100 Mal Klose im Nationaldress: "So lange mich meine Beine tragen"
Er mag eine unbefriedigende Saison beim FC Bayern München gespielt haben, doch zur WM hat Miroslav Klose mal wieder auf "herausragender WM-Spieler" umgeschaltet.
ERASMIA taz | War es eine Kampfansage an die jüngeren Stürmer oder ein Plädoyer für die Bewegung im Alter? Miroslav Klose sagte jedenfalls: "So lange mich meine Beine tragen, werde ich Fußball spielen." In der Nationalmannschaft für Veteranen wird für Miroslav Klose, 32, immer ein Plätzchen frei sein, aber soweit ist es natürlich noch nicht.
Miroslaw Marian Kloze, im Alter von acht Jahren vom polnischen Opole nach Deutschland übergesiedelt und hier zum Nationalstürmer gereift, spielt bei einem großen Fußballturnier wieder einmal auf höchstem Niveau. Klose ist ein Turnierspieler wie die DFB-Auswahl eine Turniermannschaft ist. Er mag eine unbefriedigende Saison beim FC Bayern München hinter sich haben, als das Eröffnungsspiel dieser WM angepfiffen war, schalteten Kloses Fußballgene auf Extrabetrieb, und aus einem durchschnittlichen Bundesligaspieler wurde plötzlich ein herausragender WM-Angreifer.
"Ich habe immer schon die Fähigkeit besessen, mich auf den Punkt topfit zu präsentieren", sagt Klose. Am Samstag im Viertelfinale gegen Argentinien wird er sein 100. Länderspiel absolvieren. Er hat dann Ulf Kirsten und Hans-Jürgen Dörner eingeholt, die entweder komplett oder zum Teil ihre Spiele im blauen Dress der DDR-Nationalmannschaft absolviert haben. Noch acht Spiele mehr und Klose hat nur noch einen in dieser Statistik vor sich: Rekordnationalspieler Lothar Matthäus mit 150 Einsätzen.
Auch in anderen Ranglisten schickt sich Klose an, Podestplätze zu erobern. Platz drei belegt er bei den erfolgreichsten Länderspieltorschützen - mit 50 Treffern. Vor ihm rangiert nur DDR-Stürmer Joachim Streich (55) und natürlich Gerd Müller mit 68 Toren. Damit nicht genug, hat Klose mittlerweile Jürgen Klinsmann in der Statistik "Bester deutscher WM-Torschütze" auf Platz zwei eingeholt; auch hier führt Müller mit 14 Toren. Klose fehlen also nur noch drei Treffer zur Führung in diesem Klassement. "Und das Schöne dabei ist", sagt Klose mit heiterer Miene, "ich bin noch nicht am Ende, da kann das eine oder andere Tor noch kommen."
Für einen Moment in diesem Turnier schien es so, als wäre Kloses WM-Erfolg in Gefahr. Im Spiel gegen Serbien traf er auf den beckmesserischen spanischen Schiedsrichter Undiano, der ihn nach zwei eher leichteren Fouls im Mittelfeld vom Platz schickte. Klose galt so manchem Beobachter und Experten als Initiator der Niederlage. Auch Bundestrainer Joachim Löw sagte, dass er sich, gelbbelastet wie Klose war, schlauer hätte anstellen können im entscheidenden Zweikampf. "Die Situation kann man auch schon vermeiden", kritisierte Löw ziemlich deutlich, "ich will dem Miro keine böse Absicht unterstellen, aber da kann man auch nebenher laufen."
Das Verhältnis zwischen Löw und Klose ist freilich alles andere als angespannt. Löw vertraut seiner Sturmspitze vollkommen. "Ich habe das Gefühl, gebraucht zu werden", sagt Klose, "und dieses Gefühl ist sehr schön." Ihm kam sicherlich auch entgegen, dass Cacau im Spiel gegen Ghana nicht wirklich überzeugen konnte. Der Profi des VfB Stuttgart kämpft ohnehin mit einer Bauchmuskelzerrung, die er sich im Training zugezogen hat. Klose ist indes fit wie ein Turnschuh.
Gegen Argentinien will er wieder treffen. Das geht, sagt er, natürlich nur mit der Unterstützung des Teams - oder wie Sami Khedira ergänzte, "im Kollektiv". Das Geheimnis des deutschen Erfolges beruhe auf eben diesem Gemeinschaftsgefühl, postulierte Klose: "Wir schweißen uns während des Turniers immer mehr zusammen." Khedira ergänzte: "Bei uns machen nicht Einzelne ihr Ding, sondern das Kollektiv zählt."
England zum Beispiel sei überhaupt nicht als Team aufgetreten, sagte Klose, Deutschland aber schon. Und mit dem besonderen Teamspirit könne man auch locker mal favorisierte Teams wegputzen: "Wenn man die Namen der Argentinier mit unseren vergleicht, dann sind sie auf dem Papier überlegen", sagte Miroslav Klose. "Aber bei den Engländer hat man das auch geglaubt."
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