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Wohnungsmarkt in Bremen und HamburgMondpreise für möblierte Wohnungen

Das Gesamtangebot verfügbarer Mietwohnungen sinkt. Dafür wächst der Anteil möblierter Wohnungen, mit denen sich die Mietpreisbremse aushebeln lässt.

Bei Möblierungen versagt die Mietpreisbremse: Altbauwohnungen in Hamburg Foto: Marcus Brandt/dpa

Eine „top renovierte 2-Zimmer-Wohnung mit ca. 42 Quadratmetern“ für 745 Euro zuzüglich 210 Euro Nebenkosten inseriert „Vermieter“ auf dem Schwarzen Brett Bremen, einem Online-Kleinanzeigenmarkt. Eine Kaltmiete von 17,70 Euro pro Quadratmeter?! Und das in einer tristen Wohngegend am südlichen Stadtrand, wie sich anhand der angegebenen Busverbindungen „Nähe Arsterdamm“ erkennen lässt?

Laut Bremer Mietspiegel beträgt in dieser Lage die Basismiete 6,34 Euro pro Quadratmeter. Selbst mit diversen Zuschlägen für die Ausstattung käme man kaum auf zehn Euro Kaltmiete.

Eigentlich verbietet die Mietpreisbremse Vermieter:innen, Wohnungen um mehr als zehn Prozent über den örtlichen Vergleichsmieten zu vermieten. Auch möblierte Wohnungen fallen darunter. Allerdings nur theoretisch. Denn der Möblierungszuschlag muss zum einen nicht gesondert ausgewiesen werden. Zum anderen wäre die Höhe eines solchen Zuschlags für Mie­te­r:in­nen nur schwer nachvollziehbar, weil er sich am Zeitwert der Möbel bemisst.

Und wer lässt sich vom potentiellen Vermieter Rechnungen über Möbelkäufe vorlegen, um die Miethöhe nach unten zu kontrollieren, wenn der Wohnungsmarkt in den meisten Großstädten derart angespannt ist?

Bremen bildet da keine Ausnahme. Und so ist auch die eingangs erwähnte „zentral gelegene“ Wohnung laut Inserat „mit neuen Möbeln eingerichtet“. Die Fotos zeigen Mobiliar, wie es auch in vielen Ferienwohnungen steht: viel Grau, Schwarz, Weiß, furnierte Regale.

Die inserierte Wohnung ist keine Ausnahme. Es finden sich auf dem Schwarzen Brett weitere möblierte Zwei-Zimmerwohnungen. Eine soll 19,60 Euro den Quadratmeter kosten. Bei den anderen ist die Wohnungsgröße nicht angegeben. Nachfragen per Mail nach der Größe werden nicht beantwortet.

Bremen hat erst seit 2024 einen Mietspiegel

Auf Kleinanzeigen.de wird eine Dreizimmer-Wohnung in der Bremer Neustadt an einer viel befahrenen Straße für stolze 21,70 Euro den Quadratmeter angeboten. Der Mietspiegel gibt hier als Basismiete 6,45 Euro den Quadratmeter an.

Dabei sollen diese Wohnungen immerhin komplett eingerichtet sein, mit Staubsauger, Fernseher und Kaffeemaschine. Eine weitere in der Innenstadt wird für 17,90 Euro den Quadratmeter nur „teilmöbliert“ vermietet: „unter anderem durch großzügige Schlafzimmer/Flur und Badschränke“.

Ob Bremer Ver­mie­te­r:in­nen die Gesetzeslücke bei der Mietpreisbremse verstärkt ausnutzen, lässt sich nicht herausbekommen. Die Mietpreisbindung gilt seit 2015, nachdem der Deutsche Bundestag ein entsprechendes Gesetz beschlossen hatte. Allerdings führte Bremen erst 2024 einen Mietspiegel ein, der es leichter macht, die Vergleichsmiete zu ermitteln.

Über die Mie­te­r:in­nen solcher Wohnungen ist wenig bekannt

In dem Jahr kam es nach Angaben des Bremer Senats zu einer Steigerung des Angebots möblierter Wohnungen um 8,4 Prozent. Wurden 2023 noch 2.285 möblierte Wohnungen angeboten, waren es ein Jahr später 2.477. Das teilte ein Sprecher der Bausenatorin der taz mit. Bis September 2025 seien es nach der Auswertung des Marktanalysten Value AG 1.670 gewesen.

