+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Deutschland zu Sicherheitsgarantien für Ukraine bereit
Bundeskanzler Merz sagt, dass Deutschland sich bei „Finanzierung, Bewaffnung und Ausbildung ukrainischer Streitkräfte“ einbringen werde. Selenskyj wirft Moskau Verzögerungstaktik vor.

Deutschland will im Falle einer Verhandlungslösung zu Sicherheitsgarantien beitragen
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erklärte nach der Videoschalte mit den Verbündeten, dass Deutschland im Falle einer Verhandlungslösung bereit sei, „entscheidend zu starken Sicherheitsgarantien für die Ukraine beizutragen“. Deutschland werde sich insbesondere bei der „Finanzierung, Bewaffnung und Ausbildung ukrainischer Streitkräfte“ einbringen. Aus Regierungskreisen hatte es zuvor geheißen, dass der deutsche Beitrag zu den Sicherheitsgarantien eine Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung umfassen könne.
Über ein militärisches Engagement wird Deutschland nach Angaben von Regierungssprecher Stefan Kornelius „zu gegebener Zeit entscheiden, wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind“. Dies betreffe unter anderem „Art und Umfang eines Engagements der USA sowie das Ergebnis eines Verhandlungsprozesses“. (afp)
Macron: Koalition will „keinen Krieg gegen Russland führen“
Mindestens 26 Länder wollen sich nach Angaben Frankreichs an einem möglichen Einsatz in der Ukraine im Fall eines Waffenstillstands mit Russland beteiligen. Diese hätten sich verpflichtet, „Soldaten im Rahmen einer Absicherungstruppe zu entsenden oder auf dem Boden, im Meer oder in der Luft präsent zu sein“, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag nach Beratungen der „Koalition der Willigen“ in Paris.
Macron zufolge sollen die vereinbarten Sicherheitsgarantien „am Tag der Beendigung des Konflikts“ durch eine Waffenruhe, einen Waffenstillstand oder einen Friedensvertrag in Kraft treten. Es gehe keineswegs darum, „einen Krieg gegen Russland zu führen“, sondern darum, einen möglichen Frieden abzusichern. Die ukrainische Armee müsse weiter unterstützt werden, um ihre Verteidigungsfähigkeiten zu stärken und um „Russland von einer erneuten Aggression abzuschrecken“, fügte Macron hinzu.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte den Verbündeten für ihre Bereitschaft, Truppen zur Absicherung eines möglichen Waffenstillstands in die Ukraine zu entsenden. Zum ersten Mal seit langer Zeit sei „ein solch ernsthafter konkreter Fortschritt“ erzielt worden.
Zum Abschluss ihrer Beratungen sprachen mehrere europäische Staats- und Regierungschefs per Videoschalte mit US-Präsident Donald Trump. Konkrete Zusagen der USA wurden im Anschluss aber nicht vermeldet. (afp)
Selenskyj wirft Russland Verzögerung eines Treffens vor
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Russland erneut Verzögern eines Treffens zwischen ihm und Kremlchef Wladimir Putin vorgeworfen. „Ich finde, dass Russland alles tut, um ein Treffen hinauszuzögern“, sagte er bei einer Pressekonferenz in Paris.
„Wenn du willst, dass kein Treffen stattfindet, dann lädst du mich nach Moskau ein“, so Selenskyj. Aber es sei „nicht schlecht“, dass Russland über ein mögliches Treffen spreche.
Der Kremlchef hatte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz gesagt, Selenskyj könne nach Moskau kommen, wenn es die Aussicht auf ein gutes Ergebnis gebe. Der Ukrainer sagte wiederum, dass er von dem Vorschlag von den „amerikanischen Partnern“ erfahren habe.
Selenskyj fordert immer wieder ein direktes Treffen mit dem Kremlchef für Verhandlungen über einen Waffenstillstand in dem seit mehr als dreieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieg. Moskau betont immer wieder nur zu einem Treffen bereit zu sein, wenn es gut vorbereitet sei. (dpa)
GPS-Störung wird nicht ermittelt
Nach der mutmaßlich auf Russland zurückzuführenden GPS-Störung eines Flugzeugs mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an Bord will Bulgarien nicht zu dem Vorfall ermitteln. „Es gibt keinen Grund, eine Untersuchung einzuleiten“, sagte der bulgarische Regierungschef Rossen Scheljaskow am Dienstag in Sofia. Störungen wie diese würden „nicht als hybride Bedrohungen oder Cyberbedrohungen“ eingestuft.
