100 Tage neuer US-Präsident: Obamas Bilanz entzweit Linke
Am 30. April wird US-Präsident Obama 100 Tage im Amt sein. Einige linke Intellektuelle sind enttäuscht. Vizekanzler Steinmeier lobt in der sonntaz dagegen Obamas Performance.
BERLIN Linke Intellektuelle bewerten die ersten 100 Tage von US-Präsident Barack Obama negativ. "Die ersten 100 Tage zeigen starke Elemente der Kontinuität mit der Regierung Bush", schreibt der britische Historiker und Filmemacher Tariq Ali im Streit der Woche der sonntaz. "Wie Obama es in seinem Wahlkampf versprochen hatte, ist er fleißig dabei, den Nato-Krieg in Afghanistan über den Khaiberpass auszudehnen – das hat bereits zur Destabilisierung Pakistans geführt."
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Der US-Präsident ist am 30. April die ersten 100 Tage im Amt. Die Erwartungen seit seiner Wahl im November waren riesig. Nun wird Zwischenbilanz gezogen.
Phyllis Bennis vom Institute for Policy Studies in Washington schreibt: "Obamas Militäretat beträgt 664 Milliarden US-Dollar – 20 Milliarden Dollar mehr als der von Bush. Noch nicht enthalten sind 77 Milliarden Dollar, die Obama für die Kriege in Irak und Afghanistan dieses Jahr noch beantragen will. Will der Präsident wirklich ein zweites Vietnam in Afghanistan und Pakistan?" Der Professor für Völkerrecht und Linken-Abgeordnete im Bundestag, Norman Paech, schreibt Afghanistan, Iran und Palästina zeigten, "wie wenig er die Bush-Spur bisher verlassen hat."
Dagegen zieht Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine positive 100-Tage-Bilanz von Obama. "In der Klimapolitik oder bei der Abrüstung haben wir endlich einen Partner, der selbst mutig vorangehen möchte", erklärt Steinmeier. "Kein Zweifel – über den Atlantik weht ein frischer Wind, eine neue Offenheit. Und selten war das so wichtig wie jetzt." Deutschland müsse jetzt die Chance für einen Neubeginn in den transatlantischen Beziehungen nutzen.
Auch die internationale Generalsekretärin von Amnesty International, Irene Khan, bewertete Obamas erste 100 Tage im Grundsatz positiv. Sie nannte als Beispiele die Anordnung, das Gefangenenlager in Guantánamo binnen eines Jahres zu schließen und seine Position des Präsidenten zu Folter. "Er ist auf dem richtigen Weg, und wir erwarten mehr", sagte Khan. "Er muss Menschenrechtsverletzungen der CIA in Afghanistan angehen." Es sei richtig, dass Obama einen Sitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen wolle. "Aber er muss ihn benutzen, um andere – wie China und Israel – auf den Pfad der Menschenrechte zu ziehen."
Die prominente kubanische Bloggerin Yoani Sánchez schrieb: "In wenigen Monaten hat Barack Obama mehr für die Normalisierung der Beziehungen zu Kuba getan als George W. Bush in seiner gesamten Amtszeit. Wir stehen zwar in Obamas Prioritätenliste nicht ganz oben, aber wir sind auch nicht zur totalen Vergessenheit verdammt."
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