+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Merz „schockiert“ von der Hamas
Kanzler Merz und Präsident Macron zeigen sich schockiert über Bilder von ausgehungerten israelischen Geiseln. Beide kritisieren die Hamas scharf.

Merz und Macron schockiert über Bilder von ausgehungerten israelischen Geiseln
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat sich schockiert über die von der radikalislamischen Hamas verbreiteten Aufnahmen ausgehungerter israelischer Geiseln gezeigt. „Ich bin entsetzt über die Bilder von Evyatar David und Rom Braslavski“, sagte Merz am Sonntag der „Bild“-Zeitung. „Die Hamas quält die Geiseln, terrorisiert Israel und benutzt die eigene Bevölkerung im Gazastreifen als Schutzschild.“
„Gerade deshalb führt zunächst kein Weg an einem verhandelten Waffenstillstand vorbei“, betonte Merz. „Die Freilassung aller Geiseln ist dafür zwingende Voraussetzung.“ Die Hamas dürfe dann aber „in der Zukunft von Gaza keine Rolle spielen“.
Auch der französische Präsident Emmanuel Macron reagierte entsetzt auf die „unerträglichen Bilder“ der ausgemergelten Geiseln. Die Bilder zeigten die „niederträchtige Grausamkeit“ und die „grenzenlose Unmenschlichkeit“ der Hamas, erklärte Macron im Onlinedienst X. Er unterstrich, dass die unverzügliche Freilassung aller noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln für seine Regierung die „absolute Priorität“ habe. (afp)
Tausende demonstrieren im Westjordanland gegen Gaza-Krieg
Tausende Palästinenser haben im von Israel besetzten Westjordanland gegen den Krieg im Gazastreifen und für die palästinensischen Häftlinge in israelischen Gefängnissen demonstriert. Allein auf einem zentralen Platz in Ramallah, wo die Palästinensische Autonomiebehörde ihren Sitz hat, versammelten sich am Sonntag hunderte Menschen und schwenkten palästinensische Flaggen. Auch in Städten wie Nablus und Hebron gab es Proteste. Viele Regierungsangestellte hatten den Tag frei bekommen, um an den Demonstrationen teilnehmen zu können.
Viele Demonstranten hielten Fotos von Palästinensern hoch, die von Israel getötet oder inhaftiert worden waren. Die palästinensische Autorin Rula Ghanem etwa demonstrierte für ihren Sohn, der im israelischen Megido-Gefängnis sitzt. Er leide dort „unter vielen Dingen“, etwa einem Mangel an Nahrung und Medikamenten, sagte Ghanem. Ihr Sohn habe im Gefängnis zehn Kilogramm abgenommen und sich Krätze zugezogen. (afp)
1.200 Lkws laut Israel mit Hilfsgütern in Gazastreifen gefahren
Nach Angaben der israelischen Militärbehörde Cogat haben in den letzten sieben Tagen 23.000 Tonnen Hilfsgüter die Bevölkerung im Gazastreifen auf dem Landweg erreicht. 1.200 Lastwagen seien in dieser Zeit in das abgeriegelte Küstengebiet eingefahren und von UN- und anderen Organisationen übernommen worden, teilte die Behörde auf X mit. (dpa)
23 Tote bei Lebensmittelausgaben
Israelische Truppen haben nach Angaben von Krankenhauspersonal und Zeugen mindestens 23 Palästinenser erschossen, die auf der Suche nach Nahrungsmitteln waren. Die Mehrzahl der Opfer sei auf dem Weg zu Verteilstationen der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) getötet worden, teilten das Nasser- und das Awda-Krankenhaus am Sonntag mit. Unterdessen starben nach Angaben des von der militant-islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums sechs weitere Erwachsene an den Folgen von Unterernährung.
Das Nasser-Krankenhaus im Süden des Gazastreifens teilte mit, ihm seien Tote aus der Nähe mehrerer Verteilungsstellen gebracht, darunter acht aus Teina, etwa drei Kilometer von einer GHF-Verteilstelle in Chan Jounis entfernt. Eine weitere Leiche sei aus Schakusch gebracht worden, einem Gebiet, das ein paar Hundert Meter nördlich eines anderen GHF-Standorts in Rafah liegt.
Neun weitere Menschen seien von Soldaten in der Nähe des Morag-Korridors getötet worden, als sie auf Lastwagen warteten, die über einen israelischen Grenzübergang in den Gazastreifen einfuhren, hieß es.
Drei palästinensische Augenzeugen, die in Teina und Morag auf der Suche nach Lebensmitteln waren, berichteten der Nachrichtenagentur AP, die Schüsse auf dem Weg zu den Verteilstellen gefallen, die in von israelischen Streitkräften gesicherten Militärzonen stehen. Soldaten hätten das Feuer auf hungrige Menschenmengen eröffnet, die sich den Truppen näherten.

