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Teures WohnenLinke will Mieten erst stoppen, dann senken

Die Linkspartei stellt ihr Konzept eines bundesweiten Mietendeckels zur Diskussion. Von den Zu­hö­re­r*in­nen gibt es Lob, dennoch fehlt ihnen etwas.

Mietendeckel-Ultras auf der Wahlparty der Linken nach der Bundestagswahl im Februar 2025 Foto: Florian Boillot

Berlin taz | Mieten und Wohnen war eines der Themen, das den Höhenflug der Linken bei der letzten Bundestagswahl ermöglicht hat. Am Freitag stellte die Linksfraktion nun ihr Konzept eines Mietendeckels vor und diskutierte ihn unter anderem mit Ver­tre­te­r*in­nen von Mietervereinen, Studierenden, Wohnungslosen und den „Architects for Future“. Man wolle die Partei der Mieterinnen und Mieter sein, bekräftigte Fraktionschefin Heidi Reichinnek zum Auftakt.

Der Mietendeckel, den die Linke in Zusammenarbeit mit Forschern und Mietvereinen erarbeitet hat, sieht zwei Stufen vor. Im ersten Schritt fordert die Linke einen sofortigen Mietenstopp, der verhindern soll, dass während der Erarbeitung des bundesweiten Mietendeckels präventiv Mieterhöhungen durchgeführt werden. Im zweiten Schritt werden die Mieten dann gedeckelt.

Der sofortige Mietenstopp trennt zwischen Bestandsmieten und Wiedervermietungen und differenziert zudem zwischen „angespannten Wohnungsmärkten“ und „nicht angespannten Wohnungsmärkten“. Mieterhöhungen sollen in den angespannten Märkten entweder vollständig ausgeschlossen werden (Bestand) oder maximal auf die ortsüblichen Vergleichsmieten beschränkt werden (Wiedervermietung).

In nicht angespannten Lagen sollen Mieterhöhungen in drei Jahren auf maximal sechs Prozent beschränkt werden (Bestand). Bei Wiedervermietungen soll die Miete in drei Jahren ebenfalls um maximal sechs Prozent der ortsüblichen Vergleichsmieten oder der gegebenenfalls niedrigeren Vormiete steigen können. Fast alle Ausnahmereglungen sollen abgeschafft und Verstöße sanktioniert werden.

Sanktionen für überhöhte Mieten

Der Mietendeckel, der im zweiten Schritt eingeführt wird, enthält eine Reform der ortsüblichen Vergleichsmieten hin zu einer „echten Durchschnittsmiete“. Außerdem soll das bisherige System der Ausweisung von Gebietstypen reformiert werden. Der größte Eingriff des vorgestellten Mietendeckels wäre die bundesweite Festsetzung kommunaler Mietobergrenzen. Im selben Schritt sollen dann überhöhte Mieten abgesenkt werden.

Besonders wichtig ist im Konzept der Linkspartei, dass der Mietendeckel eng kontrolliert wird. Die zuständigen Behörden müssen nach Vorstellung der Linken in die Lage versetzt werden, den Deckel durchzusetzen und Verstöße zu ahnden. Für zuviel gezahlte Miete sollen die Be­woh­ne­r:in­nen den Anspruch auf Rückerstattung erhalten.

Diese Vorschläge stoßen bei den Zu­hö­re­r*in­nen auf große Sympathie, und dennoch fehlt ihnen etwas. Zum einen fordern fast alle Red­ne­r*in­nen aus der Zivilgesellschaft und den Organisationen einen größeren Fokus auf das Thema Enteignung oder, wie es eine Rednerin beschreibt: „nicht Enteignen, sondern Rückübereignung. Wir holen uns nur unser Eigentum zurück.“

Die rot-rot-grüne Regierung führte 2020 einen lokalen Mietendeckel in Berlin ein. Dieser wurde jedoch ein Jahr später vom Bundesverfassungsgericht aus formalen Gründen wieder einkassiert. Begründung: Berlin habe mit diesem Gesetz die im Grundgesetz geregelte Gesetzgebungskompetenz überschritten. Der Bund müsste solche Mietvorhaben regeln. Und genau das soll das neue Konzept anstoßen.

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1 Kommentar

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  • Alle möglichen Vermieter und deren Verbände werden jetzt wieder aufschreien, wilde Schreckensszenarien in den Raum stellen, behaupten, dass sich ohne ständige Mietsteigerungen keine Sanierung und kein Neubau mehr rechne, die Ideen der Linken als schlimmsten Sozialismus geißeln und so tun, als nagten die Vermieter am Hungertuch.



    Das ist natürlich alles ein ziemlicher Unsinn.



    Ich gebe folgendes zu bedenken:



    Das Gegenszenario, nämlich die Miete über den Markt zu regeln, wäre für die meisten Vermieter wesentlich ruinöser. Dafür müsste man so viel bauen, dass Leerstand entsteht. Nur bei hohem Leerstand auch in Städten wie Berlin, Frankfurt und München würden die Mieten stagnieren oder sinken. Wem aber würde das nützen? Den Baufirmen? Den vielzitierten Kleinvermietern, die die Mieten als Rentenergänzung einplanten, jedenfalls überhaupt nicht. Genau diese privaten Kleinvermieter würden bei einem solchen Wettbewerb den Kürzeren ziehen. Bei höherem Leerstand würden zunächst die Immobilienkaufpreise sinken. Den Leerstand würden aber diejenigen bezahlen, die ihre Buden partout nicht vermietet bekommen, weil die Lage, das Haus oder die Wohnung zu unattraktiv sind, nämlich die Kleinvermieter.