Brasiliens Expräsident in Haft: Immerhin eine Luxuszelle für Jair Bolsonaro
Brasiliens verurteilter Ex-Präsident malträtierte seine Fußfessel. Nun sitzt er in einer Polizeiwache. Seine politischen Gegner feiern.
Brasiliens ehemaliger Staatschef Jair Bolsonaro hat am Dienstag seine Haftstrafe von 27 Jahren und 3 Monaten angetreten. Zwar nicht im Hausarrest, wie von seinen Anhängern und Anwälten gewünscht, aber immerhin auf einer Polizeiwache der Bundespolizei, anstatt im Gefängnis „Papuda“, wo ihn seine Gegner gern gesehen hätte: Es kursieren Memes in sozialen Medien, in denen der 70-jährige Ex-Präsident als Maskottchen der fiktiven Sambaschule „Unidos da Papuda“ die Hüften schwingt.
Nachdem Bolsonaros Anwälte keine Rechtsmittel mehr eingelegt hatten, erklärte Bundesrichter Alexandre de Moraes den Urteilsspruch vom September für rechtsgültig und ordnete den sofortigen Haftantritt an. Das trifft auch für zwei Mitverschwörer zu, den ehemaligen Minister für institutionelle Sicherheit, Augusto Heleno, und den ehemaligen Verteidigungsminister Paulo Sérgio Nogueira.
Im Januar 2023, nach Bolsonaros Niederlage bei Brasiliens Wahlen 2022 und der Amtseinführung seines Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva, hatten Hunderte seiner Anhänger den Regierungspalast in Brasilia gestürmt und dort stundenlang randaliert. Es existierten außerdem Mordpläne gegen Lula, dessen Vize Alckmin und den Obersten Bundesrichter Alexandre de Moraes.
Bolsonaro wurde im September 2025 für schuldig erklärt, von den Mordplänen gewusst zu haben und die kriminelle Vereinigung geleitet zu haben, welche die Randale organisiert habe. Der Putsch sei nur deswegen misslungen, weil das Militär sich nicht ausreichend daran beteiligte.
Paranoia und Halluzinationen
Bolsonaro saß bereits seit Samstag wegen akuter Fluchtgefahr bei der Bundespolizei in Präventivhaft. Im Hausarrest hatte er nämlich in der Nacht zum Samstag stundenlang seine elektronische Fußfessel mit einem Lötkolben attackiert. „Nur aus Neugier“, behauptete er am Samstag, an Flucht habe er nicht gedacht. Dabei befindet sich in unmittelbarer Nähe seiner Wohnanlage ein privater Flugplatz, und die Botschaft Argentiniens, wo Bolsonaro Asyl beantragen könnte, ist knapp 15 Minuten Autofahrt entfernt. Später behauptete Bolsonaro, er habe wegen der Wechselwirkung von Medikamenten unter Paranoia und Halluzinationen gelitten und geglaubt, die Fußfessel enthalte ein Abhörgerät.
Widerstandslos ließ er sich am Samstag abführen und sitzt seitdem in einer renovierten Einzelzelle mit Bad, TV und Klimaanlage, ohne Kontakt zu anderen Insassen. Es ist zu erwarten, dass die Verteidigung versucht, ihn aus Gesundheitsgründen – er hat Lungenprobleme, Hautkrebs, Schluckauf sowie ein Nierenleiden – wieder in den Hausarrest verlegen zu lassen.
Brasiliens Linke feierte in Sao Paulo schon am Samstag ausgelassen auf der Avenida Paulista, und in Brasilia trafen sich Bolsonaro-Gegner am Dienstag vor der Polizeiwache, tanzten Samba und tranken Champagner. Bolsonaros Verbündeter und Vorbild, US-Präsident Donald Trump, kommentierte den Haftantritt nur knapp mit: „Ach, das ist also passiert? Eine Schande“.
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