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Türkische JustizWie Erdoğan die Opposition kaltstellen will

Ekrem İmamoğlu ist der Hauptkonkurrent des Präsidenten. Jetzt hat ein Gericht den Istanbuler Bürgermeister verurteilt – wegen angeblicher Beleidigung.

Proteste gegen die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu, am 29.3.2025 Foto: Umit Bektas/reuters

Istanbul taz | Der abgesetzte Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu ist am Mittwoch in erster Instanz in einem der zahlreichen gegen ihn angestrengten Verfahren verurteilt worden. Er soll den Istanbuler Generalstaatsanwalt Akın Gürlek beleidigt haben. Gürlek gilt als juristischer Vollstrecker von Präsident Erdoğan und hat sich in der Verfolgung der Opposition besonders hervorgetan.

Nachdem im Frühjahr am frühen Morgen das private Haus des Vorsitzenden der CHP-Jugendorganisation durchsucht worden war, hatte İmamoğlu das öffentlich kritisiert. Zuvor war İmamoğlu bereits in mehreren Fällen selbst von Gürlek angeklagt worden, ohne dass dieser auch nur in einem Fall stichhaltige Beweise vorlegen konnte.

Die Verhandlung gegen İmamoğlu fand in einem Saal im Gefängnis in Silivri statt, wo İmamoğlu seit dem 19. März dieses Jahres einsitzt. Er sagte: „Ich habe in demokratischen Wahlen die AKP, und damit auch Erdoğan persönlich, vier Mal besiegt. Ich würde ihn an der Wahlurne auch ein fünftes Mal besiegen. Deshalb stehe ich hier vor Gericht“.

Letztendlich wies das Gericht den Vorwurf, İmamoğlu habe Gürlek bedroht, zurück und verurteilte ihn lediglich wegen Beleidigung einer Amtsperson. Der Richter blieb mit seinem Strafmaß von einem Jahr und acht Monaten wohl bewusst unter zwei Jahren. Solche Strafen werden in der Regel zur Bewährung ausgesetzt und selbst wenn das Urteil in der nächsthöheren Instanz bestätigt wird, würde İmamoğlu damit noch nicht sein passives Wahlrecht verlieren.

Mehrere Verfahren gegen İmamoğlu

Allerdings wurde er im Dezember 2022 schon einmal in erster Instanz wegen angeblicher Beleidigung des Hohen Wahlrates zu zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, führte aber dazu, dass İmamoğlu schon bei den Präsidentschaftswahlen 2023 nicht angetreten war.

Erdoğan hat mehrere Verfahren gegen İmamoğlu anstrengen lassen, auch wegen angeblicher Korruption. Wegen dieser Korruptionsvorwürfe sitzt İmamoğlu seit drei Monaten in U-Haft – ohne Anklage. Nicht viel anders sieht es bei den rund ein Dutzend weiteren Bürgermeistern seiner Partei CHP aus, die Erdoğan in den letzten Wochen und Monaten hat absetzen und inhaftieren lassen, darunter auch die Bürgermeister der Millionenstädte Adana und Antalya.

Die CHP liegt in Umfragen gut zehn Prozent vor der AKP, Erdoğan würde die nächsten Wahlen Stand jetzt also verlieren. Beobachter gehen davon aus, dass mit der Repressionskampagne gegen die CHP vor den Wahlen die stärkste Oppositionspartei zerschlagen werden soll.

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1 Kommentar

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  • Läuft doch alles wie geschmiert -



    Für Erdoğan 🤮🤮🤮