: Ein Toter lohnt nicht
Die Deutsche Presse Agentur muss sparen und verzichtet auf einige Mitarbeiter und die ein oder andere Meldung
Wer Wilm Herlyn begegnet, dem fällt stets die Ähnlichkeit mit Rudi Carrell auf. Dass der Chefredakteur der Deutschen Presse-Agentur (dpa), des vermeintlichen Ausbunds von Seriosität, so ausschaut wie ein Macher seichter Fernsehunterhaltung, ist ein hübsches Detail – vor allem, wenn der dpa zuweilen vorgeworfen wird, die Nachrichtenagentur sei mit so manchen ihrer Meldungen mittlerweile viel zu boulevardesk geworden.
„Es ist ja von vielen Seiten an uns herumkritisiert worden im letzten Jahr“, sagt dpa-Geschäftsführer Walter Richtberg, und Vorwürfe der Gagaisierung der Nachrichtenwelt meint er damit noch nicht einmal.
Die Mutter des deutschen Nachrichtenjournalismus war 2003 heftigst ins Trudeln geraten: Kündigungsandrohungen von ihren Kunden, Umsatzverluste, Personalabbau – die Schlagzeilen aus dem Hamburger Mittelweg im feinen Pöseldorf hätten schlechter kaum sein können. „Aus dem Sturm, in den wir 2003 hineingeraten sind, sind wir mittlerweile herausgesegelt“, sagt Richtberg heute. Um im Bild zu bleiben: Kentergefahr besteht zwar nicht mehr, aber das Schiff schwankt immer noch.
So musste die dpa ihren Personalstamm von 900 auf gut 830 feste Stellen herunterfahren, zunehmend setzt man in Hamburg auf freie Mitarbeit, unter anderem durch die bei der Agentur ausgebildeten Volontäre, die nach Abschluss ihrer Lehrzeit mittlerweile nicht mehr fest übernommen werden.
Die große Kündigungswelle, die man in der Nachrichtenzentrale der Republik im Vorjahr befürchtet hatte, ist allerdings ausgeblieben. 90 Prozent der dpa-Kunden hätten laut Richtberg neue Verträge mit der Agentur abgeschlossen, nachdem dpa im Vorjahr mit einem neuen Preismodell auf die schlechte Konjunktur im Medienbereich reagiert und den Kunden ein gestaffeltes Rabattsystem angeboten hatte. So können Medien mittlerweile auf die so genannten Korrespondentenberichte verzichten, die neben der Nachricht Hintergrund und Atmosphärisches vermitteln sollen, und zahlen dafür weniger. Lediglich fünf Zeitungen, „großteils aus dem Boulevardbereich“, hätten sich allerdings dafür entschieden.
Herlyn sagt, man könne mittlerweile bei allen Versuchen, die journalistische Qualität zu halten, „die Breite der Berichterstattung in einigen Bereichen nicht mehr gewährleisten“. Ein Beispiel: „Über Unfälle mit nur einem Toten berichten wir mittlerweile gar nicht mehr, das lohnt sich nicht.“ Das klingt dann doch ein bisschen nach Rudi Carrell.
PETER AHRENS