piwik no script img

Rocker vor GerichtDer Undercover-Interviewer

Der Rocker und Rechtsextreme Alexander Hardt soll illegal Tondateien eines Gesprächs mit der Piraten-Politikerin Angelika Beer ins Internet gestellt haben.

Wurde ohne ihr Wissen von einem Rechtsextremen interviewt: Angelika Beer. Bild: dapd

NEUMÜNSTER taz | „Nein.“ Kürzer hätte der Rocker und Rechtsextremist Alexander Hardt vor dem Amtsgericht Neumünster nicht sagen können, dass er sich zu den Vorhaltungen nicht äußern will. Hardt, der sich in der rechtsextremen Szene um den „Club 88 – The very last Resort“ der Rockergruppe „Bandidos“ bewegt, hatte unter anderem ein Interview mit Angelika Beer, Landtagsabgeordnete der Piraten in Schleswig-Holstein, ohne deren Wissen ins Internet gestellt. „Ich habe eine Anzeige erstattet, weil auch für Rechtsextremisten das Internet kein rechtsfreier Raum sein darf“, sagte Beer vor dem Gerichtssaal.

Ganz lässig hatte Hardt, auf dessen zehn Finger „Skinhead“ tätowiert ist, den Saal betreten. Unter dem schwarzen Kapuzenpullover lugten weitere Tattoos am Hals und an den Armen hervor. Auf der Hand des 27-Jährigen, der bei der Anklageverlesung kaum eine Miene verzog, war noch eine weitere Botschaft tätowiert: „1%“. In der Rockerszene ein Code dafür, das man zu den ein Prozent Rockern gehört, die sich nicht ans Recht halten.

Im Internet waren der Polizei Tonaufnahmen von Beer aufgefallen, in denen sie sich zum „Club 88“ äußerte. Bis heute können die zwei Minuten auf dem Szeneportal „mein-sh“ und auf „MyVideo“ aufgerufen werden. Zu ihren Aussagen steht die frühere Grünen-Politikern: Sie sagte, die Stadt würde zu wenig gegen den rechtsextremen Szenetreff unternehmen und der Vermieter würde sich auch nicht bewegen. Sie habe aber nicht gewusst, dass es ein Rechtsextremer war, der sie 2011 auf dem Wochenmarkt befragte und das Gespräch aufzeichnete.

Diesen vermeintlichen Coup schlachtete ein „Alexander“ aus „Neumünster“ auf „mein-sh“ aus: „Lustig, lustig, ich gehe auf den Wochenmarkt entlang und treffe, die wie immer heitere Frau Beer. Da ich wusste, daß sie eh vor jede Kamera springt und keine frage ihr zu doof ist, habe ich ihr kurzerhand ein paar gestellt und zwar zu einem Thema, das mir am Herzen liegt: der Club 88 Neumünster“.

Auf Youtube stieß die Polizei zudem auf eine Tondatei, auf der ein Besuch von zwei LKA-Beamten bei Hardt dokumentiert ist. Sie wollten ihn wegen der Verwendung eines einschlägigen Motivs – dem Totenkopf der 3. SS-Panzerdivision – auf seiner Facebookseite vernehmen. Hardt habe das Gespräch wohl mit einem iPhone mitgeschnitten, vermutete einer der Beamten später.

Vor Gericht wollte Hardts Verteidiger denn auch prompt wissen, ob nicht der andere LKA-Beamte vielleicht auch ein Aufnahmegerät dabei hatte. Schon zuvor ließ er bei einem Polizisten aus Neumünster, der den Totenkopf bei Facebook entdeckt hatte, nichts unversucht, um in Zweifel zu ziehen, ob es sich wirklich um Hardts Account gehandelt habe und ob diese Seite öffentlich gewesen sei. Der Beamte antwortete, die Facebookseite habe „Alexander 1%“ geheißen, eine weiter „BandidoAlexander“. Zudem hätten ein Bild des Beschuldigten und der Geburtsort den Verdacht erhärtet.

Auch das dort angegeben wurde, bei den Bandidos „Sergeant at arm“ zu sein, decke sich mit Erkenntnissen zu Hardt: Zu dieser Funktion gehöre, bei der Ortsgruppe nach innen und außen für Disziplin zu sorgen, sagte der Beamte. „Wenn ein Ortsverband bewaffnet ist, dann ist er auch dafür zuständig.“

Für den Verteidiger alles kein Beweis, denn die Beamten hätten die technischen Daten nicht überprüft. Drei weitere Verhandlungstage sind nun anberaumt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • A
    Anorak

    Aber der auf dem Bild, ist das der Rocker? Sieht doch ganz nett aus, wie er da lächelt ...

  • ST
    sauber trennen

    Ich glaube nicht, daß der "Club 88 – The very last Resort" ein Club der Banditos ist, wie es zu Anfang heißt, oder? Das ist ein Szenetreff für Rechtsradikale, der sich namentlich auf einen legendären Szenetraff aus England bezieht und erst mal nichts mit Rockern zu tun hat. Da werden heute auch Banditos anzutreffen sein, weil die Banditos seit Jahren auch unter Rechtsradikalen rekrutieren. Aber der Club wird doch wohl kaum den Banditos gehören? Wenn da Leute in Banditoskutten rumlaufen, dann haben die quasi ihre Arbeitskleidung mit in den Feierabend gebracht.

     

    Klaro. Rechtsradikale sind kriminell, Banditos auch. Aber man könnte sagen, Herr Hardt begeht die einen Straftaten aus weltanschaulicher Überzeugung in seiner Freizeit und die anderen als illegale Erwerbstätigkeit im Auftrag seines Brötchengebers, der ihm (anders als früher unter 1%ern üblich) eine gewisse weltanschauliche Freiheit gewährt, so lange er im Zweifel tut, was sein Präsident ihm sagt.

  • W
    wichtig

    Er ist Mitglied einer RockERgruppe. Nicht einer Rockgruppe.

    Das ist ein sehr, sehr wichtiger Unterschied und sollte bald geändert werden.

    Außerordentlich interessant wäre auch, wie dieser "Club" organisatorisch zu den Banditos steht, die ja ansich einfach nur ideologiefrei kriminell sind und in ihren Reihen z.B. auch jede Menge Moslems haben.

     

    Weniger wichtig ist, daß er sich die acht Buchsteben S-k-i-n-h-e-a-d nicht auf seine zehn Finger gestochen haben wird.