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Nach Protesten in KeniaÜber 30 Tote und ein aggressiver Präsident

31 Menschen wurden in Kenia bei den Protesten am Montag getötet, sagt die Menschenrechtskommission. Präsident Ruto will „alle Methoden“ gegen Protestierende einsetzen.

Kenias Polizei feuerte am Montag nicht nur Tränengas: Straße in der Kleinstadt Nakuru Foto: Suleiman Mbatiah/reuters

Kampala taz | Die Proteste in Kenia am Montag haben deutlich mehr Opfer gefordert als zunächst berichtet. Mindestens 31 Menschen seien ums Leben gekommen und mehr als 500 verwundet worden, erklärte am Dienstagabend Kenias staatliche Menschenrechtsbehörde KNCHR.

Laut einer gemeinsamen Erklärung mehrerer Men­schenrechtsgruppen Kenias wurden zudem mehr als tausend Menschen verhaftet und angeklagt. Dies seien nun die endgültigen Zahlen, nachdem landesweit alle Übergriffe zusammengetragen und verifiziert wurden.

Die gemeinsame Erklärung kritisiert konkret, dass die Todeszahlen in jenen Städten und Regionen am höchsten waren, wo plötzlich mit militärischen Waffen ausgestattete Einheiten in Zivil stationiert wurden, um gegen Protestierende vorzugehen. Ihre Gesichter, so die Erklärung, waren maskiert und die Kennzeichen ihre Fahrzeuge abgeschraubt, um „ihre Identität zu verschleiern“.

Vielerorts sei zuletzt auch die Armee auf Kenias Straßen entsandt worden und schoss scharf. In vielen Fällen sei Rettungskräften der Zugang versperrt worden, um Verletzte zu bergen und ins Krankenhaus zu bringen.

UN-Menschenrechtskommissar „besorgt“

Am Montag hatte Kenias jugendliche Protestbewegung „Generation Z“ zu landesweiten Protesten und Sitzstreiks aufgerufen. Es war der historische Gedenktag, SabaSaba genannt, an welchem stets an die Proteste 1990 gegen das autoritäre Regime von Daniel Arap Moi erinnert wird. Landesweit gingen Menschen auf die Straßen, um für eine bessere Regierungsführung und ihre demokratischen Rechte und Freiheiten zu demonstrieren.

UN-Menschenrechtskommissar Volker Turk zeigte sich „besorgt“, dass diese jüngsten Vorfälle kaum zwei Wochen nach dem 25. Juni eingetreten seien. Bereits damals, am Jahrestag der ersten Massenproteste der „Generation Z“ gegen ein neues Haushaltsgesetz mit schmerzhaften Steuererhöhungen, seien mehr als 15 Demonstranten getötet und viele weitere verletzt worden.

In seiner Erklärung erneuert Turk seinen Aufruf zu Ruhe und Zurückhaltung sowie zur uneingeschränkten Achtung der Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Kenia: „Es ist unerlässlich, dass die berechtigten Missstände, die diesen Protesten zugrunde liegen, angegangen werden.“

Analysten in Kenia rufen die Regierung nun zu einem Dialog mit der „Generation Z“ auf, um deren Anliegen sowie gezielte Reformen innerhalb des Polizeiapparats und der Wirtschaft anzugehen. „Wir hoffen, dass die Regierung zuhört und dass der Präsident den Anliegen der jungen Menschen wirklich Gehör schenkt“, erklärt Steve Ogutu.

Kenias Präsident William Ruto hatte in seinem Wahlkampf 2022 gezielt der Jugend Hoffnung auf mehr Jobs und ein besseres Leben gemacht und errang damit den Wahlsieg. Doch diese Hoffnungen seien enttäuscht worden, so Ogutu. Kenias Jugend zeigt sich zunehmend unzufrieden,

Auf die Proteste reagiert Ruto seinerseits mit markigen Drohungen. „Wer einen Polizisten angreift oder eine Polizeistation überfällt, erklärt der Regierung den Krieg“, donnerte der Präsident ins Mikrofon anlässlich der Eröffnung neuer Baracken für Polizisten in Nairobis Stadtbezirk Kilimani. „Es ist nicht akzeptabel“, fuhr er fort. „Genug ist genug! Wir werden alle Methoden einsetzen, die es benötigt, um das Land zu stabilisieren.“

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