zwischen Nordkorea und China 5,63 Milliarden Dollar – mehr als dreimal so viel wie zwischen den beiden Koreas. „China hat massive Einflussmöglichkeiten, ist aber offenbar nicht gewillt, diese einzusetzen“, sagt Ballbach. Deshalb könnte Nordkoreas Maßnahme eine Umorientierung bedeuten. Ballbach sieht Nordkoreas möglichen Schaden vor allem im massiven Verlust der Arbeitsplätze in Kaesong. „Sie sind dort nicht zu ersetzen“, sagt er.
Zuvor hatte Südkoreas Vereinigungsminister Ryoo Kihl Jae für Verwirrung gesorgt. Er ließ sich zitieren, es gäbe Zeichen für Vorbereitung eines vierten nordkoreanischen Atomtests. Später dementierte er.
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