+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Kreml will keine Diskussion
Moskau reagiert verärgert auf die Debatte über einen möglichen Gefangenenaustausch der US-Basketballspielerin Griner. Erdogan trifft Putin in Sotschi.
Gefangenenaustausch nicht öffentlich besprechen
Nach der international scharf kritisierten Haftstrafe für die US-Basketballspielerin Brittney Griner zeigte sich Russland offen für einen Gefangenaustausch mit den USA. Sergej Lawrow hatte am Rande eines Besuchs in Kambodscha die Bereitschaft zur Diskussion signalisiert. Die öffentliche Diskussion darüber löste Kritik im Kreml aus. Über das internationale mediale Echo sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow „Wenn wir den Gefangenenaustausch über die Presse diskutieren, wird er nie stattfinden“.
Am Donnerstag hatte ein russisches Gericht Griner wegen Drogenschmuggels zu neun Jahren Haft verurteilt und die Regierung in Moskau jegliche Abstimmung über einen Austausch dementiert. Die Anwälte der 31-jährigen Star-Baketballerin rechneten damit, dass ein Gefangenenaustausch ab der Verkündung des Gerichtsurteils „rechtlich möglich“ werde. Für die Freilassung von inhaftierten US-Staatsbürgern – darunter Griner und Ex-Soldat Paul Whelan – hätten die USA in Moskau ein umfangreiches Angebot vorgelegt, sagte US-Außenminister Antony Blinken vergangene Woche.
Als Austausch ist die US-Regierung einem Insider zufolge bereit, den verurteilten Waffenhändler Viktor Bout Russland auszuliefern. Er gilt als einer der berüchtigsten Waffenhändler der Welt und wird auch „Händler des Todes“ genannt. Zudem versucht Russland laut einem anderen Insider den in Deutschland verurteilten und inhaftierten „Tiergartenmörder“ Wadim Krasikow im Rahmen eines Deals auszutauschen.
Griner war am 17. Februar auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo festgenommen worden, nachdem Patronen für E-Zigaretten mit Haschischöl in ihrem Gepäck entdeckt worden waren. Die Starbasketballerin hatte das Öl in den USA gegen Schmerzen bei chronischen Verletzungen verschrieben bekommen. Marihuana ist in Russland verboten. Griner habe die Tat des Drogenschmuggels vorsätzlich begangen, urteilte das Gericht.
Griner spielt neben ihrem US-Team seit 2014 auch für das russische Basketballteam UMMC Jekaterinburg. Sie war nach einem Heimatbesuch auf dem Weg zu diesem Team. Die USA werfen Russland vor, der Prozess und das hohe Strafmaß gegen Griner sei politisch motiviert. (rtr)
Russland weist 14 bulgarische Diplomaten aus
Russland hat mehr als einen Monat nach der Abschiebung seiner eigenen Diplomaten aus Sofia 14 bulgarische Botschaftsangehörige ausgewiesen. Der Botschafter sei ins Außenministerium vorgeladen worden, „wo ihm eine Note des Ministeriums übergeben wurde, in der 14 Mitarbeiter des bulgarischen diplomatischen und konsularischen Dienstes in Russland zur „persona non grata“ erklärt wurden“, teilte das russische Außenamt am Freitag in einer Stellungnahme mit. Die Betroffenen müssen Russland verlassen.
Moskau betonte, dass die Abschiebung eine Reaktion auf die Anfang Juli von Bulgarien veranlasste Ausweisung von 70 russischen Diplomaten und die Schließung des russischen Generalkonsulats in Russe sei. Sofia hatte den Schritt damals mit Spionageaktivitäten der Russen begründet.
Eine spiegelgleiche Ausweisung war für Moskau nicht möglich, da wesentlich mehr russische Diplomaten in Bulgarien beschäftigt sind als umgekehrt. Zuvor hatte Moskau zeitweise sogar mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht. (dpa/rtr)
Hilfe für aus der Ukraine geflüchtete Minderheiten
Der Antiziganismusbeauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler, will gegen eine Benachteiligung von Roma bei der Ukraine-Hilfe vorgehen. Er sagte nach einer Reise in das Land am Freitag in Berlin: „Wir müssen sicherstellen, dass Hilfsleistungen bei den Roma in der Ukraine ankommen.“ Der Beauftragte kündigte einen Bericht an die Bundesregierung an. Um hierzulande den Roma unter den Geflüchteten besser zu helfen, müsse man mit den Organisationen der Minderheit zusammenarbeiten, sagte Daimagüler.
Er machte sich außerdem dafür stark, den Roma-Überlebenden des Holocaust und der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg gezielt zu helfen. Die Menschen erhalten Hilfen aus der deutschen Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft. Man müsse prüfen, ob diese verstärkt werden könnten, sagte Daimagüler.
