Schwerpunkt 1. Mai in Berlin

1. Mai in Berlin

Alles zum Tag der Arbeit und der Revolution in Berlin

Am 1. Mai 1987 brachen in Kreuzberg schwere Unruhen aus. Die Berliner Polizei musste sich für mehrere Stunden vollständig aus SO 36, dem östlichen Teil Kreuzbergs, zurückziehen. Seitdem zieht jedes Jahr die „Revolutionäre 1.-Mai-Demo“ durch die Stadt. In ganz Berlin gibt es Demonstrationen und Kundgebungen von Gewerkschaften, Parteien und anderen Organisationen.

Nicht nur in Berlin, sondern weltweit gilt der 1. Mai als Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse.

Berlin und sein 1. Mai

1987: Nach einer morgendlichen Razzia der Polizei im Mehringhof, erobern sich Autonome und Anwohner*innen Kreuzberg 36. Als Symbol für die Mutter aller Schlachten ging der geplünderte und abgefackelte Bolle-Supermarkt in die Geschichte ein. Foto: imago

1988: Autonome rufen erstmals zur „Revolutionären 1. Mai Demo“ auf, 6.000 bis 8.000 Menschen folgen. Die Wiederholung der Randale bleibt aus. Die taz schreibt: „Es war, als ob man einen schlechten Film zum zweiten Mal sieht, (…) ein flauer Abklatsch der legendären Vorjahresrandale“. Foto: imago/ Detlef Konnerth

1992: Im fünften Jahr der Demonstration haben sich die Randale im Anschluss zum Ritual entwickelt. Bis zu 15.000 Personen gehen unter dem Eindruck der rassistischen Vorfälle mit Transpis wie „Nie wieder Deutschland“ auf die Straße. Die taz kritisiert in einem Kommentar den „überholten Revolutionsbegriff“ der westdeutschen Linken. Foto: imago/Kai Bienert

2001: Die Stimmung ist angespannt. CDU-Innensenator Eckart Werthebach verbietet im Vorfeld nicht nur einen NPD-Aufzug, sondern erstmals auch die „Revolutionäre 1. Mai Demo“. Der NPD-Aufmarsch wird vom Gericht doch noch erlaubt … Foto: dpa

… während ein Rekordaufgebot von 9.000 Polizisten das Verbot in Kreuzberg umsetzen soll. Es kommt zu heftigen Krawallen. Das Straßenfest auf dem Mariannenplatz wird geräumt. Foto: dpa

2003: Die Autonomen wollen sich ihren Festtag nicht nehmen lassen und tauschen Steine gegen Wasserwerfer. Derweil erlebt Kreuzberg einen Befriedungsversuch: Das MyFest findet zum ersten Mal statt und bietet ein buntes Bühnenprogramm, um die Randalierer zu vertreiben. Foto: dpa

2005: Aus Protest gegen die behördliche Verlegung der Route sagen die Veranstalter der „Revolutionären 1. Mai Demo“ die Veranstaltung ab und rufen dazu auf, massenweise das MyFest zu besuchen. Nach Polizeiangaben verläuft der Tag so „friedlich“ wie seit 1987 nicht mehr. Foto: dpa

2006: Die Köfte-Grills verbreiten Rauchschwaden in Kreuzberg. Politischer Höhepunkt ist die MayDay-Parade, die mit 4.000 Personen gegen prekäre Arbeitsbedinhungen durch Kreuzberg zieht. Die Autonomen begnügen sich mit einer Spontandemo über das MyFest. Die taz schreibt: „Dieser 1. Mai beglückt die Polizei“. Foto: dpa

2007: 20 Jahre nach dem Kreuzberger Aufstand ist die „Revolutionäre 1. Mai Demo“ zurück. Im Vorfeld zum G8-Gipfel in Heiligendamm ist die linksradikale Szene erwacht und wieder mit 10.000 Menschen auf der Straße zurück. Demonstriert wird mitten durch das Myfest, größere Randale bleiben aus. Foto: dpa

2008: Von dem Front-Transpi „Kapitalismus ist Krieg und Krise“ ist nicht mehr viel zu sehen, nachdem die Polizei die Demospitze stürmt. Die Versammlung wird abgebrochen, es folgen die heftigsten Ausschreitungen seit Jahren. Foto: imago/Christian Schroth

