Studie zu Geflüchteten: Ukrainer wollen Jobs statt Sozialleistungen
Eine europaweite Studie zeigt: Geflüchteten aus der Ukraine sind Jobmöglichkeiten wichtiger als Sozialleistungen. Das entkräftet Behauptungen von CSU-Chef Söder.
Die Diskussion über die Kürzung von Sozialleistungen für ukrainische Geflüchtete – wie gerade in der deutschen Politik - habe nur wenig Wirkung, erklärte am Dienstag Yvonne Giesing, stellvertretende Leiterin des Ifo-Zentrums für Migration und Entwicklungsökonomik. Die Studie zeige, dass ein höheres Lohnniveau und leichter Zugang zu passenden Jobs für Geflüchtete wichtiger seien als staatliche Hilfen. „Staatliche Hilfe zu kürzen, könnte sich auch langfristig negativ auf die Integration auswirken“, warnte Giesing.
In der Umfrage konnten die Befragten in einem hypothetischen Szenario zwischen zwei Ländern mit verschiedenen Bedingungen wählen. Entscheidend war, ob ein Land bessere Jobchancen oder höhere Löhne bot. Versprach ein Land attraktivere Berufsaussichten, entschieden sich die Befragten mit 15 Prozentpunkten höherer Wahrscheinlichkeit dafür. Lag der Durchschnittslohn 500 Euro höher, stieg die Wahrscheinlichkeit um neun Prozentpunkte.
Auch für derzeit arbeitslose Geflüchtete sind laut Ifo-Umfrage Beschäftigungsmöglichkeiten und höhere Löhne zentrale Anreize. Sie planen demnach offenbar, in Zukunft in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Außerdem fallen Freunde oder Familie im Zielland mit 8,5 Prozentpunkten mehr ins Gewicht als eine unmittelbare geografische Nähe zur Ukraine.
Ökonomische Vorteile sind ihnen wichtig
Rückkehrabsichten spielen ebenfalls eine Rolle: Geflüchtete, die planen, sich langfristig außerhalb der Ukraine niederzulassen, bevorzugen Länder in weiterer Entfernung mit ökonomischen Vorteilen gegenüber Ländern, in denen sich Familie und Freunde befinden.
„Passende politische Maßnahmen auf nationaler und internationaler Ebene lassen sich nur planen, wenn die Politik die Motive der Geflüchteten, bestimmte Länder auszuwählen, zur Kenntnis nimmt“, folgerte Giesing.
Im ZDF-„Sommerinterview“ hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am vergangenen Sonntag gesagt, er wolle in der Koalition durchsetzen, dass es „kein Bürgergeld mehr gibt für all diejenigen, die aus der Ukraine gekommen sind“. Dies müsse nicht nur für diejenigen gelten, die in Zukunft kommen, „sondern für alle“.
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