Weiter nördlich, im Zentrum des Gazastreifens, schilderten Krankenhausbeamte einen ähnlichen Vorfall: Israelische Truppen hätten am Morgen das Feuer auf Menschenmassen eröffnet, die versuchten, die vierte und nördlichste Verteilerstelle von GHF zu erreichen. „Die Truppen versuchten, die Menschen am Weiterkommen zu hindern. Sie eröffneten das Feuer und wir flohen“, sagte Hamsa Matter, einer der Hilfesuchenden. „Einige Menschen wurden erschossen.“ Nach Angaben des Awda-Krankenhauses wurden mindestens fünf Menschen am GHF-Standort in der Nähe des Netzarim-Korridors getötet und 27 weitere verwundet.
Das israelische Militär und die GHF reagierten zunächst nicht auf Anfragen. Die GHF hat früher erklärt, ihr Sicherheitspersonal setze lediglich Pfefferspray ein und feuere Warnschüsse ab, um tödliches Gedränge zu verhindern. Das israelische Militär hat mitgeteilt, es gebe ebenfalls nur Warnschüsse ab. Beide nennen die Zahl der Todesopfer zudem übertrieben. (ap)
Kommen bald Kinder aus Gaza nach Deutschland?
Das Bundesinnenministerium hat zurückhaltend auf die Ankündigung der Städte Hannover und Düsseldorf reagiert, Kinder aus dem Gazastreifen und Israel aufnehmen zu wollen.
„Die Umsetzbarkeit derartiger Initiativen hängt entscheidend von der Sicherheitslage, der Möglichkeit der Ausreise und weiteren Faktoren ab“, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Konkrete Vorhaben würden zurzeit mit Partnern geprüft. „Dabei steht die Ausweitung der medizinischen Hilfe vor Ort und in regionaler Nähe im Hauptfokus.“
Nach Hannover hatte auch Düsseldorf in Aussicht gestellt, Kinder aus dem Gazastreifen und Israel aufnehmen, die besonders schutzbedürftig oder traumatisiert sind. Mit Blick auf die Ankündigung der niedersächsischen Landeshauptstadt sagte der Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU): „Diese starke und zutiefst menschliche Geste wollen wir auch in Düsseldorf aufgreifen.“ (dpa)
🐾 Sport in Gaza: Die schwersten Tage meines Lebens
Maha Shabat hat Mädchenteams trainiert, und als Schiedsrichterin leitete sie Fußballspiele. Nun kämpft sie ums Überleben. In der taz schreibt sie einen Hilferuf.
Minister Ben-Gvir provoziert auf dem Tempelberg
Bei einem provokativen Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem hat der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir zu einer Wiederbesetzung des Gazastreifens aufgerufen. In einem dort aufgezeichneten Video sagte er: So wie Israel gezeigt habe, dass es seine „Souveränität“ über den Tempelberg ausüben könne, könne auch der gesamte Gazastreifen erobert werden. Man müsse diesen „noch heute besetzen“ und „Souveränität im ganzen Gazastreifen erklären“, so Ben-Gvir. Dabei bezog er sich auf die jüngsten Videos zweier ausgehungerter israelischer Geiseln im Gazastreifen, die die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad veröffentlicht hatten. Gleichzeitig, so fuhr Ben-Gvir am Sonntag fort, müsse man die palästinensische Bevölkerung zu „freiwilliger Auswanderung ermutigen“.
Ben-Gvirs Besuch auf dem Tempelberg fand anlässlich des jüdischen Fasten- und Trauertags Tischa Be’aw statt. An dem Tag erinnern Juden an die Zerstörung der beiden antiken Tempel in Jerusalem. Der Polizeiminister betete zu diesem Anlass auch demonstrativ auf dem Tempelberg.
Eigentlich ist das auf dem Areal untersagt, denn dort stehen seit Jahrhunderten muslimische Glaubensstätten: die Al-Aksa-Moschee und der leuchtend blaue Felsendom mit seiner goldenen Kuppel. Verwaltet werden sie vom Jerusalem Waqf, einer Art muslimischer Stiftung. Deren Leitungsebene wird von Jordanien bestimmt, welches das Westjordanland und Ostjerusalem bis 1967 besetzte. Israel ist derweil für die Sicherheit auf dem Tempelberg zuständig.
Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten. Dagegen gibt es jedoch immer wieder Verstöße, die allerdings nicht geahndet werden. Dies wird von Palästinensern als Provokation wahrgenommen. Viele sehen darin außerdem ein Zeichen des israelischen Bestrebens, mehr Kontrolle über die heilige Stätte zu erlangen.