2010: Während sich am Kottbusser Tor vor allem Betrunkene mit der Polizei duellieren, zieht die Demo durch Kreuzberg und Neukölln. In der Masse der 15.000 Personen machen aktionsorientierte Autonome die Minderheit aus. Die Polizei kontrolliert die Lage. Foto: imago/Olaf Wagner

2012: Die Demo-Organisatoren wollten die traditionelle Demo-Route verlassen und zum Bebel-Platz nach Mitte laufen. Die Polizei greift ein, es fliegen Flaschen. Vor dem Jüdischen Museum wird die Versammlung aufgelöst. Foto: dpa

2013: Die Demo erreicht ihr Ziel. Rund 20.000 Personen laufen bis vors Brandenburger Tor. Einige geben sich martialisch, sind aber eigentlich ganz lieb. Foto: dpa

Jedes Jahr von Neuem ist die Demo Anziehungspunkt für Autonome, Touristen und Gaffer. 2014 laufen 20.000 Personen mit – diesmal bis zum Willy-Brandt-Haus der SPD. Zuvor demonstrieren Robo-Cops am Kottbusser Tor ihre Beweglichkeit trotz Panzerung. Foto: dpa

2015 verläuft die „Revolutionäre 1. Mai Demo“ relativ ruhig. Am Ende des Tages wird bemängelt, dass der Kiez wegen der vielen Besucher aus allen Nähten platze. Foto: dpa

2018 erstickt die Revolutionäre Demo im MyFest, 45 Minuten quält sie sich durch Menschenmassen – ohne inhaltliche oder akustische Akzente zu setzen. Die ausdrucksstärkste Demo des Tages findet im Grunewald statt Foto: dpa

2020 kann die Demo aufgrund von Corona nicht wie gewohnt stattfinden, stattdessen kommt es in Kreuzberg zu einem Katz- und Maus-Spiel zwischen Demonstrierenden und der Polizei. Foto: dpa

2021: Die Migrantifa ist federführend in die Organisation eingestiegen und versucht die Revolutionäre Demo anschlussfähiger auch für Leute außerhalb der Szene zu machen. Das Ergebnis: mit bis zu 25.000 Teilnehmer:innen ist die Demo so groß wie nie. Ein Angriff der Polizei beendet sie allerdings frühzeitig. Foto: dpa

2024 zieht die Revolutionäre 1. Mai-Demo erstmals nicht nach Kreuzberg, sondern bleibt in Neukölln. Inhaltlich steht sie ganz im Zeichen der Solidarität mit Palästina. Die Autonomen haben sich zurückgezogen; Zwischenfälle gibt es keine. Foto: dpa

2024: „Wir sind die Töchter der Hexen, die ihr nicht verbrennen konntet.“ Unter diesem Kampfruf erobern tausende wütende Flinta* jedes Jahr bei der „Take back the Night“-Demo die Straßen. Am Vorabend vom 1. Mai nehmen sie sich die Walpurgisnacht zurück – die Nacht, in der Hexen sich verbünden, sichtbar machen und feiern. Was Hexen und Queerfeminist*innen eint? Der Widerstand gegen patriarchale Unterdrückung. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Demonstrant mit Megafon vor dem Berliner Fernsehturm

Konferenz gewerkschaftlicher Erneuerung

„Dagegen hilft nur Druck in den Betrieben“

Die Streikkonferenz sucht nach gewerkschaftlichen Antworten auf Kürzungspolitik, Rechtsruck und Klimakrise. Ein Gespräch mit Organisatorin Fanny Zeise.

Interview von Jonas Wahmkow

2.5.2025

Ein Blech ganz unterschiedlicher Bratwürste

Politische Strahlkraft des 1. Mai

Die Bratwurst kann auch vegan sein

Kommentar von Anna Klöpper

Der 1. Mai ist zur Folklore geworden. Dabei sind die Forderungen, die an diesem Tag erhoben werden, wichtiger denn je.

1.5.2025

Ein Platz mit vielen Menschen, Luftaufnahme

1. Mai Demo

Revolutionäre ohne Polizei

Die größte linksradikale Demo des Landes zieht wieder die Massen an – die Polizei hält sich raus. Ein Bericht über Party, Rap und Daniela Klette.

