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19.02.2017 , 13:38 Uhr
Ich finde ebenfalls, dass "Erlebende" ein absolut unpassender Begriff ist. Und zwar weil es sich um die Substantivierung eines Partizip Präsenz handelt. So wie "Studierende" oder "Reisende", die ja "gerade noch dabei sind" zu studieren oder zu reisen.
Damit bliebe das traumatische Erleben sprachlich in der Gegenwart. Für Traumatisierte ist es aber wichtig, Gegenwart und Vergangenheit zu trennen. Sie erleben oftmals Intrusionen und Flashbacks und haben dabei das Gefühl, das Trauma wiederholt sich unendlich. Doch es liegt ja (zum Glück für die meisten) in der Vergangenheit.
Wenn schon irgendetwas mit Erleben oder Erfahren, dann in der Vergangenheit, also "erlebt Habende" oder "erfahren Habende".
Es stimmt, es gibt eine pejorative Verwendungsweise von "Opfer", die allerdings wohl darauf beruht, dass bei den meist nicht besonders menschenfreundlichen Verwendern dieser Bedeutungsvariante vor dem Opfer-Sein oder Opfer-Werden eine panische Phobie besteht.
Indem man sich aber deren Gewalt auch noch beugt, und den Opfer-Begriff ganz aus der Debatte herauszieht, macht man die schon geschehene und die durch die nachträgliche Abwertung des "Opfers" geschehene Gewalt unsichtbar.
Zudem verschwindet bei der Vermeidung des Opfer-Begriffs tatsächlich auch der Täter. Dass Unrecht geschehen ist und ein Mensch einem anderen massiv geschadet hat, kann im Begriff "Erlebende" nicht ausgedrückt werden. Ich kann verstehen, dass man den Täter aus der Selbstbeschreibung "raushalten" will.
Aber es kann auch ein Akt der Selbstbehauptung sein, ein Unrecht klar zu benennen. Opfer gewesen zu sein bedeutet nicht, Opfer zu sein oder zu bleiben.
Opfer kann man in der Vergangenheit gewesen sein, um sich dann zumindest nachträglich wieder wehren und selbst behaupten zu können. "Erlebende" bleibt man über die grammatische Form aber immer in der Gegenwart.
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