Eine Sprecherin der EU-Kommission hatte am Montag bestätigt, dass es vor der Landung des Flugzeugs in Bulgarien am Sonntag GPS-Störungen gegeben habe. Russland werde verdächtigt, hinter der Störung zu stecken. Das Flugzeug konnte sicher auf dem Internationalen Flughafen von Plowdiw im Süden Bulgariens landen, ohne die Route ändern zu müssen. Von der Leyens Besuch in Bulgarien war Teil einer mehrtägigen Reise der EU-Kommissionspräsidentin durch sieben EU-Staaten, die an Russland oder Belarus grenzen.
Störungen wie die des Flugzeugs sind keine Seltenheit. „Seit dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine erleben wir, was man einen elektronischen Krieg nennt“, sagte Scheljaskow. „Diese Störungen zielen nicht auf ein bestimmtes Flugzeug ab.“ Sie seien „nichts Ungewöhnliches“, sondern leider eine der Konsequenzen solcher militärischen Konflikte, betonte er. (afp)
Auch US-Sondergesandter Witkoff bei Paris-Gipfel
Der US-Sondergesandte Steve Witkoff wird einem Diplomaten zufolge zur Konferenz der Unterstützerstaaten der Ukraine in Paris erwartet. Rund 30 Staats- und Regierungschefs beraten dort mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj über künftige Sicherheitsgarantien für Kyjiw. Die Teilnehmer des teils virtuellen Treffens der „Koalition der Willigen“ hoffen, die USA von einer Unterstützung ihrer Bemühungen für den Fall eines Waffenstillstands mit Russland überzeugen zu können.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte am Mittwoch erklärt, die Koalition werde die von ihren Militärs fertiggestellten Pläne am Donnerstag billigen. Die Gespräche darüber waren jedoch zuletzt ins Stocken geraten, da mehrere europäische Regierungen für ihr militärisches Engagement eine Sicherheitszusage der USA als Absicherung fordern. US-Präsident Donald Trump hat eine solche Zusage bisher nicht explizit gegeben. (rtr)
Berlin will Vorschlag für deutschen Beitrag machen
Die Bundesregierung will beim Treffen der sogenannten Koalition der Willigen am Donnerstag in Paris konkrete Vorschläge für einen deutschen Beitrag zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine unterbreiten. Dabei geht es insbesondere um eine Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung und ihrer offensiven militärischen Fähigkeiten, hieß es am Donnerstag aus Berliner Regierungskreisen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.
Eine solche Unterstützung sei aber an Voraussetzungen gebunden – etwa eine Beteiligung der USA an der Friedenssicherung und Russlands Bereitschaft zu Verhandlungen.
Geplant ist demnach bei der deutschen Unterstützung für die Luftverteidigung ein Zuwachs von 20 Prozent pro Jahr mit Blick auf die Zahl der Waffensysteme und deren Effektivität – entsprechende Informationen des „Spiegel“ wurden AFP aus Regierungskreisen bestätigt.
Zudem sollen die offensiven Luftfähigkeiten Kyjiws verbessert werden – auch mit weitreichenden Präzisionswaffen wie Marschflugkörpern, die in der Ukraine mit finanzieller und technologischer Unterstützung hergestellt werden sollten. Ein weiterer Punkt sieht demnach vor, der Ukraine die Ausrüstung für vier mechanisierte Infanteriebrigaden bereitzustellen, darunter auch Schützenpanzer.
Weitere zentrale Bestandteile der Sicherheitsgarantien sind nach den deutschen Vorstellungen die fortgesetzte Ausbildung ukrainischer Soldaten und eine enge Verzahnung der Rüstungsindustrien der Ukraine und europäischer Staaten. Die Beteiligung an einer Friedenstruppe schließt die Bundesregierung bislang zwar nicht aus. Sie hält die Entscheidung dafür aber noch für verfrüht.