Von Erik Peter und Timm Kühn

1.5.2025

Menschen tanzen in Kostümen auf der Straße

Berlin-Grunewald

Raketenstimmung in „Cape Gruneval“

Der Protest am 1. Mai im Berliner Grunewald-Viertel stand unter dem Motto „Milliardäre zum Mars“. 1800 Menschen kamen laut Polizei – teils als Aliens.

Von Erik Peter und Timm Kühn

1.5.2025

Zwei bunt gekleidete Menschen stehen auf einer Bühne, dahiner eine Rakete mit der Aufschrift "MyAss"

1. Mai in Berlin

Kampftag zwischen Sternis und Raketen

Am Tag der Arbeit gleicht Berlin einem politischen Volksfest. Die taz rekonstruiert das Geschehen bis zur revolutionären Abenddemo.

Von Erik Peter, Timm Kühn, Lotte Laloire, Johanna Weinz und Lilly Schröder

1.5.2025

Walpurgisnacht in Berlin

Macker vermöbeln, Hexhex!

Tausende Flinta* gehen am Mittwochabend gegen das Patriarchat und den globalen anifeministischen Backlash auf die Straße. Die Demo bleibt friedlich.

Von Lilly Schröder

1.5.2025

Historische Aufnahme von Kindern, die über Straßenpflaster in Berlin hüpfen

Fliegende Steine

Ein heißes Pflaster

Der Pflasterstein bestimmt Berlins Straßenbild und autonome Folklore. Der Granit stammt aus dem polnischen Strzegom. Ein Ortsbesuch zum 1. Mai.

Von Uwe Rada

30.4.2025

Ein zerrissenes Plakat an einer Hauswand, auf dem zum feministischen Block auf dem 1. Mai aufgerufen wird. Dargestellt ist eine Frau, die Stacheldraht durchtrennt

Demos am 1. Mai in Berlin

Auf die Straße nicht trotz, sondern wegen allem

Kolumne Bewegung von Timm Kühn

Vieles am 1. Mai fühlt sich aufgebraucht an – und doch erfüllt der Tag weiter eine wichtige Funktion. Die taz-Übersicht zu allen Terminen.

30.4.2025

Gewalt gegen Frauen

Von der Witch zur Bitch

Die Hexenverfolgung ist in Europa vorbei, doch der Hass auf selbstbestimmte Flinta* ist geblieben. Sie kämpfen durch emanzipatorische Aneignung zurück.

Von Lilly Schröder

30.4.2025

Hexen in Berlin

Die Antifa-Hexe

Rosa Ray ist eine Neuköllner Stadthexe. Ihre Magie richtet sich gegen Gentrifizierung, rassistische Cops und rechte Hetzer.

Von Lilly Schröder

29.4.2025

Satirische Demo am 1. Mai im Jahr 2024 in Berlin. Ein Demolauti mit der Aufschrift "Villain Viertel", drum herum viele Menschen

Quartiersmanagerin über 1. Mai

„Eine klare Win-win-Situation“

Die hedonistische MyGruni-Demo im Villenkiez Grunewald setzt in diesem Jahr auf eine neue Strategie: Superreiche sollen ins All geschossen werden.

Interview von Timm Kühn

29.4.2025

Bunte Pyrofackeln werden im schwarzen Block hochgehalten

Revolutionärer 1. Mai-Demo

Hammer entspannt

Die 18-Uhr-Demo hat wieder einen Schwarzen Block, der zur Solidarität mit Antifas aufruft. Die Polizei macht sich wenig Sorgen.

Von Erik Peter

28.4.2025

Hinter einem Helikopter mit der Aufschrift Bundespolizei wird eine Frau in Handschellen von Polizisten abgeführt

Revolutionäre 1. Mai-Demo in Berlin

Daniela Klette als Rednerin angefragt

Die Veranstalter der 1.-Mai-Demo in Berlin wollen eine Rede von Daniela Klette verlesen. Die Ex-RAF-Angehörige hat sich mehrfach aus der Haft zu Wort gemeldet.

Von Hanno Fleckenstein

18.3.2025