25 Jahre Lesben und Schwule in der Union: Subversive am richtigen Ort
Der Verband LSU von CDU und CSU feiert Geburtstag. Er hat dazu beigetragen, dass queere Menschen in bürgerlichen Milieus akzeptiert werden.
S ollte einmal eine Chronik zur queeren Politik der Bundesrepublik der Nachwendezeit geschrieben werden, wäre eine Gruppe unbedingt zu nennen, die am Donnerstag ihren 25. Geburtstag feierte: Es ist die LSU, die Lesben und Schwulen in der Union, zu deren Jubiläum sogar Parteichef Friedrich Merz seine Aufwartung macht. Nun mag – von linker Seite – eingewandt werden, das sei die allerunwichtigste Vereinigung im queeren Politspektrum.
Nur: Wer ist mutiger? Die Linken, die außer sich selbst nie irgendein Publikum erreichen – oder ebenjene Homosexuellen (plus inzwischen einige Transmenschen), die in ihrer konservativen Partei mit allem, nur nicht mit Gratisbeifall zu rechnen hatten?
Eben! Ohne die LSU hätte es für das Projekt „Ehe für alle“, beschlossen 2017 von der letzten Regierung Merkel, ohne Kanzlerinnenzustimmung, aber getragen von relevanten Teilen der Unionsfraktion, keinen Erfolg geben können. Nun gehört es inzwischen zum guten Ton der Queerbewegung, die Ehe für alle, also die Entbiologisierung der zuvor heterosexuell privilegierten Ehe, für einen Fliegenschiss zu halten – was sich andererseits so gar nicht in Einklang bringen lässt mit den politischen Empfindungen der großen Bevölkerungsmehrheit.
Die LSU hat diesen Sinn für das politisch Angemessene und damit Sinnvolle, weil Durchsetzbare, ganz im Sinne von Max Webers Charakterisierung moderner Politik, dessen Trägerinnen* sich auf das Bohren dicker Bretter einzustellen haben. Das macht dieser mittlerweile parteioffizielle Verein seit einem Vierteljahrhundert – und trägt wesentlich dazu bei, dass queere Menschen inzwischen bis in die bürgerlichsten Milieus hinein akzeptiert werden. Wenn man bedenkt, dass gerade die Union von den fünfziger bis in die neunziger Jahre alles an Liberalisierung, Sagbarkeit inklusive, aufzuhalten suchte, war die innerparteiliche Strategie der LSU fulminant erfolgreich.
Jetzt möchte man für sie hoffen, dass Parteichef Merz Lesbisches und Schwules nicht zum karnevalesken Sonderfall der Parteigeschichte erklärt, sondern die Ehe für ein Liebes- und Verantwortungskonstrukt aller erklärt. Die LSU – das waren und sind Subversive an ihrem richtigen Platz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?