: Rote Front zerbröselt
In Münster hat sich eine Linksgruppierung um die PDS und die DKP vor der Kommunalwahl mächtig zerstritten. Kleinkrieg und Leserbriefschlachten
AUS MÜNSTERJÖRG GIERSE
Münsters CDU-Oberbürgermeister Berthold Tillmann kann sich beruhigt zurücklehnen: Die linke politische Szene seiner Stadt wird ihm auch am Sonntag keinen Ärger machen. Schon aus Tradition heillos zerstritten, hat sie es wieder einmal geschafft, sich vor einer wichtigen Wahl selbst ein Bein zu stellen: Nach monatelangen internen Querelen, persönlichen Angriffen und umstrittenen Bündnissen geht ein tiefer Graben durch die örtliche PDS.
Offizieller Auslöser des Streits ist die Nominierung des Spitzenkandidaten für die Kommunalwahl. Bei einer turbulenten Versammlung des rund 40 Mitglieder starken Kreisverbandes im Juli war Uwe K. Dresner, bislang sozialistischer Einzelkämpfer im münsterischen Rat, nicht mehr aufgestellt worden: Er unterlag bei der Abstimmung um Platz 1 der Reserveliste dem überraschend aufgetauchten Gegenkandidaten Ali Atalan. Aus Protest legten die gerade erst gewählte Sprecherin des Kreisverbandes, Gabriele Nintemann, und zwei weitere Vorstandsmitglieder ihre Ämter nieder.
Es folgte ein öffentlich ausgetragener Richtungsstreit, inklusive Leserbriefschlacht in den münsterischen Zeitungen. Vordergründig ging es dabei immer wieder um die Zusammenarbeit mit der DKP. Sie ist der größte Juniorpartner der „Linken Liste“, mit der die PDS bei den Kommunalwahlen antritt. Obwohl es diese Liste auch vor fünf Jahren gab, hatte Ratsherr Uwe K. Dresner sich bald von den Kommunisten distanziert: Die DKP sei eine „autoritäre und anti-emanzipatorische Partei“, ihre münsterischen Mitglieder hätten „nicht das geringste Interesse für die tägliche Arbeit im Rat“ gezeigt.
Ein Teil der PDS-Spitze sah das anders und schmiedete ein weit reichendes Wahlbündnis mit der DKP. Dass Dresner dabei nicht mitmachen würde, war so klar wie erwünscht: „Wir sind seit einiger Zeit mit seiner Arbeit nicht mehr zufrieden“, sagt PDS-Vorstand Arthur Achziger. Dresner habe Informationen aus dem Rat nicht weitergegeben und die außerparlamentarische Arbeit blockiert: „Viele Genossen fühlten sich ausgegrenzt.“ Das sieht der Ratsherr anders: „Ich weiß den größten Teil der Mitgliederschaft in Münster hinter mir.“
Während zwischen den zerstrittenen PDS-Flügeln und dem versprengten DKP-Häuflein die Anschuldigungen hin und her fliegen („Rufmordkampagne“, „Mobbing“, „feindliche Übernahme“), lachen sich die politischen Gegner ins Fäustchen. Die münsterischen Grünen verweisen sogar in ihrer stadtweit verteilten Wahlzeitung schadenfroh auf das rote Theater. Der PDS dürfte es unter diesen Voraussetzungen schwer fallen, ihr ehrgeiziges Wahlziel – drei Mandate und damit Gruppenstärke im Rat – zu erreichen, trotz eines recht großen linken Wählerpotenzials in der Stadt.
„Wir rechnen fest mit zwei Mandaten“, rudert Arthur Achziger drei Tage vor der Wahl zurück. Glaubt man den Demoskopen, wird aber doch wieder nur ein einziger Sitz herausspringen: Sämtliche Umfragen sehen die PDS in Münster bei knapp zwei Prozent. Ali Atalan, der Soziologiestudent, der diesen einsamen Sitz voraussichtlich einnehmen wird, kann sich immerhin der Unterstützung seiner Familie sicher sein: Sieben der 33 von der „PDS/Linken Liste“ aufgestellten Direktkandidaten tragen seinen Nachnamen.