+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg+++: Schutzzone um AKW Saporischschja

Russland will die Forderung der Internationalen Atomenergiebehörde umsetzten. Der polnische Agrarminister ist nach Bauernprotesten gegen den Preisverfall durch günstige ukrainische Getreideimporte zurückgetreten.

Die russische Kinderbeauftragte Maria Lwowa-Belowa

Ein Mitglied der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) vor dem Atomkraftwerk in Saporischja am 29.3 Foto: IAEA/reuters

Moskau sagt Unterstützung für Schutzzone

Russland will nach eigenen Angaben die Forderung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nach einer Schutzzone um das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine unterstützen. Moskau sei bereit, an der Umsetzung der Initiative von IAEA-Chef Rafael Grossi mitzuarbeiten, teilte die staatliche russische Atombehörde Rosatom am Dienstag nach einem Treffen ihrer Vertreter mit Grossi in der Ostseeregion Kaliningrad mit. Der Argentinier bemüht sich, mittels einer Pendeldiplomatie zwischen Russland und der Ukraine eine Lösung für das von Moskau besetzte Atomkraftwerk zu erreichen.

Die IAEA versucht seit Monaten, um das Gelände der Nuklearanlage eine Schutzzone einzurichten, um die Gefahr einer atomaren Katastrophe zu bannen. Grossi selbst war bereits zweimal im Kernkraftwerk – zuerst im September letzten Jahres, nun noch einmal Ende März. In der Ukraine sprach er dabei in der vergangenen Woche auch mit Präsident Wolodymyr Selenskyj, in Kaliningrad traf er eigenen Angaben nach „hochrangige Vertreter verschiedener Behörden“. Er habe dabei noch einmal auf die Dringlichkeit einer Lösung für das Kraftwerk hingewiesen.

Das AKW wurde inzwischen in den Kaltbetrieb versetzt, die Reaktoren wurden heruntergefahren. Die Anlage wird von außen mit Strom versorgt. Nach Beschuss musste das Kraftwerk schon mehrfach über den Notstrombetrieb mit Dieselgeneratoren versorgt werden. (dpa)

Nach Bauernprotesten: Polens Landwirtschaftsminister tritt zurück

Nach anhaltenden Bauernprotesten gegen den Preisverfall durch günstige ukrainische Getreideimporte ist Polens Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk zurückgetreten. Die grundlegende Forderung der Landwirte sei von der EU-Kommission nicht erfüllt worden, sagte Kowalczyk am Dienstag bei seiner Rücktrittserklärung. Die EU-Kommission habe gerade einen Entwurf für die Verlängerung der zoll- und quotenfreien Getreideeinfuhren aus der Ukraine um ein weiteres Jahr vorgelegt, so Kowalczyk weiter. Polen und vier weitere EU-Mitgliedsländer aus Mittelosteuropa hatten kürzlich von Brüssel Hilfsmaßnahmen für die unter Druck geratenen Landwirte gefordert.

Die Ukraine ist einer der weltweit größten Getreideexporteure. Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatten Polen und andere Länder in der Region angeboten, beim Transit des ukrainischen Getreides in Drittländer zu helfen, da Russland die traditionellen Handelsrouten blockierte. Doch mit dem Weitertransport hapert es – unter anderem auch deshalb, weil die Kapazität der polnischen Häfen ausgeschöpft ist.

In Polen wie auch in Bulgarien war es in den vergangenen Tagen zu Protesten von Landwirten gekommen. Sie beklagen, dass günstige Getreideexporte aus der Ukraine zu Preiseinbrüchen geführt haben. Wenige Monate vor Beginn der Ernte gibt es zudem die Sorge, dass die Speicher mit ukrainischem Getreide gefüllt sind und diese die heimische Produktion nicht aufnehmen können. (dpa)

Baerbock fordert Nato-Verbündete zur besseren Abstimmung militärischer Mittel auf

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Nato-Verbündeten dazu aufgefordert, die militärischen Mittel besser miteinander abzustimmen. „Mir ist wichtig, dass es hier nicht rein um Zahlen geht“, sagte sie am Rande des Außenministertreffens der Nato-Mitgliedsstaaten am Mittwoch. „Die gemeinsame Wehrhaftigkeit muss gestärkt werden.“

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe gezeigt, „dass wir zwar ein gemeinsames Bündnis sind, unsere Fähigkeiten aber eben nicht im besten Sinne aufeinander abgestimmt sind“, sagte die Ministerin. Statt nur an eigene Systeme zu denken, sollten die Nato-Mitgliedsstaaten die Kompatibilität der Rüstungssysteme im Blick haben, „damit die Munition miteinander harmonieren kann, damit die neuen Beschaffungen, die anstehen, auch ihre Fähigkeit gemeinsam teilen können“.

Das sicherzustellen sei die herausforderndste Aufgabe des Gipfels, damit „am Ende nicht eigene nationale Industrieinteressen diese Nato-Fähigkeit konterkarieren – weil jeder eher an sein eigenes System denkt und nicht, wie diese Systeme miteinander funktionieren können“. Besonders bei der Luftverteidigung gebe es dringend zu schließende Lücken, sagte Baerbock weiter. (afp)

Moskau will die vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchte Kinderkommissarin vor den UN reden lassen

Russland will seine vom Internationalen Strafgerichtshof per Haftbefehl gesuchte Kinderrechtskommissarin Maria Lwowa-Belowa im UN-Sicherheitsrat zu Wort kommen lassen. Lwowa-Belowa solle am Mittwoch als Hauptrednerin per Video in ein informelles Treffen des Sicherheitsrates zugeschaltet werden, teilte die russische UN-Vertretung mit. Sprechen sollten auch ihr Berater für humanitäre Programme und Menschen- und Kinderrechtskommissare aus der von Russland teilweise besetzten Region Donezk.

