Stress in Nordkorea: US-Bürger steht vor Anklage

In Nordkorea soll ein US-Bürger wegen der „Planung eines Umsturzes“ vor Gericht gestellt werden. Südkorea hat derweil mit dem Abzug der letzten Arbeiter aus Kaesong begonnen.

Alles muss raus: Südkoreaner beim Abzug aus der Sonderzone Kaesong. Bild: ap

PJÖNGJANG/SEOUL ap/afp | Nordkorea will einen US-Bürger vor den Obersten Gerichtshof des Landes bringen. Dem Mann namens Kenneth Bae wird die Planung eines Umsturzes in Nordkorea vorgeworfen, wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Samstag berichtete. Der Beschuldigte habe zugegeben, Verbrechen gegen die Volksrepublik Korea „mit Feindseligkeit“ begangen zu haben. „Seine Verbrechen wurden mit Beweisen belegt“, hieß es in der Meldung.

Den Angaben zufolge wurde ein rasches Urteil erwartet. Ein Zeitplan und eine genaue Erläuterung der Vorwürfe waren zunächst nicht bekannt. Sollte es zu einem Urteil kommen, könnte er lebenslang ins Gefängnis geschickt oder hingerichtet werden.

Bae, der mit seinem koreanischen Namen Pae Jun Ho genannt wurde, war im November in Rason, einer speziellen Wirtschaftszone im Grenzgebiet zu China und Russland, festgenommen worden. Nach Angaben von Freunden, Kollegen und südkoreanischen Aktivisten ist Bae ein christlicher Missionar, der von einer chinesischen Grenzstadt aus häufig nach Nordkorea reiste, um Waisenkindern Lebensmittel zu bringen. Es ist nicht bekannt, ob er versucht hat, in Nordkorea zu missionieren.

Nordkorea garantiert offiziell Religionsfreiheit. In der Praxis gehen die Behörden indes gegen Christen vor, die als vom Westen beeinflusste Bedrohung des kommunistischen Systems betrachtet werden. Das Verteilen von Bibeln und Abhalten geheimer Gottesdienste können Verbannung in ein Arbeitslager bis hin zur Hinrichtung zur Folge haben.

Sechs Festnahmen seit 2009

Bae ist der sechste US-Bürger, der seit 2009 in Nordkorea festgenommen wurde. Die nordkoreanischen Staatsmedien und die US-Regierung veröffentlichten bisher wenig Informationen über ihn. Zwei US-Journalistinnen waren 2009 zu zwölf Jahren Straflager wegen feindseliger Handlungen verurteilt worden, nachdem sie in der Nähe der chinesischen Grenze festgenommen worden waren. Ex-Präsident Bill Clinton reiste daraufhin nach Pjöngjang und handelte mit dem damaligen Staatschef Kim Jong Il ihre Freilassung aus.

Für Nordkorea sei Bae wie ein Faustpfand, erklärte Koh Yu Hwan von der Dongguk-Universität in Seoul. Die kommunistische Führung wolle mit einem Verfahren gegen ihn die USA an den Verhandlungstisch zwingen, sollte die Stimmung in dem Konflikt umschlagen, sagte er.

Der Fall belastet die ohnehin seit einem nordkoreanischen Atomtest im Februar angespannten Beziehungen zwischen Pjöngjang und Washington. In den vergangenen Wochen hatte Nordkorea mehrfach Kriegsdrohungen gegen die USA und Südkorea ausgesprochen.

Abzug südkoreanischer Arbeiter bis Montag

Der Abzug der letzten südkoreanischen Arbeiter aus dem Industriekomplex Kaesong hat am Samstag begonnen. Die ersten elf Arbeiter hätten bei Paju die Grenze zwischen den beiden koreanischen Staaten überquert, teilte das südkoreanische Vereinigungsministerium in Seoul mit. 116 weitere Arbeiter sollten am Nachmittag folgen. Am Montag solle dann mit der Ausreise der letzten 48 Südkoreaner der Abzug aus der gemeinsam betriebenen Industrieanlage beendet werden.

In der grenznahen Sonderwirtschaftszone hatten sich seit 2004 mehr als 120 südkoreanische Firmen angesiedelt. Für sie arbeiteten auch mehr als 50.000 Menschen aus Nordkorea. Südkorea hatte am Freitag alle seine Staatsbürger aufgerufen, die Anlage auf nordkoreanischem Gebiet zu verlassen. Zuvor hatte Nordkorea der Aufforderung des Südens zu Verhandlungen über die gemeinsame Industriezone eine Absage erteilt.

Die Zukunft der wirtschaftlich und symbolisch bedeutenden Sonderzone scheint somit akut bedroht. Obwohl der Industriepark für Pjöngjang ein wichtiger Devisenbringer ist, hatte der Norden Anfang April südkoreanischen Beschäftigten den Zugang verwehrt. Am 9. April zog Pjöngjang zudem alle seine Arbeitskräfte ab. Es begründete den Schritt mit einem von Seoul erwähnten „militärischen“ Notfallplan zum Schutz seiner Beschäftigten in Kaesong.

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