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15-Jähriger legt Teilgeständnis abWegen Steinwurf auf Juden vor Gericht

In Hannover hat der Prozess gegen einen 15-Jährigen begonnen, der bei einem Angriff auf eine jüdische Tanzgruppe in Hannover mitgemacht haben soll.

Die Richter vom Jugendgericht Hannover könnten erzieherische Maßnahmen gegen den 15-jährigen Angeklagten verhängen. Bild: dpa

GÖTTINGEN taz/epd/dpa | Vor dem Jugendgericht Hannover hat am Dienstag der Prozess gegen einen 15-Jährigen begonnen, der im vergangenen Sommer einen Stein auf eine jüdische Tanzgruppe geworfen haben soll. Ihm wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Der Angeklagte habe in dem unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Verfahren gleich am ersten Tag ein Teilgeständnis abgelegt, sagte ein Gerichtssprecher.

Laut Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte zusammen mit acht anderen Jugendlichen im Juni 2010 Kieselsteine auf eine Tanzgruppe geworfen und dabei eine Tänzerin am Bein verletzt haben. Vier Steine trafen ihr Ziel, einen davon soll der Angeklagte geworfen haben. Auch antisemitische Parolen sollen gerufen worden sein. Jemand habe durch ein Megafon "Juden raus!" skandiert, berichteten Zeugen. Die Tanzgruppe der Liberalen Jüdischen Gemeinde brach ihren Auftritt auf dem Kulturfest in Hannover daraufhin ab.

Die Tat hatte damals eine Debatte über Antisemitismus insbesondere unter Jugendlichen mit arabischem Hintergrund ausgelöst. Zwar haben fast alle der mutmaßlichen Mittäter des Angeklagten tatsächlich einen arabischen Migrationshintergrund. Er selbst jedoch nicht. Ihm würden auch keine "politischen, antisemitischen oder ethnischen Motive" unterstellt, sagte ein Gerichtssprecher. Er habe vermutlich "einfach mitgemacht".

Die Ermittlungen gegen vier mutmaßliche Mittäter des Jugendlichen wurden unterdessen eingestellt. Drei von ihnen sind laut Ermittlungsakte Kinder und somit nicht strafmündig. Ein 19-Jähriger sei geistig behindert und deshalb nicht schuldfähig. Insgesamt sollen neun Kinder und Jugendliche an der Attacke beteiligt gewesen sein.

Der nun angeklagte 15-Jährige muss sich unabhängig davon wegen Diebstahl, räuberischer Erpressung und Hehlerei verantworten, so der Sprecher. Das Jugendgericht verhandelt diese Vorwürfe gleich mit.

Dem Angeklagten drohen erzieherische Maßnahmen, die der Richter nach dem Jugendstrafrecht anordnen kann. Die Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes, Lamya Kaddor, hatte im Sommer vorgeschlagen, "dass die Täter zum Beispiel Sozialstunden in einer Synagoge ableisten."

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14 Kommentare

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  • TR
    thomos randolf

    Aha. Alle Angreifer waren also Ausländer, angeklagt wurde aber nur der Deutsche.

    Und das kommt den "Journalisten" nicht etwas seltsam vor?

  • JJ
    @ J.S.

    Na, wenns ein Rechter gewesen wäre, dann wäre der politische Hintergrund ja auch klar.

    Und wenn der erstmal nicht klar ist, dann ist man mit solchen Behauptungen eben so lange vorsichtig, bis sie bewiesen sind.

    Das ist nicht rassistisch sondern logisch.

  • S
    Stefan

    Na, wenn von den vier Mittätern drei noch nicht strafmündig und einer nicht schuldfähig ist und der Angeklagte ja nur mitgemacht hat, dann ist das ja eigentlich auch garnicht geschehen.

    Wo bleibt der der empörte Aufschrei von denen, die die gleichen kulturell-religiösen Wurzeln haben wie die meisten Täter, dass diese Tat eine Beleidigung der Religion und Kultur sei?

    Es waren ja nur Kinder - die spielen nur.

  • W
    wolle

    Agressionen gegen jüdische Mitbürger durch islamische Jugendliche treten heutzutage häufig auf, auch gegen christliche Priester, seltsamerweise holen die europäischen Linken dabei nicht die übliche Nazikeule raus...man verhält sich abwartend still. Fast negierend. Misst man hier mit zweierlei Maß weil nicht sein kann was nicht sein darf? Wo bleiben die üblichen Schemata des Denkens und die üblichen Refelexe ?? Hallo???