Der IStGH hatte Mitte März Haftbefehl gegen Lwowa-Belowa und Präsident Wladimir Putin erlassen, weil sie mutmaßlich für die rechtswidrige Deportation von Kindern und Umsiedlungen aus besetzten Gebieten der Ukraine in die Russische Föderation verantwortlich sind. Russland, das dem IStGH nicht angehört, wies dies als Unverschämtheit zurück und kündigte an, die „wahre Situation“ der Kinder im Sicherheitsrat mit „objektiven Informationen“ zu belegen.

Die USA und Großbritannien kündigten an, sie würden ihre Botschafter nicht in die Sicherheitsratssitzung schicken. Großbritannien erklärte, es habe die Übertragung der Sitzung aus Protest unterbunden. „Die Tatsache, dass sie jemanden einladen, der vom Internationalen Strafgerichtshof angeklagt ist, spricht für sich“, sagte der stellvertretende britische UN-Botschafter James Kariuki. Falls Lwowa-Belowa etwas zu ihrem Vorgehen zu sagen habe, könne sie das vor dem IStGH in Den Haag tun.

Die russische UN-Vertretung betonte, ukrainische Kinder seien aus gefährdeten Gebieten evakuiert worden. Es sei falsch, dies als Entführung oder Versuch darzustellen, ihnen durch Adoptionen in russische Familien ihre ukrainische Identität zu nehmen. „Ein solcher Standpunkt ist nicht nur unbegründet und unlogisch, sondern auch unmenschlich, weil er praktisch dazu aufruft, verwaiste oder unversorgte Kinder inmitten von Feindseligkeiten zurückzulassen“, erklärte die UN-Vertretung. (ap)

Selenski zu erstem offiziellen Besuch in Polen eingetroffen

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski ist am Mittwoch zu seinem ersten offiziellen Besuch in Polen eingetroffen. „Der Präsident hat die polnische Grenze überschritten, er befindet sich auf polnischem Territorium“, sagte der polnische Präsidentenberater Marcin Przydacz im polnischen Fernsehsender TVN24.

Geplant ist, dass Selenski Warschau besucht. Neben seinem Kollegen Andrzej Duda und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki will Selenski auch in Polen lebende Landsleute treffen. Das EU- und Nato-Mitgliedsland Polen ist ein wichtiger Unterstützer der Ukraine und hat besonders viele Kriegsflüchtlinge aus dem Nachbarland aufgenommen.

Es ist die dritte Auslandsreise Selenski seit Beginn des Krieges in der Ukraine. Im Dezember hatte der ukrainische Präsident Washington besucht. Anfang Februar führte er zunächst Gespräche in London und Paris, bevor er zu einem EU-Sondergipfel in Brüssel weiterreiste. (afp)

Drohne in der Nähe von AKW in Saporischschja abgestürzt

In der Nähe des Atomkraftwerks Saporischschja ist nach russischen Angaben eine ukrainische Drohne abgestürzt. Sie stamme aus polnischer Produktion und habe mehr als zwei Kilogramm gewogen, meldet die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf einen russischen Militäroffizier. Wann sich der Absturz ereignet haben soll, wird in dem Bericht nicht erwähnt. Im Laufe des Tages wird der Chef der UN-Atomaufsicht IAEA, Rafael Grossi, in Russland erwartet. Er dringt auf die Einrichtung einer entmilitarisierten Zone rund um Europas größtes Akw. Die Anlage ist während des Krieges mehrfach unter Beschuss geraten. Die Ukraine und Russland geben sich dafür gegenseitig die Schuld. (rtr)

Habeck: Deutschland darf nicht zur Kriegspartei in der Ukraine werden

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hat mit Blick auf die Unterstützung der Ukraine noch einmal die Grenze des deutschen Engagements aufgezeigt. „Wir dürfen nicht Kriegspartei werden. Das ist wichtig, dass diese Grenze immer gewahrt bleibt“, sagte er am Mittwoch im Deutschlandfunk. Das spiele in allen Überlegungen der Unterstützung der Ukraine eine große Rolle, sagte Habeck vor seiner Rückfahrt von seinem zweitägigen Besuch in Kiew.

„Es ist immer eine Abwägung, wo ein Schritt möglicherweise so weit geht, dass wir in den Krieg aktiv eingezogen werden“, erklärte Habeck, der auch Bundeswirtschaftsminister ist. Auf die Frage, wo er persönlich eine rote Linie ziehe, sagte er: „Deutsche Truppen in der Ukraine zu haben.“ Der Grünen-Politiker und auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatten bereits mehrfach erklärt, Deutschland dürfe nicht zur Kriegspartei werden.

Habeck war am Montagmorgen mit einer deutschen Wirtschaftsdelegation in die Ukraine gereist, wo er auch Regierungsvertreter traf. Themen der Reise waren der Wiederaufbau der von Russland angegriffenen Ukraine und die Zusammenarbeit im Energiebereich. Auch über eine stärkere Präsenz deutscher Unternehmen in dem vom Krieg gezeichneten Land hatte Habeck gesprochen.

Um deutschen Firmen unter diesen Bedingungen die Arbeit in der Ukraine schmackhaft oder überhaupt möglich zu machen, sichert die Bundesregierung deren Investitionen ab. Das Risiko dafür müsse man mit der Perspektive der Hoffnung abwägen, welche die Ukraine brauche, sagte Habeck im Deutschlandfunk. „Neben dem starken Willen zum Wiederaufbau und, wie ich finde, den beeindruckenden Mut der Menschen, nach vorne zu schauen, hat das Land eben auch unfassbar gelitten.“ Die Unterstützung des Landes sei gerechtfertigt und notwendig. (dpa)

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