piwik no script img

CSU-Nachfolgerin für Steinmeier?Eine Personaldebatte für Ausgebuffte

Dominik Baur
Kommentar von Dominik Baur

Viele sehen die CSU-Politikerin Ilse Aigner weit vorn im Rennen um das Amt als Bundespräsidentin. Nur dumm, dass es ein Phantomrennen ist.

Steht hier bald eine Bundespräsidentin und begrüßt die Gäste? Schloss Bellevue in Berlin Foto: Reuhl/Fotostand/imago

E in Sommerloch ist weit und breit nicht in Sicht, und auch eine ernsthafte politische Debatte über die Nachfolge von Frank-Walter Steinmeier gibt es nicht. Aber nichts ist halt so schön wie Tratsch, und der Deutschen liebste Fragen beginnen nicht mit „Wie hältst du’s mit…“, sondern mit: „Hast du’s schon gehört…?“

So wollen auch wir nicht hintanstehen und uns mal schön an der neuesten Spekulation beteiligen. Also: Haben Sie’s schon gehört? Ilse Aigner soll Bundespräsidentin werden. Ja, werden Sie nun vielleicht antworten, denn schließlich wird das Gerücht in regelmäßigen Abständen kolportiert. Oder Sie werden ganz ausgebufft erwidern: Warum nicht Kristina Herbst? Oder Hanna Naber?

Und wenn wir dann verlegen fragen: „Bitte, wer?“, werden Sie überlegen darauf hinweisen, dass die beiden Damen auch Landtagspräsidentinnen und Politikerinnen der Koalitionsparteiens seien, nämlich in Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Unseren Einwand, dass Aigner aber gerade in der Ukraine gewesen sei, es sogar Bilder mit Vitali Klitschko gebe, werden Sie als nur sehr schwachen Versuch zurückweisen, zu belegen, dass Aigner auf dem internationalen Parkett zu Hause sei.

Und dann? Dann müssen wir’s Ihnen eben sagen: Die Ilse, wie sie bei uns nur heißt, kommt aus Bayern. Und noch wichtiger: aus der CSU. So viel zu Kristina Herbst und Hanna Naber. Dazu kommt: Aigner war auch mal in der Bundespolitik, Bundeslandwirtschaftsministerin sogar. Das ist zwar schon viele Jahre her, aber immerhin.

Das Logo der taz: Weißer Schriftzung t a z und weiße Tatze auf rotem Grund.
taz debatte

Die taz ist eine unabhängige, linke und meinungsstarke Tageszeitung. In unseren Kommentaren, Essays und Debattentexten streiten wir seit der Gründung der taz im Jahr 1979. Oft können und wollen wir uns nicht auf eine Meinung einigen. Deshalb finden sich hier teils komplett gegenläufige Positionen – allesamt Teil des sehr breiten, linken Meinungsspektrums.

Kann gut mit Merz

Was sonst noch für sie spricht: Sie ist überparteilich beliebt. Sie setzt sich überzeugend für die Demokratie ein, trifft in einem Landtag mit einer besonders derb-völkischen AfD-Fraktion stets den richtigen Ton. Und Ausgleich kann sie – anders als manche aus ihrem engeren Freundeskreis: mit der recht weit ins Querdenker-Milieu abgedrifteten Ex-Kabarettistin Monika Gruber beispielsweise ist sie best buddy. Dasselbe gilt für Bundestagspräsidentin Julia Klöckner.

Dass es bei einer solchen Besetzung doch gar nicht auf die Eignung ankomme, werden Sie nun in der Ihnen eigenen Hartnäckigkeit und vielleicht mit einem kecken Verweis auf besagte Julia Klöckner behaupten. Mag sein. Aber auch die politischen Konstellationen könnten durchaus für Aigner sprechen: Einiges deutet daraufhin, dass sich Union und SPD auf eine Frau werden einigen können, Aigner wäre der SPD vermutlich vermittelbar, CSU-Chef Markus Söder hätte ein gutes Argument, dass nun endlich mal die CSU an der Reihe wäre, und Aigners guter Draht zu Friedrich Merz wäre sicher auch nicht hinderlich.

Kann natürlich trotzdem sein, dass es anders kommt. Schließlich ist es schwer vorstellbar, dass Söder den Gedanken an eine eigene Kanzlerschaft völlig aufgegeben hat. Zumindest in seinem tiefsten Inneren wird die Hoffnung schlummern, dass bis 2029 eine Konstellation eintreten könnte, wo doch noch mal der Ruf nach einem Kanzler Söder erklingt. Ein schon von der CSU besetztes Schloss Bellevue wäre da nicht förderlich. Schon eher jemand, die für den Fall der Falle als Statthalterin in Bayern bereitsteht. Aigner als Landesmutter in München – eine Rolle wie geschaffen für sie. Und ein Kanzler Söder, der als CSU-Chef weiter die Geschicke der Partei lenkt. Und dann werden Sie sagen: Eben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Dominik Baur
Bayernkorrespondent
Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Satire?



    Wenn nein, der Bundesuhu hat ja die Latte ziemlich weit nach unten gelegt.