piwik no script img

Rechter Sieg bei Spaniens RegionalwahlenDie Sozialisten müssen begeistern, um das Ruder rumzureißen

Reiner Wandler

Kommentar von

Reiner Wandler

Spaniens rechtsextreme VOX hat ihre Ergebnisse in den Regionalwahlen verdoppelt. Nur eine strategische Kehrtwende kann die Linken noch retten.

Premierminister Sánchez will trotz aller Niederlagen und Vorwürfe bis zum regulären Wahltermin 2027 durchhalten Foto: Susana Vera/reuters

D as Schweigen ist ohrenbetäubend laut. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez nahm auch am Morgen nach dem Wahldebakel seiner Sozialisten in der Extremadura keine Stellung. Zwar trat er vor die Presse – ohne Fragen. Allerdings nur, um eine Neubesetzung des Postens der Regierungssprecherin bekannt zu geben. Kein Wort zu den Regionalwahlen, was sie für seine in Minderheit regierende Linkskoalition bedeutet und inwieweit er selbst Verantwortung für das schlechte Ergebnis trägt.

Lange konnte Sánchez Ermittlungen gegen sein persönliches Umfeld aussitzen. Zu absurd sind die Vorwürfe gegen seine Frau und seinen Bruder. Das Ganze ist ein juristischer Krieg, angezettelt von der rechten und rechtsextremen Opposition. Doch die jüngsten Vorwürfe sind ernster. Zwei seiner engen politischen Vertrauten sind schweren Korruptionsvorwürfen ausgesetzt und haben gar mit der Untersuchungshaft Bekanntschaft gemacht. Es ist schwer, zu glauben, dass Sánchez nicht die geringsten Zweifel an ihnen hatte, auch wenn seine Partei schnell reagierte und die Betroffenen aller Ämter enthob.

Bis zum gesetzlichen Wahltermin 2027 will Sánchez durchhalten, wie er in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder erklärte. Er verweist auf seine durchaus erfolgreiche Sozialpolitik und auf die wirtschaftliche Bilanz, mit der er Spitzenreiter in der EU ist. Der Kritik in Parlament und Talkshows begegneten die Sozialisten bisher, indem sie durchaus berechtigte Angst vor einer rechts-rechtsextremen Regierung unter PP-Chef Alberto Nuñez Feijóo und einem Vizeregierungschef in Person von VOX-Chef Santiago Abascal schürten.

Das Ergebnis der Regionalwahlen zeigt, dass dies offenbar nicht reicht, um das Ruder rumzureißen. Dort sind nicht nur WählerInnen abgewandert – ein Großteil des Debakels ist denen zu verdanken, die aus Frust zu Hause blieben. Will Spaniens Linke die Situation umkehren und verhindern, dass ein weiteres EU-Land in die Hände der rechtspopulistischen Internationalen fällt, muss sie wieder begeistern, statt Negativwahlkampf zu machen. Es bleiben – im besten Fall – eineinhalb Jahre für eine schier unmögliche Aufgabe.

Gemeinsam für freie Presse

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 /