In Berliner Regierungskreisen hieß es dazu am Donnerstag, Deutschland werde nicht mit konkreten Zusagen für Sicherheitsgarantien in Vorleistung gehen, wenn nicht auch die USA und Russland sich bewegten. Voraussetzung für einen deutschen Beitrag zu Sicherheitsgarantien sei zudem eine Einigung innerhalb der Bundesregierung und eine Zustimmung des Bundestags. (rtr)
Moskau: Sicherheitsgarantien sind „Gefahr“ für Europa
Russland hat die mögliche Entsendung ausländischer Truppen in die Ukraine als „inakzeptabel“ zurückgewiesen. „Russland wird die grundsätzlich inakzeptable, die Sicherheit in jeglicher Hinsicht untergrabene ausländische Intervention in der Ukraine in keiner Form und in keinem Format diskutieren“, sagte die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag auf einem Wirtschaftsforum im Fernen Osten Russlands.
Sie bezeichnete die von Kiew geforderten Sicherheitsgarantien im Rahmen einer Beilegung des Ukraine-Konflikts zudem als „Garantien für Gefahr für den europäischen Kontinent“. Russland halte die vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geforderten Sicherheitsgarantien für „absolut inakzeptabel“, sagte Sacharowa. „Das sind keine Sicherheitsgarantien für die Ukraine, das sind Garantien für Gefahr für den europäischen Kontinent.“
Um die von Selenskyj geforderten Sicherheitsgarantien soll es am Donnerstag bei einem Treffen der sogenannten Koalition der Willigen gehen. (afp)
Macron: Vorbereitungen für Garantien abgeschlossen
Auch Macron will die Pläne zur Friedenssicherung vorantreiben und vor allem den USA demonstrieren, Verantwortung zu übernehmen. Und auch an Moskau soll ein Signal ausgehen.
Ob das gelingt, ist allerdings fraglich, denn die sogenannte Koalition der Willigen hat sich bereits etliche Male getroffen, ohne dass konkrete Zusagen oder Ergebnisse mitgeteilt wurden. Es geht darum, wie militärische Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einem Waffenstillstand oder Friedensschluss aussehen könnten. Dazu gehört die Stärkung der ukrainischen Verteidigungsfähigkeit, aber auch die mögliche Entsendung von Truppen in die Ukraine oder dicht an ihre Grenzen sowie weitere Sanktionen gegen Russland. Die Hauptlast eines Einsatzes würden die europäischen Nato-Mitglieder tragen.
Bereits am Vorabend des Pariser Treffens verkündete Macron, die Unterstützerländer hätten ihre Vorbereitungen für Sicherheitsgarantien abgeschlossen. Dank der Vorarbeit der Armeechefs seit dem Ukraine-Gipfel im Weißen Haus seien die Europäer nun bereit, der Ukraine Sicherheitsgarantien zu geben, sobald ein Friedensabkommen unterzeichnet sei, sagte Macron beim Empfang des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Paris.
„Die Beiträge, die vorbereitet, dokumentiert und heute Nachmittag auf Ebene der Verteidigungsminister unter strengster Geheimhaltung bestätigt wurden, lassen uns sagen: Diese Arbeit ist abgeschlossen und wird nun politisch gebilligt werden“, sagte Macron. (dpa)
Zweifel an Abschreckungswirkung
Der Sicherheitsexperte Ed Arnold von der britischen Denkfabrik Royal United Services Institute (RUSI) betont zwar die politische Bedeutung der Koalition der Willigen, zweifelt aber, ob sich die beabsichtigte Abschreckungswirkung eines Militäreinsatzes entfalten wird. Im schlimmsten Fall, so warnt er, könne eine Stationierung europäischer Nato-Truppen dazu führen, dass die Beistandsklausel der Nato als hohl entlarvt werde.
„Werden die Amerikaner ein russisches Ziel angreifen, weil drei französische Soldaten bei einem Vorfall getötet werden, den die Russen wahrscheinlich als Versehen darstellen? Ich glaube das einfach nicht“, sagte Arnold der Deutschen Presse-Agentur in London. Dann könne Putin die Anwesenheit von Nato-Truppen in der Ukraine ausnützen, um unter Beweis zu stellen, dass die Bestandsklausel von Artikel 5 des Nato-Vertrags weniger belastbar ist als bisher angenommen. (dpa)
Deutschland bislang zurückhaltend
Deutschland hatte bei dem Thema zuletzt gebremst. Über langfristige Sicherheitsgarantien könne erst entschieden werden, wenn es einen Waffenstillstand oder ein Friedensabkommen gebe, sagte Bundeskanzler Merz in der Vorwoche. Zur Frage einer möglichen Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine nach einem Waffenstillstand erklärte er, dass es solche konkreten Pläne für einen Militäreinsatz jedenfalls in Deutschland nicht gebe. (dpa)
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