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Macron bei Merz in BerlinDemonstrierte Einigkeit

Bundeskanzler Merz will das angeschlagene Verhältnis zu Frankreich verbessern. Einig sind er und Präsident Macron sich allerdings nicht immer.

Zwei, die an ihrer Beziehung arbeiten: Emmanuel Macron und Friedrich Merz Foto: dpa

Berlin taz | Nachdem die Beziehungen zu Frankreich unter seinem Vorgänger etwas angeschlagen waren, will Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sie jetzt wieder verbessern. Seine erste Auslandsreise als Kanzler ging nach Paris. Kurz danach reiste er unter anderem mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach Kyjiw. Am Mittwochabend, noch kurz vor der Sommerpause, stand nun Macrons Gegenbesuch an.

Merz empfing den französischen Präsidenten nicht im Kanzleramt, sondern in der Villa Borsig, dem herrschaftlichen Gästehaus des Auswärtigen Amtes im Nordwesten Berlins. Hier waren nach dem Zweiten Weltkrieg die Oberkommandierenden der französischen Truppen untergebracht. Ein symbolträchtiger Ort also, zudem wunderschön am Tegeler See gelegen. Ganz allerdings konnte die Kulisse ihren Charme nicht ausspielen: Es regnete, und das nicht zu knapp.

In einem kurzen Statement zu Beginn des Treffens demonstrierten der „liebe Emmanuel“ und der „liebe Friedrich“ wechselseitig ihr gutes Verhältnis. Doch trotz der freundschaftlichen Atmosphäre gibt es eine Reihe von Konflikten, die zu besprechen waren. Da ist zum Beispiel der Streit um die Kampfjets FCAS (Future Combat Air System), die den Eurofighter ablösen sollen.

Eigentlich war bei dem gemeinsamen Rüstungsvorhaben vereinbart, dass französische, deutsche und spanische Rüstungsunternhmen je zu einem Drittel an dem Projekt beteiligt werden. Der französische Flugzeugbauer Dassault fordert inzwischen aber einen größeren Anteil, in manchen Berichten ist von 80 Prozent die Rede.

Scheitern des Projekts wäre für beide ein Desaster

Merz und Macron haben nun ihre Verteidigungsminister beauftragt, bis Ende August eine Lösung zu finden. Der Kanzler erwarte, dass sich Dassault an die bestehenden Vereinbarungen halte, sagte sein Sprecher Stefan Kornelius nach dem dreistündigen Treffen. FCAS soll 2040 einsatzfähig sein und auch dazu beitragen, dass Europa unabhängiger von den USA wird. Das fordern sowohl Merz als auch Macron. Ein Scheitern des Projekts wäre für beide ein Desaster.

Im Zollstreit mit den USA hatte sich zuletzt Merz Macron angenähert. Der Kanzler hatte zunächst auf eine kompromissbereitere Linie gegenüber US-Präsident Donald Trump gedrängt, der französische Präsident einen härteren Kurs gefordert. Am Mittwochabend zeigten sich beide entschlossen, mit Gegenmaßnahmen auf mögliche US-Zölle zu reagieren. „Die beiden Seiten sind sich einig, dass sie sich weitere handelspolitische Instrumente vorbehalten sollten, sollten die Verhandlungen nicht zu einem Erfolg führen“, sagte Regierungssprecher Kornelius. Man sei auch bereit, „neue Maßnahmen zu entwickeln“.

Vor dem Treffen hatte Merz noch angedeutet, dass es im Handelsstreit mit den USA möglicherweise zu einer baldigen Einigung kommen könnte, und damit für Verwirrung gesorgt. Man werde unter anderem über die „aktuelle Handelspolitik“ beraten, „zu der wir in diesen Minuten hören, dass es möglicherweise Entscheidungen geben könnte“, so Merz. Davon war nach dem Treffen keine Rede mehr.

Wiedersehen Ende August geplant

Auch der Krieg in Gaza war ein Thema zwischen Merz und Macron. Der französische Präsident fordert seit langem mehr Druck auf die israelische Regierung. Frankreich gehört auch zu den knapp 30 Staaten, die ein Papier unterstützen, dass Israel scharf kritisiert und einen sofortigen Stopp des Krieges in Gaza fordert. Deutschland ist nicht dabei.

Die Bundesregierung betont stets, dass sie durch direkte Gespräche mit der israelischen Regierung mehr bewegen könne als durch die Unterzeichnung von Stellungnahmen. Regierungssprecher Kornelius erklärte nach dem Treffen, beide hätten ihrer tiefen Besorgnis Ausdruck verliehen und an Israel appelliert, eine Waffenruhe sofort einzuleiten. Merz und Macron werden sich bereits Ende August wiedersehen, beim deutsch-französischen Ministerrat in Toulon. Das Treffen in der Villa Borsig diente auch der Vorbereitung dieses zweitägigen Treffens.

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5 Kommentare

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  • Meine Güte , für wie verblödet halten eigentlich unsere Regierenden ihre Bevölkerungen.



    Die Zeit der Bauernkriege sind lange schon Vergangenheit. Wenn große, mächtige Konzerne mit ihren neoliberalen Wachstumsphantasien nicht weiterkommen oder durch ihre Strukturen bedingt - mit anderen internationalen Wirtschaftsunternehmen in Konflikte kommen, soll die Bevölkerung diese Konflikte mit ihren Steuergeldern, für Rüstungsunternehmen ausgeben und dann womöglich noch ihren Kopf hinhalten. Es ist nicht zu glauben und eine Beleidigung der inzwischen mündigen und denkenden Bürger.

    • @Alex_der_Wunderer:

      Es gibt im Moment keinen Krieg auf Erden auf den das von ihnen beschrieben Szenario zutrifft.

      • @Machiavelli:

        Täuschen Sie sich lieber nicht...

        • @Alex_der_Wunderer:

          Dann werden sie konkret, welcher Krieg? Welche mächtigen Konzerne?

  • 'Regierungssprecher Kornelius erklärte nach dem Treffen, beide hätten ihrer tiefen Besorgnis Ausdruck verliehen und an Israel appelliert, eine Waffenruhe sofort einzuleiten.'

    Das mag jetzt tatsächlich wieder eine Nouance mehr Druck auf Israel sein, aus DE kommt es aber deutlich zu spät und ob das an dem Vorgehen in Gaza etwas ändert, bezweifle ich. Wichtiger wäre, wenn DE auf EU- (Überprüfung des Assoziierungsabkommens mit Israel) und UN-Ebene (diverse Resolutionen) nicht weiter blockieren würde.