527 Sozialwohnungen zu verkaufen: Deutsche Wohnen will zuschlagen
Am Freitag soll der Kreuzberger Block zwischen Friedrichstraße und Wilhelmstraße verkauft werden. Baustadtrat Florian Schmidt kündigt Widerstand an.
Hier ist Kreuzberg noch bei sich. Zwischen Friedrich- und Hedemann-, Puttkammer- und Wilhelmstraße wohnt die alte Kreuzberger Mischung zu Preisen unterhalb des Mietspiegels. Nun aber sollen die 527 Wohnungen auf einen Schlag verkauft werden. Schon am Freitag könnte der Block aus den 70er Jahren, in dem Sebastian Schipper seinen Kultfilm Viktoria gedreht hat, an die berüchtigte Deutsche Wohnen gehen.
„Vertreter der Deutschen Wohnen waren schon hier und haben sich umgeschaut“, berichtet Eva Walter von der Mietervertretung der Wohnanlage. „Wir haben Mitte April erfahren, dass die Wohnungen verkauft werden sollen.“ Dass die Wohnungen in einem Milieuschutzgebiet liegen, ist für Walter kein Grund zur Beruhigung. „Das ist kein Eckhaus, das man schnell mal kaufen kann“, sagt sie der taz. „Und wenn die Eigentümer die Wohnungen nicht als Ganzes, sondern als Share Deal verkaufen, kann der Bezirk auch kein Vorkaufsrecht ausüben.“
Gebaut wurden die unter Denkmalschutz stehenden 22 Wohnhäuser in der Südlichen Friedrichstadt von 1973 bis 1976 vom Architekten Werner Düttmann. Bauherr war der Kölner Immobilienfonds INIF 3. KG, der die Wohnungen im sozialen Wohnungsbau errichtete. Neben der Deutschen Wohnen verhandelt nach Informationen der taz auch die landeseigene Gewobag mit dem Eigentümerfonds. Offenbar will der aber zum Höchstpreis verkaufen.
Über Twitter hat Florian Schmidt, grüner Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, vor einem solchen Deal gewarnt. Unter dem Hashtag #ausverkauf schreibt er: „500 Sozial-Wohnungen sollen statt an landeseigene Wohnungsbaugesellschaft an Investoren verkauft werden. Da Milieuschutzgebiet, werden wir Vorkauf zum limitierten Preis prüfen.“ Mögliche Käufer werden von Schmidt schon mal vorgewarnt: „Langer Rechtsstreit wahrscheinlich.“
Allerdings ist das Vorkaufsrecht in diesem Fall nur mit viel Geld zu stemmen. Bislang wurde lediglich das Neue Kreuzberger Zentrum mit seinen 367 Wohnungen für 56 Millionen Euro an die Gewobag verkauft. Für weitere 13 Häuser, deren Verkauf in Friedrichshain und Kreuzberg ansteht, unterstützt Schmidt dagegen die Gründung einer Dachgenossenschaft. Der Grund: Bei überteuerten Kaufpreisen müssen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften passen.
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