Angaben zum jeweiligen Anteil der möblierten Wohnungen am Gesamtangebot machte der Behördensprecher nicht. Für das Jahr 2022 lässt sich anhand des städtischen Monitoring-Berichts Bauen und Wohnen ein Anteil von 25 Prozent errechnen. Dieser Wert ist nur bedingt aussagekräftig, da ein Teil der möblierten Wohnungen kurzzeitig vermietet wird und dadurch häufiger inseriert wird.

Darauf weist auch Hamburgs Bausenatorin Karen Pein (SPD) hin. Ihre Behörde beantwortete im Sommer eine detaillierte Anfrage der Linken-Fraktion zum Mietwohnungsmarkt. Danach stieg der Anteil möblierter Wohnungen in allen sieben Bezirken zwischen 2020 und 2021 sprunghaft und danach in den begehrten Innenstadtlagen langsamer weiter an.

Gab es in Altona im Jahr 2020 noch zwölf Prozent Angebote möblierter Wohnungen, waren es 2023 schon 22 Prozent. In Eimsbüttel stieg der Anteil von elf auf 23 Prozent. Neuere Zahlen liegen nicht vor.

Der Anstieg habe auch damit zu tun, dass insgesamt weniger Wohnungen zur Neuvermietung angeboten würden, heißt es in einem Artikel der Zeit aus dem Juni 2025. Die Zeitung hatte sich ebenfalls von Value AG das Angebot in Berlin, Hamburg, Köln, München und Frankfurt auswerten lassen. Demnach ist der Anteil der Inserate möblierter Wohnungen in diesen Städten zwischen 2019 und 2025 von 36 auf 47 Prozent angestiegen.

Der Auswertung zufolge liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Hamburg bei 25,80 Euro für möblierte Wohnungen, Berlin und Köln sind je einen Euro teurer, in München können Ver­mie­te­r:in­nen 33,60 Euro verlangen. Für Bremen liegen keine Zahlen vor.

Über die Mie­te­r:in­nen solcher Wohnungen ist wenig bekannt. Die Branche – es gibt Unternehmen, die sich auf möblierte Wohnungen spezialisiert haben – argumentiert, es handle sich um aus- oder inländische Fachkräfte, die nur für die Dauer eines Projekts eine Wohnung brauchen. Eine Untersuchung im Auftrag des Berliner Mietervereins kam hingegen zu dem Ergebnis, zwei Drittel würden die überteuerten Wohnungen mieten, weil sie keine Alternative hätten.

Hamburg wolle jetzt erneut über den Bundesrat eine Gesetzesreform erreichen, die unter anderem Möblierungszuschläge begrenzt, sagt der Sprecher der Bausenatorin, nachdem es im Februar keine Mehrheit dafür gegeben hatte. Im Sommer 2023 hatte der Bundesrat bereits einem entsprechenden Antrag von Hamburg und Bremen zugestimmt. Bis zum Bruch der Ampel-Koalition verhinderte die FDP die Abstimmung im Bundestag darüber.

Hinweis: In einer ersten Fassung hieß es, möblierte Wohnungen fielen nicht unter das Gesetz der Mietpreisbindung. Das ist falsch. Wir haben den Fehler korrigiert.

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2 Kommentare

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  • Es ist mir ein Rätsel, warum auch die taz den Mythos aufrecht erhält, für möblierte Wohnungen würde der Mietenspiegel nicht gelten. Es ist einfach, nach Recherche festzustellen, dass dies nicht der Fall ist.

    • @Ulf UR:

      Sie haben Recht. Die Hauptprobleme dabei sind aber: für "kurzfristige Vermietung", bei der es nicht darum geht, einen "Lebensmittelpunkt" zu schaffen, gilt die Mietpreisbremse tatsächlich nicht. Was jetzt wirklich "kurzfristig" ist und wie man den "Lebensmittelpunkt" definiert, da gibt es wiederum viele unterschiedliche Interpretationen von vielen kleineren Gerichten.



      Und das führt dann zu "wo kein Kläger, da kein Richter" - Menschen brauchen Wohnungen und sind mit genug Verzweiflung auch schlichtweg bereit, sich auf überteuerte Ketten-Kurzzeit-Mietverträge einzulassen oder auch auf generell überhöhte Mieten. Und letztendlich passiert ja auch schlicht nichts für Vermieter*innen, die sich über die geltenden Regeln hinwegsetzen. Erstmal müssen die Mieter*innen klagen, dann müssen die Vermieter*innen evtl. die zu viel bezahlte Miete erstatten. Ich las kürzlich von ein, zwei Bußgeldzahlungen, zu denen Vermieter*innen verdonnert worden seien - aber das scheint nicht üblich zu sein.