Großbritannien schottet sich ab: Schöner abschieben mit Starmer und Macron
Großbritannien und Frankreich vereinbaren erste Abschiebungen von Bootsflüchtlingen, die den Ärmelkanal überqueren. Das soll bis zu 2.800 Menschen pro Jahr betreffen.
Nun sollen im Verhältnis eins zu eins Menschen aus Großbritannien nach Frankreich zurückgeschickt werden, wie im Gegenzug Großbritannien Personen aus Frankreich aufnehmen soll, die ein Recht auf Familienzusammenführung oder andere Gründe haben, weswegen ihnen britisches Asyl gewährt werden sollte.
Das Abkommen soll zunächst versuchsweise mit 50 Personen ausgetestet werden, bis zum Jahresende 800 Menschen und in Zukunft 2.800 Personen pro Jahr betreffen. Die biometrischen und anderen Personaldaten dieser Personen werden vor der Zurücksendung von den britischen Behörden gespeichert. Sollte es jemand danach trotzdem noch einmal versuchen, ins Vereinigte Königreich zu reisen, kann diese Person automatisch und sofort abgeschoben werden.
Es ist die Hoffnung beider Regierungen, dass dies abschreckend wirkt, so wie die letztendlich gescheiterten Pläne der konservativen Vorgängerregierung, Bootsflüchtlinge nach Ruanda abzuschieben. Seit der Amtsübernahme der Labour-Regierung im Juli 2024 sind 43.842 Bootsflüchtlinge über den Ärmelkanal nach Großbritannien gekommen. Im Jahr 2024 waren es insgesamt rund 34.000, im ersten Halbjahr 2025 weitere rund 15.000, welche die von Schleusern vermittelten, sehr teuren und oft lebensgefährlichen Überquerungen wagten.
Kritiker bezweifeln die Wirkung des Abkommens
Wie politisch aufgeladen das Thema ist, zeigt die Tatsache, dass Rechtspopulistenführer Nigel Farage sich am Donnerstag früh selbst auf ein Boot begeben hat und nach eigenen Angaben sofort ein Flüchtlingsboot mit 78 Menschen an Bord erspähte. Farage wirft Konservativen und Labour vor, bei der Sicherung der britischen Außengrenzen versagt zu haben. Seine Partei Reform UK führt seit Monaten in allen britischen Meinungsumfragen.
Kritiker bezweifeln die Wirksamkeit des Abkommens mit Frankreich. Der konservative innenpolitische Sprecher Chris Philp behauptet, dass der französisch-britische Plan 94 Prozent der Personen, welche den Ärmelkanal überqueren, gar nicht treffen wird.
Zusätzliche Maßnahmen wie die Einführung digitaler Personalausweise für alle Ausländer:innen im Vereinigten Königreich sollen Großbritannien aber insgesamt weniger attraktiv für illegale Migranten machen. Bereits beschlossen ist, dass unerlaubt eingereiste Personen das Recht auf spätere Einbürgerung verwirkt haben.
Zu einem Übereinkommen sind das Vereinigte Königreich und Frankreich auch in Sachen ihrer atomaren Abschreckungswaffen gekommen. Die beiden Länder wollen ihr Arsenal in Zukunft miteinander koordinieren und damit Zeichen gegen Russland setzen.
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