Ben-Gvir hatte die Stätte bereits früher besucht und gefordert, dort jüdische Gebete zuzulassen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte daraufhin erklärt, dies sei nicht die Politik Israels. Auch aus der Perspektive vieler Rabbiner, vor allem orthodoxer, ist das Gebet auf dem Tempelberg umstritten: So dürfe vor allem der Bereich, wo einst der Tempel stand, von normalen Gläubigen nicht betreten werden und weitere Teile des Tempelbergs erst nach einer rituellen Reinigung. Orthodoxe Juden, die den Tempelberg besuchen, folgen daher im Normalfall einer bestimmten Route, um diese Gebote nicht zu verletzen.
Für Juden ist der Tempelberg die heiligste Stätte. Bis zu seiner Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 n. Chr. stand dort der Zweite Tempel. Mit dessen Zerstörung begann die jüdische Diaspora – womit Jerusalem zum Sehnsuchtsort vieler Jüdinnen und Juden wurde. Vom Zweiten Tempel ist lediglich die Westmauer übrig, die heutige Klagemauer.
Diese ist auch eine Befestigungsmauer des Plateaus, auf dem die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom stehen. Im Arabischen wird der Tempelberg al-Haram asch-Scharif, das edle Heiligtum, genannt. Er ist die drittheiligste Stätte im Islam. Der muslimische Prophet Mohammed soll von dort aus seine Himmelfahrt angetreten haben. (Agenturen, taz)
(rtr)
Hamas provoziert mit Video ausgemergelter Geiseln
Mit Videobildern ausgemergelter israelischer Geiseln im Gazastreifen hat die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas für entsetzte Reaktionen gesorgt. „Die Grausamkeit der Hamas kennt keine Grenzen“, erklärte der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu in der Nacht zum Sonntag und sprach von einem „zynischen und abscheulichen“ Vorgehen. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas erklärte, die Aufnahmen der ausgehungerten Geiseln seien „erschreckend und offenbaren die Barbarei der Hamas“.
Die Hamas und die mit ihr verbündete Gruppe Islamische Dschihad hatten zuvor drei Propagandavideos der seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln Rom Braslavski und Evyatar David verbreitet. Eines der Videos zeigt den abgemagerten 24-jährigen David, wie er sich in einem engen Tunnel sein eigenes Grab zu schaufeln scheint.
Ein anderes Video zeigt, wie der Deutsch-Israeli Braslavski sich Nachrichtenvideos über die Hungersnot der Palästinenser im Gazastreifen anschauen muss. Der 21-Jährige bittet die israelische Regierung in den Aufnahmen, sich für seine Freilassung einzusetzen. Offenbar versuchen die Islamisten, mit den Geiselvideos Parallelen zur Hungersnot im Gazastreifen zu ziehen. (afp)
Tanklaster sollen nach Gaza fahren
Zwei Tanklaster sollen dem ägyptischen Fernsehsender Al Qahera News zufolge 107 Tonnen Diesel in den Gazastreifen bringen. Es gibt zunächst keine Bestätigung, ob die Lastwagen den von Israel abgeriegelten Gazastreifen erreicht haben. Die Gesundheitsbehörde in dem weitgehend zerstörten Palästinensergebiet erklärt, dass Treibstoffmangel den Betrieb der Krankenhäuser behindert. Nach monatelanger Blockade lässt Israel inzwischen wieder Hilfsgüter in den Gazastreifen – nach Einschätzung von Hilfsorganisationen aber bei weitem nicht genug. (rtr)
Massenproteste in Tel Aviv für Geisel-Waffenruhe-Deal
Bei einer Massendemonstration in Israel haben die Teilnehmer die Freilassung aller Geiseln aus dem umkämpften Gazastreifen gefordert. Die islamistische Hamas benutze die Geiseln als „lebende Hungerexperimente“, zitierte die „Times of Israel“ den Bruder des im Gazastreifen festgehaltenen Evjatar David. In einem zuvor veröffentlichten Propaganda-Video der Hamas ist der bis auf die Knochen abgemagerte 24-Jährige in einem engen Tunnel zu sehen, wie er sein „eigenes Grab“ schaufelt.
„Beenden Sie diesen Alptraum, der seit 666 Tagen andauert. Unterzeichnen Sie ein umfassendes Abkommen, das alle 50 Geiseln zurückbringt und die Kämpfe beendet“, forderte das Forum der Angehörigen der Geiseln an die Regierung gewandt und sprach von 60.000 Teilnehmern. Der Times of Israel zufolge gingen Menschen auch in anderen Orten Israels auf die Straße. Die Zeitung sprach von einer der höchsten Teilnehmerzahlen der vergangenen Wochen. (dpa)
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