Nach Angaben des Co-Vorsitzenden der Bundesvereinigung der Sinti und Roma, Daniel Strauß, leben in der Ukraine rund 400.000 Roma, das entspricht etwa 1 bis 1,5 Prozent der Bevölkerung. Bei ihnen kämen kaum Hilfen an, berichtete Strauß. Als Grund nannte er die Diskriminierung und Benachteiligung der Bevölkerungsgruppe in allen Lebensbereichen. Bei Lwiw im Westen der Ukraine etwa lebten rund 1.400 Menschen unter prekärsten Bedingungen in den umliegenden Wäldern.
Daimagüler und Strauß kritisierten zudem, dass Roma auf der Flucht schlechter behandelt würden als andere Kriegsflüchtlinge und mit Beleidigungen, Zurückweisungen oder Übergriffen konfrontiert seien. Ihm als Beauftragten seien 15 bis 18 solcher Vorfälle gemeldet worden, sagte Daimagüler. (epd)
Drei Getreidefrachter sind ausgelaufen
Drei weitere Frachtschiffe mit Getreide haben am Freitag ukrainische Häfen verlassen. Sie wurden für Kontrollen in der Türkei erwartet, wie das türkische Verteidigungsministerium mitteilte. Beladen waren die drei Schiffe den Angaben zufolge mit insgesamt 58.000 Tonnen Mais.
Am Mittwoch war der erste Frachter mit ukrainischem Getreide im Rahmen eines von der Türkei und den Vereinten Nationen vermittelten Abkommens in Richtung Libanon aufgebrochen. In Istanbul wurde das Schiff von russischen, ukrainischen, türkischen und UN-Experten überprüft und zur Weiterfahrt freigegeben. Das Abkommen war Ende Juli geschlossen worden und soll den Weg zur Freigabe von mehr als 20 Millionen Tonnen Getreide und anderen Agrarprodukten ebnen, die wegen des Krieges in Häfen am Schwarzen Meer festhängen.
Die Ukraine ist eine der wichtigsten Kornkammern der Welt. Die eingeschlossenen Getreidevorräte trugen stark zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise bei und schürten die Sorge vor einer globalen Hungerkrise. Ein großer Teil des von der Ukraine exportierten Getreides ist nach Angaben von Experten zudem als Futtermittel für Tiere gedacht. Die Schiffe, die am Freitag von der Ukraine aus ablegten, gehören zu mehr als einem Dutzend Massengutfrachtern und Transportschiffen, die mit Getreide befüllt worden waren und seit der russischen Invasion in die Ukraine am 24. Februar in ukrainischen Häfen festhingen.
Es handelt sich nach UN-Angaben um die unter türkischer Flagge fahrende „Polarnet“, die 12 000 Tonnen Mais transportiert und von Tschornomorsk aus mit dem Ziel Karasu in der Türkei in See stach; um die unter panamaischer Flagge fahrende „Navi Star“, die von Odessa aus mit 33 000 Tonnen Mais in Richtung Irland ablegte, und um die unter maltesischer Flagge fahrende „Rojen“, die von Tschornomorsk aus mit 13 000 Tonnen Mais in Richtung Großbritannien unterwegs ist. Die UN teilten mit, es sei in Istanbul zudem die unter der Flagge von Barbados fahrende „Fulmar S“ inspiziert worden, die auf dem Weg nach Tschornomorsk sei.
Wenngleich Zehntausende Tonnen Getreide an Bord der Schiffe ausgeliefert werden, handelt es sich doch um einen Bruchteil der insgesamt in ukrainischen Silos und Häfen lagernden Vorkommen, die außer Landes gebracht werden müssen, um Platz für die neue Ernte zu schaffen. Bei etwa sechs Millionen Tonnen des in der Ukraine eingeschlossenen Getreides handelt es sich nach Angaben von David Laborde, einem Landwirtschafts- und Handelsexperten am Internationalen Forschungsinstitut für Nahrungsmittelpolitik (IFPRI) in der US-Hauptstadt Washington, um Weizen. Etwa die Hälfte dessen sei für den menschlichen Verbrauch gedacht.
Die Preise für unterschiedliche Getreidesorten erreichten in den ersten Wochen nach der russischen Invasion einen Höchststand. Einige sind seither wieder auf Vorkriegsniveau angelangt. Die Preise für Mais bewegen sich etwa 70 Prozent über dem Niveau von Ende Februar 2020, vor der Pandemie, wie Jonathan Haines, Analyst bei der Daten- und Analysefirma Gro Intelligence, attestierte. Die Preise für Weizen lägen gegenwärtig 63 Prozent über dem Niveau von Ende Februar diesen Jahres, als Russland seinen Angriff startete, sagte er. (ap/rtr)
Erdogan trifft Putin in Sotschi
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist zu seinem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin aufgebrochen. Die beiden Präsidenten wollen sich am Freitagnachmittag in der russischen Schwarzmeer-Stadt Sotschi zum persönlichen Gespräch treffen, hieß es aus dem türkischen Präsidialamt. Demnach stehen bei dem Treffen aktuelle regionale und globale Ereignisse auf dem Programm.