  • J
    J.S.

    Wäre es ein Rechter gewesen würde man ihm kaum die Ausrede zugestehen es wäre nicht rassistisch oder politisch, sondern er hätte einfach nur mitgemacht. Das ist übelster Rassismus der von einer bestimmten Gruppe ausgeht und genau wie der Rassismus der Nazis bekämpft werden muss. Rassismus ist immer ein Verbrechen und die Deutschen haben darauf kein Monopol. Diese ewige Relativiererei bei Gewalttaten und Rassismus, die von bestimmten Gruppen ausgehen, ist kontraproduktiv. Zum Thema Deutschfeindlichkeit an deutsche Schulen war auch zu lesen, dass früher auch die Deutschen diskriminert haben und es deshalb in Ordnung ist wenn heute ihre Kinder diskrimiert werden. Als würde zweimal Unrecht Recht ergeben.

  • P
    Patricia

    ich will ja nix sagen, aber wenn die täter alle deutsch gewesen wären (bzw ohne migrationshintergrund) dann gäbe es ein riesiges verfahren, alle politiker würden ihr entsetzen zum ausdruck bringen und die eltern der kinder hätten ruckzuck besuch vom jugendamt....schön dass gleiches recht für alle gilt -.-

  • C
    Caro

    wenn ich den Namen Lamya Kaddor schon lese. Liebe taz, bitte informiert euch. Lamya KAddor steht unter dringendem Verdacht, in ihrer Lehrtätigkeit in Münster Schmiergeld von einer Organisation Gadaffis bekommen zu haben.

    Auf ihrer Homepa´ge hetzt sie gegen Kurt Westergaard und zynischer Weise fordert sie von ihm Verständnis von ihm für seinen potentiellen Mörder.

    Man könnte endlos fortfahren. Die Frau ist nicht ganz koscher, sie ist nicht liberal!

  • S
    Suess

    Es ist schon fuer die deutsche "Justiz" typisch, dass weder die Drahtzieher aus dem palaestinenschichen Milieu, noch die Haupttaeter nicht fuer die Rechenschaft gezogen wurden.

    Ein deutsches Bauernopfer muss ran!

  • H
    hank

    Heißt das:

    "Zwar haben fast alle der mutmaßlichen Mittäter des Angeklagten tatsächlich einen arabischen Migrationshintergrund. Er selbst jedoch nicht. Ihm würden auch keine "politischen, antisemitischen oder ethnischen Motive" unterstellt, sagte ein Gerichtssprecher. Er habe vermutlich "einfach mitgemacht".

    die Kinder mit arabischen Hintergrund haben politische, antisemitische oder ethnische Motive? Der einzige ohne Hintergrund aber nicht.

    Das ist dann doch ein bißchen dürftig.

  • F
    fidel

    megageil, als einziger wird der deutsche bestraft.

    das sagt alles über unseren staat.

  • J
    JustMe

    Schlimm, wie weit das in bestimmten Kreisen verbreitet ist. Die Idee von Lamia Kaddor ist an sich gut. Nur müsste man wohl eigentlich die ein oder andren Eltern auch zu Sozialstunden in die Synagoge schicken, denn dieser Hass der Jugendlichen kommt ja nicht von irgendwo.

  • RB
    reyhan bolat

    den fall sollte man auf jeden fall differenziert betrachten.

     

    offensichtlich grassiert antisemitismus unter deutschen jugendlichen. das ist rassismus und gehoert - gerade in deutschland - schwer bestraft.

     

    dass der deutsche nun unmuendige muslimische kinder als komplizen angestiftet hat, um der tat eine pikante note zu verleihen, sehe ich als ausgekluegelten aufruf zum erweiterten rassenhass.

     

    nach meiner meinung sollte der junge, gerne auch die eltern, eine deutliche lektion verpasst kriegen.

  • M
    Michael

    Logisch, mit dem Deutschen kann man es ja machen.......

  • B
    bnrd

    denn der § 3287 StGB lautet: "(1) Wer Gewalt gegen einen Juden anwendet, wird mit Gefängnisstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar".