Neue Strafzölle bis 50 Prozent: Trump nächstes Durcheinander
Der US-Präsident verhängt neue Zölle für Länder, die noch kein Handelsabkommen mit den USA abgeschlossen haben. Besonders hart trifft es Brasilien.

Einer vom Weißen Haus veröffentlichten Liste zufolge gehören demnach unter anderem Kanada mit 35 Prozent und die Schweiz mit 39 Prozent zu den am meisten belasteten Ländern. Die Zölle, die in sieben Tagen in Kraft treten sollen, reichen von zehn bis 50 Prozent.
Trump begründete den Schritt mit Handelsungleichgewichten und damit, dass einige Partner bei Verhandlungen keine ausreichenden Zugeständnisse gemacht hätten. Für Länder, die nicht in der Liste aufgeführt sind, gilt laut der neuen Anordnung ein allgemeiner Zollsatz von zehn Prozent.
Die EU hat wie Japan und Südkorea bereits einen Deal ausgehandelt, der Einfuhrzölle von 15 Prozent auf die meisten Importe in die USA vorsieht. Im Falle der EU kommt noch ein Versprechen dazu, innerhalb von drei Jahren Kohle, Öl, Gas und Uran im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen.
Brasilien bekommt Spitzenzollsatz
Besonders hart trifft die Maßnahme den direkten Nachbarn der USA: Kanada. Die Zölle auf viele kanadische Güter werden auf 35 Prozent angehoben. Zur Begründung hieß es, Kanada habe bei der Bekämpfung des Fentanyl-Schmuggels in die USA „nicht kooperiert“.
Nach eigenen Angaben will Trump aber noch einmal mit Kanadas Ministerpräsident Mark Carney ins Gespräch kommen. Dem Nachrichtensender NVC News sagte er, dass er möglicherweise noch am heutigen Donnerstagabend (Ortszeit) mit Carney sprechen werde und allgemein für weitere Gespräche offen sei.
Im scharfen Gegensatz dazu steht die Entscheidung, dem zweiten großen US-Handelspartner Mexiko einen Aufschub von 90 Tagen zu gewähren, um weitere Verhandlungen zu ermöglichen. Einer Anhebung der Zölle auf 30 Prozent entgeht Mexiko damit vorerst.
Die für den 1. August angekündigte Zollerhöhung für Mexiko sei vermieden worden, schrieb Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum in einem Beitrag in den sozialen Medien und fügte hinzu, dass das Gespräch mit Trump „sehr gut“ gewesen sei.
Den höchsten Zollsatz von 50 Prozent verhängte Trump gegen Brasilien, schloss davon jedoch Sektoren wie Flugzeuge und Energie aus. Als Grund gilt die Strafverfolgung des früheren brasilianischen Präsidenten und Trump-Freundes Jair Bolsonaro, dem die Vorbereitung eines Putsches vorgeworfen wird.
Weitere Spitzenzollsätze erhielten Syrien mit 41 Prozent, Laos und Myanmar mit 40 Prozent und der Irak mit 35 Prozent.
Australiens Zölle fast harmlos
Für Indien gilt künftig ein Zollsatz von 25 Prozent, nachdem Verhandlungen über den Zugang zum indischen Agrarmarkt ins Stocken geraten waren.
Die taiwanesische Regierung hat den für Taiwan verhängten Zollsatz von 20 Prozent als „vorübergehend“ bezeichnet und will über einen niedrigeren Satz verhandeln. „Sobald eine endgültige Einigung erzielt ist, wird der Zollsatz voraussichtlich weiter gesenkt werden“, heißt es in einer Erklärung des Kabinetts am Freitag.
Andere Handelspartner wie Australien kamen glimpflicher davon. Für australische Waren gilt weiterhin der Basiszollsatz von zehn Prozent. „Wir befinden uns unter dem neuen Zollregime der USA zwar in der bestmöglichen Position, werden uns aber weiterhin für die Abschaffung aller Zölle im Einklang mit unserem Freihandelsabkommen einsetzen“, teilte ein Sprecher des australischen Handelsministers Don Farrell am Freitag mit. Die USA weisen mit Australien traditionell einen Handelsüberschuss auf.
Südkorea hingegen einigte sich bereits zuvor mit den USA auf einen Zollsatz von 15 Prozent und sagte im Gegenzug Investitionen in Höhe von 350 Milliarden Dollar in den USA zu.
Die Schweiz hofft weiter auf eine Verhandlungslösung. Die Regierung habe Trumps Ankündigung „mit großem Bedauern“ aufgenommen, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Freitag.
Die Schweiz strebe weiterhin eine Verhandlungslösung mit den USA an. Der von US-Präsident genannte Zusatzzoll von 39 Prozent weiche „deutlich“ vom Entwurf einer gemeinsamen Absichtserklärung ab.
Für die Schweiz erhöhte sich der Satz von 31 auf 39 Prozent. Das Land exportiert vor allem Medikamente in die USA, aber auch Uhren, Maschinen, Kaffeekapseln, Käse und Schokolade.
Unklar, ob Trump die Zölle überhaupt allein verhängen darf
Unterdessen laufen die Verhandlungen mit China über ein Handelsabkommen weiter. US-Finanzminister Scott Bessent sagte dem Sender CNBC, man habe die Grundlagen für eine Einigung, diese sei aber noch nicht zu 100 Prozent fertig. Für eine Verständigung mit Peking gilt eine Frist bis zum 12. August.
Die rechtliche Grundlage für die Zölle ist umstritten. Trump beruft sich auf ein Notstandsgesetz von 1977, den International Emergency Economic Powers Act, um wegen des wachsenden Handelsdefizits der USA einen Notstand ausrufen zu können und seine „reziproken“ Zölle sowie einen separaten Fentanyl-Notstand zu verhängen.
Ein US-Handelsgericht hatte jedoch im Mai geurteilt, dass er damit seine Befugnisse überschreitet. Auch Richter eines Berufungsgerichts zeigten sich bei einer Anhörung skeptisch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
taz besucht Maja T. exklusiv in Haft
„Ich werde vorverurteilt“
Gefährliche Miet-E-Scooter
Der Wahnsinn muss endlich ein Ende haben
Geburtstagsgruß an J. K. Rowling
Ausschluss aus der Zaubergemeinschaft
Studie zu Schwangerschaftsabbrüchen
Veröffentlichungsdatum fehlt bisher
Neonazis feiern Sonnenwende
Ein Feuer wie beim Führer
Krieg im Gazastreifen
Ist das ein Genozid?