Nach Einschätzung von Experten werde es in den Gesprächen neben dem Krieg in der Ukraine vor allem um die türkischen Pläne zu einer neuen Offensive in Nordsyrien gehen. Russland ebenso wie der Iran, beide Akteure im syrischen Bürgerkrieg, hatten der Türkei von einem solchen Schritt abgeraten.
Die Türkei hält bereits Gebiete in Nordsyrien besetzt und begründet eine erneute Offensive mit „terroristischer Bedrohung“ von Seiten der syrischen Kurdenmiliz YPG, die Ankara als Terrororganisation ansieht. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte eine mögliche Offensive bei ihrem kürzlichen Türkei-Besuch als nicht gerechtfertigt bezeichnet.
Laut Kreml soll auch über militärtechnische Zusammenarbeit gesprochen werden. Russland hatte kürzlich Interesse an der im Krieg auch von Kiew erfolgreich eingesetzten türkischen Kampfdrohne Bayraktar TB2 gezeigt. Putin habe vorgeschlagen, gemeinsam mit der Türkei an den Drohnen des Unternehmens Baykar zu arbeiten, zitierte der Sender CNN Türk Erdogan. Eine entsprechende Fabrik könne in den Vereinigten Arabischen Emiraten gegründet werden. (dpa/afp)
Ukraine fordert Ausweitung des Getreideabkommens
Die Ukraine fordert eine Ausweitung des Abkommens für Getreide-Exporte über das Schwarze Meer auch aufandere Güter. Bei dem Abkommen gehe es um Logistik, um eine Bewegung von Schiffen im Schwarzen Meer, sagt derstellvertretende Wirtschaftsminister Taras Katschka der„Financial Times“. Was sei dabei der Unterschied zwischenGetreide und Eisenerz.
Unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen (UN) hat Russland seine Seeblockadegelockert, um den Export von Getreide aus der Ukraine über dasSchwarze Meer zu ermöglichen. Damit soll ein Nahrungsmittelmangel vor allem in ärmeren Ländern verhindertwerden. Ein erster Getreide-Frachter war in dieser Woche aus dem ukrainischen Schwarzmeer-Hafen Odessa ausgelaufen. (rtr)
Ukraine gibt einige Gebiete im Osten auf
Angesichts einer russischen Offensive ist die Ukraine gezwungen, einige Gebiete im Osten des Landesaufzugeben. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski bezeichnet unter der Woche den Druck, dem seine Streitkräfte inder ostukrainischen Region Donbass ausgesetzt seien, als „Hölle“. Er spricht von heftigen Kämpfen um die Stadt Awdijiwka und das befestigte Dorf Pisky, wo Kiew in den letzten Tagen „Teilerfolge“ des russischen Gegners einräumen musste. (rtr)
Selenski weist Kritik von Amnesty International zurück
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski weist Anschuldigungen von Amnesty International scharf zurück. Die Menschenrechtsgruppe versuche, „die Verantwortung vom Angreifer auf das Opfer zu verlagern“, sagt er während seiner abendlichen Videoansprache. „Jeder, der Russland amnestiert und künstlich einen Informationskontext schafft, in dem einige Angriffe von Terroristen angeblich gerechtfertigt oder verständlich sind, sollte nicht übersehen, dass er damit den Terroristen hilft. Und wenn es solche manipulativen Berichte entstehen, dann tragen sie eine Mitverantwortung für die Tötung von Menschen.“ Zuvor hatte Amnesty International der Ukraine in einem Bericht vorgeworfen, durch die Stationierung von Truppen in Wohngebieten Zivilisten zu gefährden. (rtr)
Angriffe auf Charkiw
Die ostukrainische Großstadt Charkiw ist nach Behördenangaben am Donnerstagabend von russischer Artillerie beschossen worden. Drei Stadtteile seien Ziel der Angriffe gewesen, schrieb Bürgermeister Ihor Terechow im Nachrichtenkanal Telegram. Nach ersten Erkenntnissen seien drei Menschen verletzt worden. „Ich bitte alle, in Schutzräumen zu bleiben und maximal vorsichtig zu sein!, schrieb er. Die ukrainische Armee hat russische Truppen zwar von der zweitgrößten Stadt des Landes abgedrängt; sie ist aber nicht ganz außer Reichweite der russischen Artillerie.
In dem von russischen Truppen eroberten Gebiet Luhansk haben ukrainische Partisanen angeblich zwei Kollaborateure in einem Auto beschossen und verletzt. Es handele sich um den Bürgermeister der Stadt Bilowodsk und dessen Stellvertreterin, schrieb der ukrainische Gouverneur des Gebiets, Serhij Hajdaj, am Donnerstag.
In der ebenfalls besetzten Stadt Cherson im Süden erkrankte der Leiter der regionalen Besatzungsverwaltung, Wladimir Saldo, plötzlich und kam in ein Krankenhaus, wie russische Agenturen meldeten. (dpa)
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