+++ Nachrichten im Ukrainekrieg +++: Scholz wirbt um Vertrauen
Der Bundeskanzler hat beim Landesparteitag in Husum um Vertrauen in die Sicherheitspolitik seiner Regierung geworben. Ukraine erhält Leichen zweier Briten bei Gefangenenaustausch.
Scholz wirbt bei Nord-SPD um Vertrauen in Sicherheitspolitik
Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei einem Landesparteitag der schleswig-holsteinischen SPD um Vertrauen in die Sicherheitspolitik seiner Regierung geworden. „Vertrauen Sie mir, vertrauen Sie dieser Regierung.“ Er werde weiter abgewogen handeln, sagte er am Sonntag in Husum zum inzwischen fast ein Jahr dauernden Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.
Zu Waffenlieferungen an die Ukraine sagte Scholz, jede Entscheidung werde sorgfältig abgewogen. „Wir haben nie alleine gehandelt. Ich bin ganz sicher, das ist richtig so.“ Er wisse, dass viele Menschen hinter dieser Haltung stünden, sagte der Bundeskanzler. „Wir unterstützen die Ukraine, und gleichzeitig wollen wir alles dafür tun, dass dieser Krieg nicht zu einem Krieg eskaliert zwischen Russland und der Nato.“
Es sei die ganz große Errungenschaft von Willy Brandt und Helmut Schmidt gewesen, dafür zu kämpfen, dass Frieden und Sicherheit in Europa gewährleistet werden. „Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verschoben werden“, sagte Scholz. Man dürfe sich nicht zynisch damit abfinden, dass Länder zum Hinterhof eines anderen Landes gemacht werden. „Niemand ist der Hinterhof eines anderen Landes.“ (dpa)
Ukraine erhält Leichen zweier Briten bei Gefangenenaustausch
Bei dem jungsten Gefangenaustausch mit Russland hat die Ukraine auch die Leichen von zwei bei einem Hilfseinsatz getöteten Briten zurückerhalten. „Wir haben es geschafft, die Leichen von toten ausländischen Freiwilligen zurückzuerhalten“, teilte der Leiter des Präsidentenbüros in Kyjiw, Andrij Jermak, am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Die beiden dort namentlich genannten Briten im Alter von 28 und 48 Jahren hatten im Osten der Ukraine geholfen, Zivilisten aus Kampfgebieten herauszuholen. Jermak veröffentlichte auch ein Video und Fotos von den zuvor freigelassenen 116 ukrainischen Gefangenen.
Im Januar hatte der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, mitgeteilt, die Leiche eines vermissten Briten samt Ausweis sowie die Dokumente eines zweiten britischen Staatsbürgers gefunden zu haben. Später teilte das britische Außenministerium in London unter Berufung auf die Familienangehörigen mit, dass die vermissten Männer tot seien. Der Mitteilung zufolge starben sie beim Versuch einer Evakuierung aus der Stadt Soledar. Die Stadt ist nun unter russischer Kontrolle.
„Wir machen weiter. Wir bringen jeden zurück“, sagte Jermak nach dem größten Gefangenenaustausch seit Jahresbeginn. Nach Russland durften im Gegenzug 63 Gefangene zurückkehren. In dem seit fast einem Jahr dauernden Krieg, der am 24. Februar begonnen hat, haben die Ukraine und Russland immer wieder Gefangene ausgetauscht. Allein die Ukraine konnte nach Angaben von Präsident Selenski bisher 1.762 ukrainische Bürger aus der Gefangenschaft befreien. (dpa)
EU-Preisdeckel für Diesel und Heizöl aus Russland tritt in Kraft
Der von der Europäischen Union, den G7-Staaten und Australien beschlossene Preisdeckel für russische Ölprodukte gilt ab Sonntag. Die Preisobergrenzen liegen bei 100 US-Dollar pro Barrel (rund 93 Euro für 159 Liter) für Kraftstoffe wie Diesel, Kerosin und Benzin und 45 Dollar (rund 42 Euro) pro Barrel für Produkte wie Heizöl. Die Höhe war zuvor innerhalb der EU umstritten gewesen, am Freitagabend kam es jedoch zu einer Einigung.
„Dieser Beschluss wird die Einnahmen Russlands noch stärker beschneiden und seine Fähigkeit zur Kriegsführung in der Ukraine einschränken“, erklärte die EU-Kommission am Samstag. Bereits Anfang Dezember hatten die EU, die G7 und Australien einen Deckel für russisches Rohöl von 60 Dollar pro Barrel verhängt. (afp)
Selenski räumt „schwierige Lage“ an der Front ein
Die Lage an der Front in der Ukraine wird nach den Worten von Präsident Selenski „schwieriger“. „In den 346 Tagen dieses Krieges habe ich oft gesagt, dass die Lage an der Front schwierig ist und dass sie immer schwieriger wird“, sagte der ukrainische Präsident am Samstag in seiner täglichen Videoansprache.
„Jetzt sind wir wieder an einem solchen Punkt. Einem Punkt, an dem die Besatzer zunehmend ihre Kräfte mobilisieren, um unsere Verteidigung zu durchbrechen“, fügte Selenski hinzu. Die Lage in „Bachmut, Wuhledar, Lyman und anderen Regionen“ sei schwierig.
Laut der Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar konnte die Ukraine einen Angriff auf Bachmut erfolgreich abwehren: „In dieser Woche haben die russischen Besatzungstruppen alle Anstrengungen unternommen, um unsere Verteidigung zu durchbrechen und Bachmut einzukesseln.“ Aber dank der „Widerstandsfähigkeit unserer Soldaten“ sei ihnen dies nicht gelungen, fügte sie hinzu.
Zuvor hatte das ukrainische Verteidigungsministerium erklärt, Russland konzentriere „seine Hauptanstrengungen auf die Durchführung von Offensivoperationen in die Richtungen Kupjansk, Lyman, Bachmut, Awdijiwka und Nowopawliwka“ in der Ostukraine. In Awdijiwka an der Frontlinie in der Region Donezk gab es nach ukrainischen Behördenangaben am Samstagmorgen „massiven“ Artilleriebeschuss. In der Nacht hatten demnach bereits Raketen die Stadt Kramatorsk getroffen.
In der Provinz Saporischschja im Süden des Landes seien Granaten in 26 Orten auf „zivile Infrastruktur“ niedergegangen, hieß es weiter. (afp)
Selenski entzieht mehreren prorussischen Politikern die Staatsbürgerschaft
Der ukrainische Präsident Selenski entzieht mehreren ehemaligen prorussischen Politikern des Landes die ukrainische Staatsbürgerschaft. „Ich habe die entsprechenden Dokumente unterzeichnet, um unseren Staat vor denjenigen zu schützen, die auf der Seite des Aggressors stehen“, sagte Selenski in seiner nächtlichen Videoansprache. Seit Februar vergangenen Jahres hat die Ukraine bereits einer Reihe von Personen die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen sowie Hunderte von russischen und belarussischen Staatsbürgern und Unternehmen mit Sanktionen belegt.
Russische Raketen im Zentrum Charkiws eingeschlagen
Zwei russische Raketen sind nach Aussagen des Bürgermeisters im Zentrum der ukrainischen Stadt Charkiw eingeschlagen. Eine Rakete habe ein Wohngebäude getroffen, schreibt Bürgermeister Ihor Terechow auf Telegram. „Im Moment ist bekannt, dass in einem der Wohnhäuser ein Feuer ausgebrochen ist und eine Person verletzt ist.“ (rtr)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?