Kritik an Förderung von Umweltverbänden: Abrechnung mit dem Umweltministerium
Jahrelang arbeitete das „Landesbüro Naturschutz Niedersachsen“ geräuschlos vor sich hin. Nun übt der Rechnungshof Kritik und fordert die Abwicklung.
Ein Nutzen für das Land sei gar nicht erkennbar, sagt der Rechnungshof, Mitarbeiterinnen sollen zu gut bezahlt worden sein und das Weiterreichen von Fördermitteln an Umweltverbände sei haushaltsrechtlich auch nicht okay. In Medienberichten ist sogar von Untreue in Millionenhöhe die Rede, was das Umweltministerium allerdings zurückweist.
Doch der Reihe nach. Gegründet wurde das LaBüN 2015 als GbR unter dem damaligen grünen Umweltminister Stefan Wenzel. Gesellschafter waren damals der BUND Niedersachsen, der Nabu Niedersachsen, der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) Niedersachsen und der Naturschutzverband Niedersachsen – also allesamt Verbände, denen man eine gewisse politische Nähe zu den Grünen unterstellen kann. Gefördert wurde das LaBüN mit erst 300.000 Euro, dann 350.000 Euro im Jahr – kontrolliert vom Umweltministerium.
Im Jahr 2022 kamen – unter der damaligen rot-schwarzen Koalition und dem damaligen Umweltminister Olaf Lies (SPD) – eine Reihe von Verbänden hinzu, die als nicht ganz so Grünen-nah gelten: der Anglerverband Niedersachsen, der Angelfischerverband Weser-Ems, die Landesjägerschaft und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Vorangetrieben wurde dies damals vor allem von der CDU. Die jährliche Förderung erhöhte sich auf 600.000 Euro jährlich.
Verbände sollten beteiligt werden
Erklärtes Ziel des LaBüN war es, die Beteiligung der Verbände an Planfeststellungsverfahren und Gesetzesvorhaben zu koordinieren und zu professionalisieren. Immerhin steht diesen Verbänden da ein Mitspracherecht zu – gleichzeitig ist das für Ehrenamtliche nicht immer leicht zu stemmen und setzt eben auch eine ganze Menge an Fachkenntnissen voraus. Dafür beschäftigt das LaBüN sieben Mitarbeiterinnen mit entsprechenden Spezialisierungen.
Der Landesrechnungshof kritisiert nun allerdings, dass das Umweltministerium nie geprüft hat, ob diese Arbeit erfolgreich ist. Gleichzeitig erscheint den Prüfern die Struktur unlogisch: Immerhin sind ja nicht alle Verbände vertreten, denen ein Mitwirkungsrecht zukommt. Das sind in Niedersachsen derzeit 15.
Und auch wenn das LaBüN immer gern die Unterstützung des Ehrenamtes betont: Die großen Naturschutzverbände verfügen natürlich über Geschäftsstellen, in denen Profis arbeiten. Es gelinge auch nicht in jedem Fall, sich auf eine gemeinsame Stellungnahme zu einigen, argumentiert der Rechnungshof. In dem Fall hat man einfach nur noch eine Stelle geschaffen, die beteiligt werden muss – ohne dadurch etwas zu gewinnen, wenn am Ende doch Einzelstellungnahmen abgegeben werden.
Noch viel gravierender findet der Landesrechnungshof aber, dass die Hälfte der Mittel, die das LaBüN erhält, direkt an die Gesellschafterverbände weitergeleitet wird. Das, sagt der LRH, verstößt gegen das Haushaltsrecht, demzufolge Geldempfänger lediglich für klar abgegrenzte Einzelvorhaben Projektmittel weiterreichen, aber keine Daueraufgaben finanzieren dürfen, was einer institutionellen Förderung gleich käme.
Christian Meyer, Grüne, niedersächsischer Umweltminister
Wenn man unbedingt Naturschutzverbände fördern wolle, dann sollte man das doch lieber direkt tun – das sei wirtschaftlicher als den Umweg über das LaBüN zu nehmen, argumentiert der Rechnungshof.
Außerdem fanden die Prüfer die Bezahlung von Mitarbeiterinnen zu beanstanden. Grundsätzlich müssen die genauso behandelt werden, wie wenn sie im Landesdienst beschäftigt wären. Bei zwei Mitarbeiterinnen fand der LRH aber die Einstufung zu hoch, eine weitere Mitarbeiterin und eine studentische Hilfskraft hätten zudem unzulässige Zulagen erhalten.
Die betroffenen Verbände reagierten erschreckt, benötigten zwei Tage um eine dürre, gemeinsame Erklärung abzufassen, die im Wesentlichen besagt: Das LaBüN hat jährlich umfassende Verwendungsnachweise abgeliefert, die sind nie beanstandet worden. Man sei davon ausgegangen, dass das Umweltministerium als Mittelgeber und Prüfbehörde rechtmäßig handelt.
In der Vergangenheit wohl Fehler passiert
Für Umweltminister Christian Meyer von den Grünen ist das eine undankbare Situation: Er hat die Konstruktion ja geerbt. Da seien in der Vergangenheit wohl Fehler passiert und Dinge nicht gründlich genug geprüft worden, räumt er ein. Man habe sich aber sofort nach den ersten Hinweisen aus dem Landesrechnungshof darum bemüht, das abzustellen, betont er.
Die unzulässigen Gehaltszulagen habe sein Ministerium geprüft und zurückgefordert – das seien allerdings nur rund 3.000 Euro. Auch die Durchleitung der Fördermittel sei noch im vergangenen Jahr eingestellt worden. Nun tüfteln Meyers Mitarbeiter daran, wie das Ganze rechtlich sauber aufzustellen wäre.
Denn daran, dass die Koordinierungsstelle und die Förderung der Arbeit der Naturschutzverbände grundsätzlich sinnvoll und richtig ist, hat das Umweltministerium keinen Zweifel. Und einigermaßen empört ist man über den Vorwurf der „Untreue“ und die Verunsicherung der Mitarbeiterinnen.
Es sei ja nicht so, dass diese Konstruktion ein großes Geheimnis gewesen wäre, sagt Umweltminister Meyer. Dass die Verbände über das LaBüN Geld erhielten, war aus dem entsprechenden Haushaltstitel von Anfang an ersichtlich und ist auch bei parlamentarischen Anfragen immer so kommuniziert worden.
Wenn es da jetzt eine andere Rechtsauffassung gebe, dürfte man das auf gar keinen Fall den Umweltverbänden oder Mitarbeiterinnen anlasten. Und es wurden auch keine Gelder zweckentfremdet: So haben die Verbände Hunderte von Stellungnahmen eingereicht – von der Richtlinie Wolf bis zu hin zu Windkraftanlagen oder Autobahnprojekten.
Gewählte Konstruktion in der Kritik
Inhaltlich, sagt der Minister, sei das LaBüN keineswegs damit beschäftigt, ihm das Leben einfacher zu machen. In der 54-Seiten-starken Stellungnahme zum Landesraumordnungsprogramm, die es gerade abgeliefert habe, kommt beispielsweise die Öffnung weiterer Waldflächen für die Windenergie überhaupt nicht gut weg. Ähnliches gelte für Stellungnahmen zu LNG-Terminals und anderen Dingen.
Trotzdem halte er diese Art der Auseinandersetzung für wichtig und richtig, sagt Meyer. „Wir wollen, dass der Naturschutz genauso eine starke Lobby hat wie andere Interessenvertreter auch.“ Das hat allerdings auch der Landesrechnungshof nicht grundsätzlich infrage gestellt. Der kritisiert bloß die gewählte Konstruktion.
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