: Starke Zunahme von Indexmieten
Steigt die Inflation, steigt die Miete: Indexmietverträge haben laut Mieterbund zugenommen. Damit lässt sich Mieterschutz aushebeln
Von Gareth Joswig
Neue Mietverträge sind immer öfter an die Inflation gebunden. 2022 ist laut dem Deutschen Mieterbund (DMB) ein deutlicher Anstieg von Indexmieten bei Neuverträgen zu verzeichnen. Sogenannte indexierte Mietverträge ermöglichen bei hoher Inflation Erhöhungen sogar an der Mietpreisbremse vorbei. Bundesweit seien im Krisenjahr 2022 demnach 30 Prozent aller neuen Verträge an die Inflation gekoppelt worden, so der Mieterbund in einer Mitteilung am Freitag. Laut Berliner Mieterverein sind hier sogar rund 70 Prozent aller Neuverträge Indexmietverträge. Die Zahlen wurden laut DMB in Berlin, Hamburg, Hannover, Köln, Frankfurt und Düsseldorf erhoben und stützen sich auf die Beratungspraxis.
Der Mieterbund forderte den Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf, Indexmieten zu verbieten. DMB-Präsident Lukas Siebenkotten sagte: „Der Anteil der Beratungen dazu hat sich in einem Jahr mehr als verdoppelt. Das ist sozial- und wohnungspolitisch nicht zu verantworten. Der Justizminister muss jetzt endlich handeln.“
2021 habe der Anteil von Indexmieten noch bei 10 bis 15 Prozent gelegen, 2020 sei der Anteil gar marginal gewesen. Die Mieterhöhungen aus der Inflationskopplung hätten zwischen 5 und 15 Prozent, in einigen Fällen gar bei 30 Prozent gelegen, so der DMB. Vermieter*innen nutzten die Möglichkeiten der Inflationsanpassung voll aus. Eigentümer*innen „haben ihren Mietern allein im Krisenjahr 2022 die Kaltmiete um bis zu 15 Prozent erhöht. Die enorm gestiegenen Kosten für Heizung und Strom kommen noch dazu“, sagte Siebenkotten. Indexmieten seien eine unzumutbare Kostenfalle geworden und müssten auch im Bestand stärker begrenzt werden, fordert er. Dafür fordert der DMB ein Kappungsgrenze für bestehende Indexmieten.
Vermieter dürfen Indexmieten einmal im Jahr erhöhen, eine Zustimmung ist nicht erforderlich. Die Erhöhung muss nur schriftlich angekündigt und transparent dargelegt werden. Für Mieter*innen gibt es kaum Möglichkeiten, sich zu wehren, außer die Berechnungen des Vermieters zu überprüfen. Vor dem sprunghaften Anstieg der Inflation durch den russischen Angriffskrieg waren Indexmieten aus Sicht von Mieter*innen vor allem in angespannten Wohnungsmärkten beliebt, weil sie keine Erhöhungen aufgrund des Mietspiegels vorsehen.
Auch die Linke fordert angesichts der Krise ein Verbot von Indexmieten. Die SPD sprach von „Abzocke“, weil Vermietern Inflationskosten nicht im selben Maße entstünden, und forderte ebenfalls Kappungsgrenzen. Der Bundesrat hat im Dezember vergangenen Jahres einen parteiübergreifenden Beschluss „für bezahlbare Mieten auch bei hoher Inflation“ gefasst, der die Bundesregierung zum Handeln auffordert.
Bundesjustizminister Buschmann sieht dennoch keinen Handlungsbedarf, schließlich hätten Vermieter mit Indexmieten lange nicht erhöhen dürfen – „jetzt haben sich zum ersten Mal seit Langem die Verhältnisse gedreht“, so die FDP-Logik. Das lässt nicht nur die ohnehin gestiegenen Lebenshaltungskosten außer Acht, sondern auch, dass neue Indexmietverträge sich am nach Mietpreisbremse maximal Erlaubten orientieren können – und anschließend trotzdem noch steigen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen