Aufteilung im Haushalt: Wer braucht saubere Fenster, wenn er süße Kinder hat
Die Fenster sind dreckig, die Familie beschäftigt. Wer kümmert sich um die Aufgaben im Haushalt, auf die niemand Lust hat?
D ie Aufgabenverteilung gehört zu den großen Herausforderungen beim Aufrechterhalten noch so minimaler Hygiene und Ordnung in jedem Mehrpersonenhaushalt. Ganz wie im richtigen Leben sind es die Schwächsten, die gern für Unangenehmes herangezogen werden und die sich dagegen natürlich auch am vehementesten und kreativsten zur Wehr setzen.
Bei uns führt das etwa dazu, dass niemand die Fenster putzt, denn für die Kinder ist das eine zu gefährliche Aufgabe. Meine Frau beschränkt sich auf die beiläufige Bemerkung, dass die Fenster ja ganz schön schmutzig seien, bevor sie zu einer ihrer mehrtägigen Dienstreisen aufbricht. Ich wiederum sichte immer mal wieder die Angebote professioneller Dienstleister, um die Hoffnung nicht ganz zu verlieren, zumindest ab und an mal einen hellen Blick von Heim und Herd ins wirkliche Leben draußen erhaschen zu können.
Trübe Aussichten inside bieten sich mir ja nun genug, insbesondere wenn die Kinder im Bett sind und das Chaos auf Tisch und Boden ist. Meine Frau hat sich unmittelbar nach Verzehr des von mir zubereiteten, mehrgängigen Abendessens („ganz okay“) zu einem ihrer Moderationsjobs verabschiedet („Oder willst du im Sommer keinen Urlaub machen?“). Letztlich bleibt dann alles so milchig, wie es ist. Denn auch ich bin von zwei männlichen Syndromen beherrscht, die in der Fachpresse gewiss schon hübsche Begriffe verpasst bekommen haben und die ich, da ich alles immer so sagen will, wie ich es sage (Syndrom 3), so definieren möchte:
Syndrom 1:
Warum soll ich eine Ware oder eine Dienstleistung (Fenster putzen, Abfluss reinigen, Rad reparieren, bügeln) einkaufen, wo ich das doch selber viel besser und billiger kann?
Syndrom 2:
Richtig gut Fenster putzen (Abfluss reinigen, Rad reparieren, bügeln) kann ich eh nicht, da lass’ ich lieber die Finger davon! Und dann ist der Sommer eh schon wieder vorbei, es ist immer dunkel und regnet, wer braucht da saubere Fenster?
Nicht zu vernachlässigen ist in diesem Zusammenhang das Konzept der sozialen Verteidigung. Als Zivi in einem evangelikalen Altenpflegeheim habe ich die ein Mal erfolgreich praktiziert. Der dumpfe Koch und Hausmeister, dessen Fraß bei meinen Klient:innen regelmäßig zu Durchfallepidemien führte (Wissen Sie, wie es ist, wenn sich flüssige Scheiße über Tage mit dem Ausfluss von Liegegeschwüren vermischt?
Der Bösewicht der Familie
Ich habe meinen Dienst am Vaterland geleistet, ich weiß es.), meinte mich dazu verdonnern zu können, das Treppenhaus zu streichen. Das hätte ich wohl hinbekommen, fand es aber fachfremd und leide unter einer Befehlsallergie. Der Hausmeister sah sich das von mir erwünschte Ergebnis nach einem Arbeitstag an und verabschiedete mich als drückebergerischen Trottel wieder zurück zu meinen einsamen, leidenden, süßen Senior:innen.
Meine größeren Kinder versuchen sich manchmal vor dem Ausräumen der Spülmaschine zu drücken, indem sie Geschirr nachlässig behandeln oder falsch einräumen.
Erstens kenne ich aber ihre Tricks; zweitens bin ich weltpolitisch gesehen sozusagen der Bösewicht, der über fiese Druckmittel verfügt, zum Beispiel Bildschirmzeit.
Aber ich möchte nicht, dass sie ein falsches Bild von mir bekommen. Wenn sich mein dreijähriger Sohn maunzend auf den Boden wirft oder meine elfjährige Tochter lieber malen möchte – dann mach ich’s halt selber. Rausschauen geht ja eh nicht.
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